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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Höhe. Haltet sie fest; haltet sie fest!“
    Er eilte hin und sprang mit ausgestreckten Armen in die Höhe, um die Leiter noch zu ergreifen, kam aber zu spät; sie verschwand oben durch die Öffnung.
    „Da habt ihr die Bescherung!“ rief er zornig. „Jetzt schtecken wir in der Patsche, grad wie Pythagoras im Faß!“
    „Das war wohl Diogones“, verbesserte Sam.
    „Schweig!“ fuhr ihn Frank an. „Was verschtehst du von Diogenes! Das is der Zwerg beim Heidelberger Faß. Ich aber meene dasjenige Faß, in welchem Pythagoras schteckte, als der große Georginenzüchter Galilei zu ihm kam und ihn bat: ‚Karo, Karo, gib mir meinen Leviathan wieder!‘ Als guter Deutscher mußt du wissen, daß das kurz nach der Schlacht im Teutoburger Wald geschah, wo Dschingis Khan dem General Moreau alle beede Beene wegschießen ließ. Das eene flog nach Blasewitz, wo es die berühmte Gustel von Blasewitz in der Nähe von Wallensteens Lager fand, und das andre nach Loschwitz ins Schillerhäuschen, wo Schiller grad damals seinen Trompeter von Sigmaringen dichtete. Er und die Gustel haben nachher die Beene zusammengetragen und oberhalb Dresdens bei Räcknitz unter vier Linden begraben. Ich bin selbst dort gewesen und habe das Denkmal, welches off seine Beene gesetzt worden is, mit meinen eegenen zwee Oogen gesehen. Is das nich Beweis genug? Willst du nu noch immer mit mir schtreiten?“
    „Nein“, lachte Sam. „Aber die Sache mit der Leiter kommt mir nun auch einigermaßen bedenklich vor. Warum hat man sie hinaufgezogen? Hat man sie vielleicht schnell für ein andres Stockwerk gebraucht? Das wäre bei diesem Wetter ja wohl leicht möglich. Laßt einmal sehen, ob wir alle beisammen sind!“
    Es stellte sich heraus, daß der Bankier und sein Buchhalter fehlten. Darum meinte Sam Hawkens befriedigt: „Da bin ich beruhigt. Die gehören zu uns und müssen also auch noch zu uns herab. Die Leiter ist schnell anderwärts gebraucht worden, wenn ich mich nicht irre.“
    „Aber warum hat mer da obe zugemacht und den Deckel offs Loch gelegt?“ warf Droll ein.
    „Das fragst du noch?“ antwortete Frank. „Ich schäme mich wahrhaftig, daß du mein Vetter und Verwandter bist! Jeder vernünftige Mensch macht, wenn es regnet, die Klappe zu. Hier regnet es nicht bloß, sondern es gießt wie aus Badewannen. Darum is der Deckel zugemacht worden, damit es nich prima Visite uns off die Koppe regnen soll. Kannst du das begreifen?“
    „Ja, lieber Freund und Vetter Heliogabalus Morpheus Edeward Franke, weil du's so deutlich zu mache verstehst, habe ich's verschtande.“
    „Ja, das wird der Grund sein“, stimmte Sam bei. „Wir haben Zeit; bis der Häuptling herunterkommt, wollen wir uns einmal unsre heutige Wohnung ansehen. Wir können das, weil es eine Lampe gibt.“
    Sie waren von dieser ‚Wohnung‘ keineswegs erbaut. Die Räume waren vollständig leer. Es gab keinen Sitz, keine Decke, keine Spur von Stroh, Heu oder Laub, woraus man auch nur für einen einzigen Menschen ein Lager hätte bereiten können. Das zog die Stimmung der durchnässten Leute tief herab. Doch Sam verlor seinen Gleichmut noch immer nicht, sondern sagte, als sie wieder in den mittleren Raum zurückgekehrt waren: „Das wird bald anders werden; laßt nur erst den Häuptling kommen. Dann werden wir alles erhalten, was wir brauchen.“
    Schi-So, der junge Indianer, hatte sich an der Besichtigung der Räumlichkeiten nicht mitbeteiligt. Er saß, mit dem Rücken an die Mauer gelehnt, am Boden und blickte sehr ernst vor sich hin. Jetzt, als er Sams tröstliche Worte hörte, brach er sein bisheriges Schweigen und sagte: „Sam Hawkens irrt sich. Es wird nicht bald anders werden.“
    „Wieso?“ fragte der Genannte.
    „Wir sind gefangen.“
    „Gefangen? Alle Wetter! Woraus schließest du das?“
    „Ich bin Indianer und weiß, woran ich bin, ihr seid erfahrene Westmänner und könnt das ebenso wissen. Als wir oben einstiegen, sah ich zwei Leitern, welche an dem nächsten Stockwerk lehnten. Wenn man schnell eine brauchte, warum hat man da nicht eine von diesen genommen, welche doch bequemer zu haben waren, sondern grad die unsrige emporgezogen?“
    „Ah! Ich habe diese beiden Leitern auch gesehen. Da ist es allerdings sonderbar, daß man grad die unsrigen genommen hat.“
    „Und noch eins“, fuhr der Jüngling fort. „Wo ist Grinley, welcher sich den Namen eines Ölprinzen gibt?“
    „Alle Wetter, ja, das ist richtig!“ rief Sam in betroffenem Ton aus.
    „Warum fehlen

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