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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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andres Augen gehabt, als für das Loch, durch welches das Licht des Tages drang.“
    „So geht einmal hinein und schaut, was ihr drin finden werdet! Ich bin zwar selbst noch nicht in der Höhle gewesen, glaube aber, ihren Inhalt gut zu kennen. Vorher aber möchte ich Euch fragen, ob Ihr denn, als Ihr hier ankamt, das Petroleum betrachtet habt?“
    „Natürlich habe ich das getan.“
    „Und wie habt Ihr es gefunden?“
    „Ausgezeichnet gradezu!“
    „Ja, ich auch“, lachte Old Shatterhand. „Es hat gar nicht die Eigenschaften des Rohpetroleums, welches erst in Lampenöl, Schmieröl und Naphtha gespalten werden muß; es ist schon raffiniert. Ist Euch das nicht aufgefallen?“
    „Nein. Wollt Ihr etwa sagen, daß es kein Rohpetroleum ist?“
    „Ja, grad das meine ich.“
    „Was sollte es denn sonst sein?“
    „Diese Frage werdet Ihr Euch, wenn Ihr nochmals in der Höhle gewesen seid, wohl selbst beantworten. Wie lange glaubt Ihr wohl, daß das Öl sich hier im See befindet?“
    „Wer kann das wissen. Wohl seit Jahrhunderten schon oder gar noch länger.“
    „Wer das wissen kann? Ich zum Beispiel weiß es ganz genau. Von Jahrhunderten ist keine Rede. Da wäre die Quelle längst ausgebeutet worden.“
    „Es hat sie niemand gekannt. Grinley ist der einzige Mensch, der jemals hier an diesem See gewesen ist.“
    „Wenn das wahr ist, so bin ich kein Mensch und Winnetou ist auch keiner; denn wir sind schon vor Jahren hier gewesen.“
    „Ihr – auch –?“ fragte Rollins verwundert. „Ihr wart hier? Und habt keinen Gebrauch von diesem Ölreichtum gemacht?“
    „Nein.“
    „Aber das begreife ich nicht, Sir! Warum denn nicht?“
    „Weil noch kein Öl zu sehen war; kein einziger Tropfen, sage ich Euch.“
    „So ist es erst später gekommen?“
    „Ja, vorgestern.“
    „Vor – ge – stern?“ wiederholte der Bankier dieses Wort. „Ich verstehe Euch wieder nicht, Sir.“
    „Nicht? Na, da muß ich deutlicher werden. Ihr habt doch Augen und seht also die große Menge toter Fische schwimmen?“
    „Natürlich.“
    „Was mag wohl schuld an ihrem Tod sein?“
    „Das Öl, ganz selbstverständlich. Kein Fisch kann im Petroleum leben.“
    „Schön! Wie lange werden diese Tiere wohl tot sein?“
    „Vielleicht zwei Tage, länger nicht, sonst wären sie mehr von der Verwesung ergriffen.“
    „Und wo haben sie sich bei Lebzeiten befunden? Sind sie etwa hier unter den Bäumen herumspaziert?“
    Da antwortete Rollins im Tone des Gekränktseins: „Ich möchte doch bitten, zu bedenken, daß ich kein Knabe, sondern ein Mann bin. Ich bin auch nicht geistesschwach und weiß sehr wohl, daß diese Fische hier im See gelebt haben.“
    „Sehr gut, Mr. Rollins! Jetzt habe ich Euch da, wohin ich Euch haben wollte. Die Fische sind seit zwei Tagen tot, haben also bis vorgestern hier im See gelebt. Im Petroleum können sie nicht leben. Seit wann also wird sich das Öl hier auf dem Wasser befinden?“
    Erst jetzt ging dem Bankier das Licht auf, welches ihm angezündet werden sollte. Er sprang von seinem Sitz empor, starrte auf Old Shatterhand nieder, ließ seinen Blick auch über die andern schweifen, bewegte die Lippen, als ob er reden wolle, brachte aber kein einziges Wort hervor.
    „Nun, Sir, wollt Ihr mir keine Antwort geben? Wenn es seit vorgestern hier eine Sorte von Petroleum gibt, welches in einer Raffinerieanstalt künstlich gereinigt worden ist, so möchte man doch wohl fragen, wie dieser hochinteressante und unbegreifliche Fall zu erklären ist. Die Antwort werdet Ihr da in der Höhle finden. Geht hinein, Mr. Rollins.“
    „Das werde ich; das werde ich!“ rief der Bankier aus. „Es kommt mir ein Gedanke, der so außerordentlich ist, daß ich ihn gar nicht auszudenken vermag. Kommt mit, Mr. Baumgarten! Ihr seid bisher mein Gefährte gewesen und müßt auch jetzt, in diesem Augenblick, bei mir sein.“
    Er zog den Buchhalter von seinem Sitz empor und verschwand mit ihm in der Höhle. Die außerhalb derselben Befindlichen horchten. Es waren einige Rufe zu hören; dann vernahm man das Zusammenstoßen und Rollen von Fässern; hierauf stürzte der Bankier heraus und rief in großer Aufregung:
    „Welch ein Schwindel! Welch ein raffinierter Betrug! Das Öl ist in diese Gegend transportiert worden, um mir mein Geld abzulocken!“
    „Seht Ihr das nun ein?“ fragte ihn Old Shatterhand. „Was habt Ihr denn in der Höhle gefunden?“
    „Eine ganze Menge leerer Petroleumfässer.“
    „Weiter nichts?“
    „Einige

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