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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erbost. „Seit wann habe ich denn geredet und geschprochen? Seit höchstens drei oder vier Sekunden. Und das nennst du ewig. Es is mir ganz egal, ob ich jemand beleidige, denn ich bin in meinem guten Recht. Und wer recht hat, der braucht seine Zunge nich schtille schtehn zu lassen. Wir sind so dumm gewesen, uns einschperren zu lassen; ich bin nich schuld daran; aber fragen will ich doch, was wir nun zu erwarten haben und was mit uns geschehen wird?“
    „Das fragen Sie noch?“ antwortete der Hobble-Frank, indem es pfiffig um seine Mundwinkel zuckte. „Es is doch ganz selbstverständlich, was mit uns geschehen wird.“
    „Na, was denn zum Beischpiel?“
    „Zuerst werden wir gefesselt – – –“
    „Etwa ooch wir Damen?“
    „Natürlich! Dann bindet man uns an den Marterpfahl –“
    „Uns Damen ooch?“
    „Selbstverständlich! Und nachher werden wir ermordet –“
    „Die Damen ooch?“
    „Allemal! Und wenn wir dann tot sind, werden wir schkalpiert.“
    „Dunner Sachsen! Doch nich etwa wir Damen ooch?“
    „Freilich ooch! Die Roten pflegen die Weiber sogar lebendig zu schkalpieren; sie warten gar nich, bis sie tot sind, wissen Sie, weil die Damen schöneres und längeres Haar haben, was dem Schkalp eenen viel größeren Wert verleiht – – –“
    „Danke ergebenst für diese Schmeichelei!“ fiel sie ihm in die Rede.
    „Bitte sehr!“ antwortete er. „Und sodann weil die Schkalphaut sich bei eener toten Leiche nich so gut losziehen läßt wie bei eener lebendigen.“
    „Is das wahr, oder wollen Sie mir bloß angst machen, Herr Franke?“
    „Es is die volle, reene Wahrheet, off die Sie sich ganz ergebenst verlassen können.“
    „So sind diese Roten ja die echten und richtigen Mordbarbaren! Aber ich lasse mich weder tot noch lebendig schkalpieren. Meine Haut bekommen sie nich, um keenen Preis. Ich wehre mich; ich verteidige meine Haare vom ersten bis zum letzten Oogenblick. Mir sollen sie nich kommen, denn ich bin Frau Rosalie Eberschbach, geborene Morgenschtern und verwitwete Leiermüllerin, und mich sollen sie kennenlernen!“
    Bei der andern Gruppe von Gefangenen, nämlich bei dem Bankier und seinem Buchhalter, ging es weniger lebhaft her. Sie lagen miteinander im Erdgeschoß. Dort brannte keine Lampe; es war finster. Die dortige Feuchtigkeit der Luft und ein zeitweiliges Gurgeln ließen vermuten, daß sie sich in der Nähe der Wasserquelle befanden. Die Mauern waren hier unten so stark, daß das Toben des Unwetters fast gar nicht vernommen wurde. Als man sie an Lassos niedergelassen und der Deckel sich über ihnen geschlossen hatte, horchten die beiden erst eine kleine Weile. Es blieb rund um sie her still, und nichts verriet die Anwesenheit eines andern Menschen. Darum ergriff der Bankier das Wort, natürlich in englischer Sprache: „Seid Ihr ohnmächtig, Mr. Baumgarten, oder hört Ihr mich?“
    „Ich höre Euch. Es ist allerdings zum ohnmächtig werden. Was haben wir den Indianern getan, daß sie uns in dieser Weise behandeln?“
    „Hm, das frage ich mich auch. Warum nehmen sie grad uns zwei gefangen und nicht auch die anderen?“
    „Was das betrifft, so vermute ich, daß diese es nicht besser haben werden als wir.“
    „Ihr meint, daß sie auch gefangen sind?“
    „Ja.“
    „Habt Ihr einen Grund dazu?“
    „Mehrere. Einer von ihnen ist mir vor allen Dingen maßgebend: die Roten können uns nicht gefangennehmen, ohne unsre Gefährten auch festzuhalten, da diese uns sonst jedenfalls befreien würden.“
    „Das ist richtig, aber zugleich auch traurig für uns, denn wir müssen die Hoffnung, befreit zu werden, aufgeben.“
    „Fällt mir nicht ein! Ich hoffe bis zum letzten Augenblick.“
    „Auf wen?“
    „Zunächst auf Gottes Hilfe. Und sodann erscheint es keineswegs ausgeschlossen, daß wir trotz allem auch auf unsere Gefährten rechnen können. Sie sind wahrscheinlich ebenso eingeschlossen wie wir, aber nicht gefesselt. Sie haben ihre Waffen bei sich. Nehmen Sie dazu, was für Kerls sie sind! Dieser Hobble-Frank ist zwar eine ganz wunderliche, originelle Persönlichkeit, aber gewiß ein unerschrockener, mutiger Mensch und tüchtiger Westmann. Von Hawkens, Parker, Stone und Droll läßt sich ganz dasselbe sagen, und was die übrigen betrifft, so gibt es außer diesem unzuverlässigen Kantor gewiß keinen, der die Hände furchtsam in den Schoß legen wird.“
    „Well, denke das auch. Aber warum hat man sich unser bemächtigt? Das ist es, was ich wissen möchte.

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