10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
herunter in den Götterhain. Ich war zwölf, als mein Bruder mich zum ersten Mal auf einen Raubzug südlich Eurer Mauer mitgenommen hat. Daher habe ich meinen Namen. Mein Bruder sagte, ich sehe aus wie ein Eichhörnchen, das einen Baum hinaufläuft. Sechsmal bin ich schon über die Mauer geklettert, hin und wieder zurück. Ich denke, ich schaffe es von einem Steinturm herunter.«
»Zufrieden, Abtrünniger?«, fragte Esche. »Dann geht es los.«
Die riesige Küche von Winterfell beanspruchte ein ganzes Gebäude für sich allein, und das lag wegen der Gefahr eines Brandes ein wenig abseits von den großen Hallen und Türmen der Burg. Hier wechselten die Gerüche stündlich von Braten über Lauch und Zwiebeln zu frischgebackenem Brot. Roose Bolton hatte Wachen an der Küchentür aufgestellt. Da es so viele Mäuler zu stopfen gab, war jeder Brocken wertvoll. Sogar die Köche und Küchenjungen wurden ständig beobachtet. Doch die Wachen kannten Stinker. Sie verspotteten ihn gern, wenn er kam, um heißes Wasser für Lady Aryas Bad zu holen. Mehr wagte allerdings niemand. Schließlich wussten alle, dass Stinker Lord Ramsays Schoßhund war.
»Der stinkende Prinz ist gekommen und braucht heißes Wasser«, verkündete eine der Wachen, als Theon und seine Dienstmägde vor dem Mann auftauchten. Er hielt ihnen die Tür auf. »Geht schnell rein, ehe die Wärme rausgezogen ist.«
Drinnen packte Theon einen vorbeilaufenden Küchenjungen am Arm. »Heißes Wasser für M’lady, Bursche«, befahl er. »Sechs Eimer voll, und achte drauf, dass es heiß und sauber ist. Lord Ramsay möchte sie rosarot und sauber.«
»Ja, M’lord«, antwortete der Junge, »sofort, M’lord.«
»Sofort« dauerte für Theons Geschmack viel zu lange. Keiner der großen Kessel war sauber, daher musste der Küchenjunge erst einen ausschrubben, ehe er Wasser einfüllen konnte. Dann schien es eine Ewigkeit zu dauern, bis es kochte, und zwei Ewigkeiten, bis die sechs Holzeimer gefüllt waren. Die ganze Zeit warteten Abels Frauen und hielten die Gesichter im Schatten ihrer Kapuzen verborgen. Sie machen es ganz falsch. Echte Mägde neckten die Küchenjungen immer, bandelten mit den Köchen an und schwatzten ihnen einen Bissen hiervon und davon ab. Esche und ihre gewieften Schwestern wollten bei ihrem Vorhaben keine Aufmerksamkeit erregen, doch ihr mürrisches Schweigen brachte ihnen bald schiefe Blicke von den Wachen ein. »Wo sind Maisie und Jez und die anderen Mädchen?«, erkundigte sich ein Mann bei Theon. »Die kommen doch sonst immer.«
»Lady Arya war mit ihnen nicht zufrieden«, log er. »Letztes Mal war das Wasser kalt, ehe es in die Wanne kam.«
Das heiße Wasser erzeugte Nebelwolken in der kalten Luft und schmolz die Schneeflocken, die hineinrieselten. Die Prozession zog durch das Labyrinth der Eisgräben zurück. Mit jedem Schritt kühlte das Wasser mehr ab. Auf den freigeräumten Wegen drängten sich die Soldaten: Ritter in Rüstung mit wollenen Waffenröcken und Pelzmänteln, Soldaten mit Speeren über der Schulter, Bogenschützen mit abgespannten Bogen und mit ganzen Bündeln von Pfeilen, Freie Reiter und Stallburschen, die Schlachtrösser führten. Die Männer der Freys trugen das Abzeichen der zwei Türme, die Mannen aus White Harbor Wassermann und Dreizack. Gebeugt marschierten sie in entgegengesetzten Richtungen in den Sturm hinein und beäugten einander misstrauisch, wann immer sie sich begegneten. Doch keiner zog das Schwert. Nicht hier. Draußen im Wald sieht es vielleicht ganz anders aus.
Die Türen des Großen Frieds wurden von einem halben Dutzend erfahrener Männer aus Dreadfort bewacht. »Schon wieder ein verdammtes Bad?«, fragte ihr Feldwebel, als er die dampfenden Eimer sah. Wegen der Kälte hatte er die Hände in die Achselhöhle gesteckt. »Sie hat doch gestern Abend erst gebadet. Wie schmutzig kann eine Frau in ihrem eigenen Bett schon werden?«
Schmutziger, als Ihr denkt, wenn man das Bett mit Ramsay teilt, dachte Theon und erinnerte sich an die Hochzeitsnacht und an die Dinge, die zu tun er und Jeyne gezwungen worden waren. »Lord Ramsays Befehl.«
»Dann rein mit Euch, ehe das Wasser gefriert«, sagte der Feldwebel. Zwei der Wachen hielten ihnen die beiden Türflügel auf.
Im Eingang war es nicht mehr so kalt wie draußen. Stechpalme stampfte den Schnee von den Schuhen und nahm die Kapuze ab. »Das ging ja leichter als erwartet.« Ihr Atem gefror in der Luft.
»Vor dem Schlafzimmer von M’lord stehen weitere
Weitere Kostenlose Bücher