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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auszuschprechen? Ich sage Ihnen, diese zwee beeden Männer können alles, mag es heeßen, wie es will, also ooch singen.“
    „Werden Sie nur nicht so grob, Herr Franke! Ich habe es ja nicht bös gemeint. Was denken Sie, würde Old Shatterhand vielleicht einmal singen, wenn ich ihn darum bäte?“
    „Hm!“ brummte Frank, indem er ein zweifelndes Gesicht machte.
    „Und Winnetou?“
    „Der off alle Fälle nich. Er ist in allen Sachen groß, und so bin ich überzeugt, daß er ooch een ganz bedeutender Sänger und Koloraturierer is; aber wenn ich offen schprechen soll, so kann ich ihn mir gar nich singend vorschtellen.“
    „Wirklich nicht?“
    „Nee. Denken Sie sich doch mal diesen berühmten Häuptling mit geschpreizten Beenen und weit offgeschnapptem Mund im Konzertsaal schtehend und die schkandinavische Arie singend: ‚Guter Mond, du gehst so schtille hinter Nachbars Birnboom hin!‘ Können Sie ihn sich off diese Weise ausmalen?“
    „Was Sie da sagen, ist nicht ganz ohne. Aber die Indianer singen doch jedenfalls auch!“
    „Natürlich. Ich habe schon verschiedene singen hören.“
    „Wie klang es denn? Was sangen sie? War es einstimmig oder mehrstimmig? Es ist mir sehr wichtig, das von Ihnen zu erfahren.“
    „Hören Sie, das is nu wieder so eene epileptische Frage! Wenn eener singt, so is es doch allemal eenschtimmig. Oder denken Sie etwa, daß een eenzelner Mann achtschtimmig singen kann? Und wenn zwölfe singen, so is es zwölfstimmig; das muß doch jeder Schangdarm einsehen. Wie es geklungen hat, wollen Sie wissen? Na, nich ganz so wie bei den großen Komponisten Mozart, Galvani und Correggio. Es is nich leicht, es zu beschreiben. Denken Sie sich eenen großen Schmiedeblasebalg, in welchem een Eisbär, een Truthahn und drei junge Schweine schtecken; fangen Sie an, den Balg zu ziehen und zu drücken, dann werden Sie wahrscheinlich etwas zu hören bekommen, was grad so klingt wie eene echte, indianische Zivilschtandsoperette. Haben Sie mich verschtanden?“
    „Jawohl. Ihr Beispiel ist ja deutlich genug.“
    „Na, was wollen Sie denn mit Old Shatterhand und Winnetou? Warum sollen diese singen?“
    „Weil ich wissen möchte, was für Stimmen sie haben.“
    „Gute Schtimmen natürlich, sehr schöne Schtimmen sogar. Denn das Gegenteel davon zu denken, das wäre eene Beleidigung für sie.“
    „Ob gut oder nicht, das meine ich nicht. Ich wollte wissen, ob sie Tenor, Bariton oder Baß singen.“
    „Müssen Sie das denn so notwendig wissen?“
    „Ja. Sie sollen doch die Haupthelden meiner Oper sein; also muß ich ihre Stimmlage wissen.“
    „Unsinn! Ihre Schtimmlage! Die Schtimme liegt allemal in der Kehle. Wo soll sie denn sonst liegen? Ich habe noch keenen Menschen gesehen, der mit dem Magen oder mit dem Ellbogen gesungen hat. Das sollten Sie doch wissen, wenn Sie eene zwölfaktige Oper komprimieren wollen. Und ooch das muß ich an Ihnen rügen, daß sie das vorher wissen wollen. Das ist doch gar nich notwendig. Old Shatterhand und Winnetou sollen offtreten und singen; gut; warten Sie das eenfach ab, so werden Sie gleich hören, ob sie Tenor, Baß oder Bariton singen. Es ist doch gar nich notwendig, sich schon vorher darum zu kümmern.“
    „Sie irren sich. Ich habe doch das, was gesungen werden soll, vorher zu komponieren!“
    „Natürlich! Das is ja Ihre Schuldigkeit als Komponist.“
    „Also muß ich doch wissen, ob ich den Gesang in den Baß oder den Tenor legen soll.“
    „Legen Sie ihn in die Partitur; da gehört er hin! Der Kapellmeester wird ihn nachher finden, wenn er sich off Musik verschteht, was ich doch hoffen will.“
    „Aber“, erklärte der Kantor eifrig, „eben bevor ich an der Partitur arbeite, muß ich doch wissen, in welcher Stimmlage –“
    „So lassen Sie mich doch mit Ihrer Schtimmlage in Ruhe!“ unterbrach ihn Frank, zornig werdend. „Ich habe doch schon gesagt, daß da in der Gurgel liegt! Sie besitzen doch ooch so eene Art von Menschenverschtand; also is es doch eegentlich gar nich notwendig, daß Sie sich das zweemal sagen lassen. Merken Sie sich das, daß die wahre Weisheet nie wiederholt zu werden braucht!“
    Der Kantor öffnete den Mund zu einer Gegenrede; darum fuhr Frank sehr schnell fort: „Schweigen Sie! Lassen Sie mich ausschprechen! Der Rat, den ich Ihnen gebe, is ausgezeichnet und wird Ihnen sehr viel Zeit, Sorge und Arbeit erschparen. Kompinieren Sie immer Ihre Heldenoper; um Baß und Tenor brauchen Sie sich sich dabei gar nich zu kümmern, denn

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