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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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er. Ihr habt schon ein Mal mit mir getanzt.
    Der Zug der Wildlinge nahm kein Ende. Manche beeilten sich jetzt und hasteten über das Schlachtfeld. Andere, die Alten, die Jungen, die Schwachen, kamen fast überhaupt nicht voran. Heute Morgen war das Feld mit einer dicken Schicht alten Schnees bedeckt gewesen, dessen weiße Kruste in der Sonne geglänzt hatte. Inzwischen war das Gelände braun und schwarz und schlammig. Der Marsch des Freien Volkes hatte den Boden in Matsch und Morast verwandelt: Holzräder und Pferdehufe, Kufen aus Knochen und Horn und Eisen, Schweinepfoten, schwere Stiefel, die Paarhufe der Kühe und Ochsen, die nackten schwarzen Sohlen des Hornfußvolkes, das alles hatte seine Spuren hinterlassen. Durch den weichen Untergrund wurde die Kolonne noch langsamer. »Ihr braucht ein größeres Tor«, beschwerte sich Tormund erneut.
    Am späten Nachmittag schneite es kräftiger, doch der Strom der Wildlinge war zu einem Rinnsal abgeebbt. Rauchsäulen stiegen in die Luft, wo ihr Lager gestanden hatte. »Toregg«, erklärte Tormund. »Er verbrennt die Toten. Es gibt immer welche, die sich schlafen legen und nicht mehr aufwachen. Man findet sie in ihren Zelten, wenn sie Zelte haben, zusammengerollt und erfroren. Toregg weiß, was er zu tun hat.«
    Das Rinnsal war nur noch ein Tröpfeln, als Toregg aus dem Wald zurückkam. Er wurde begleitet von einem Dutzend berittener Krieger, die mit Speeren und Schwertern bewaffnet waren. »Meine Nachhut«, sagte Tormund und zeigte beim Lächeln seine Zahnlücke. »Ihr Krähen habt Grenzer. Wir auch. Ich habe sie im Lager gelassen, falls wir angegriffen werden, ehe alle durch die Mauer sind.«
    »Deine besten Männer.«
    »Oder meine schlimmsten. Von ihnen hat jeder schon eine Krähe getötet.«
    Zwischen den Reitern sah er einen Mann zu Fuß, dem ein großes Tier hinterhertrottete. Ein Eber, erkannte Jon. Ein riesiger Eber. Das Tier war doppelt so groß wie Ghost und mit dickem schwarzem Haar bedeckt. Die Hauer waren so lang wie der Arm eines Mannes. Einen so gigantischen und hässlichen Eber hatte Jon noch nie gesehen. Der Mann neben ihm war auch keine Schönheit: ein Koloss mit schwarzen Augenbrauen, einer flacher Nase, schweren Hängebacken mit dunklen Stoppeln und kleinen, schwarzen, engstehenden Augen.
    »Borroq.« Tormund wandte den Kopf ab und spuckte aus.
    »Ein Leibwechsler.« Das war keine Frage. Irgendwie wusste er es.
    Ghost drehte den Kopf. Das Schneegestöber hatte den Geruch des Ebers überdeckt, aber jetzt hatte der weiße Wolf ihn gewittert. Er trottete vor Jon und fletschte geräuschlos die Zähne.
    » Nein!«, rief Jon. »Ghost, Platz. Hierher. Hierher!«
    » Eber und Wölfe«, sagte Tormund. »Am besten schließt du dein Tier heute Nacht ein. Ich sorge dafür, dass Borroq dasselbe mit seinem Schwein macht.« Er schaute hinauf in den dunkler werdenden Himmel. »Sie sind die Letzten, und keinen Moment zu früh. Es wird die ganze Nacht schneien, das spüre ich. Zeit, dass ich mal selbst nachschaue, was auf der anderen Seite von diesem Eis ist.«
    »Du gehst vor«, sagte Jon. »Ich beabsichtige, als Letzter durch das Eis zu gehen. Wir sehen uns auf dem Fest.«
    »Auf dem Fest? Ha! Na, das ist endlich mal ein Wort, das mir gefällt.« Der Wildling wendete seine Stute in Richtung Mauer und klatschte ihr auf den Rumpf. Toregg und die Reiter folgten, stiegen am Tor ab und führten ihre Pferde hindurch. Bowen Marsh blieb lange genug, um zu beaufsichtigen, wie seine Burschen die letzten Karren in den Tunnel zogen. Nur Jon und seine Wachen waren noch übrig.
    Der Leibwechsler blieb zehn Schritte vor ihm stehen. Sein Ungeheuer scharrte mit der Pfote im Schlamm und schnüffelte. Der gekrümmte, schwarze Rücken des Ebers war mit einer dünnen Schneekruste bedeckt. Er schnaubte und senkte den Kopf, und einen halben Herzschlag lang dachte Jon, er würde angreifen. Links und rechts von ihm senkten seine Männer die Speere.
    »Bruder«, sagte Borroq.
    »Du solltest lieber weitergehen. Wir schließen gleich das Tor.«
    »Tut das nur«, sagte Borroq. »Schließt es gut und fest. Sie kommen, Krähe.« Er lächelte das hässlichste Lächeln, das Jon jemals gesehen hatte, und ging weiter zum Tor. Der Eber stolzierte hinter ihm her. Das Schneegestöber bedeckte die Spuren hinter ihnen.
    »Das wäre erledigt«, sagte Rory, als die beiden gegangen waren.
    Nein, dachte Jon Snow, es fängt gerade erst an.
    Bowen Marsh erwartete ihn auf der Südseite der Mauer mit einer Tafel

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