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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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sich über eine Holzschüssel und aß gerade die letzten Bissen seines Erbsenbreis, als er vor Schreck den Löffel fallen ließ, weil ihn jemand leicht an der Schulter berührte. »Fass mich nicht an«, sagte er und bückte sich, um den Löffel vom Boden aufzuheben, ehe eins von Ramsays Mädchen ihn sich schnappte. »Fass mich nicht an, niemals.«
    Sie setzte sich neben ihn, zu nah. Es war ein anderes von Abels Waschweibern. Sie war jung, fünfzehn, vielleicht sechzehn, hatte zotteliges blondes Haar, das dringend mal gewaschen werden musste, und einen Schmollmund, der dringend mal geküsst werden sollte. »Manchen Mädchen gefällt es, Männer anzufassen«, sagte sie und lächelte dabei halb. »Ich bin Stechpalme, wenn es M’lord gefällt.«
    Stechpalme die Schlampe, dachte er, aber sie war durchaus hübsch. Früher hätte er vermutlich gelacht und sie auf seinen Schoß gezogen, doch diese Zeiten waren vorüber. »Was willst du?«
    »Ich möchte diese Gruft sehen. Wo ist sie, M’lord? Würdet Ihr sie mir zeigen?« Stechpalme spielte mit einer Strähne ihres Haares und drehte sie sich um den kleinen Finger. »Sie soll tief und dunkel sein, heißt es. Ein guter Ort, um sich anzufassen. Und all die toten Könige schauen zu.«
    »Hat Abel dich zu mir geschickt?«
    »Könnte sein. Könnte auch sein, dass ich mich selbst geschickt habe. Aber wenn Ihr Abel möchtet, schicke ich ihn zu Euch. Er wird M’lord ein süßes Lied singen.«
    Jedes Wort, das sie sagte, bestärkte Theon mehr in seiner Vermutung, dass hier irgendein Komplott im Gange war. Aber wer steckte dahinter, und was wollte er damit bezwecken? Was konnte Abel von ihm wollen? Der Mann war nur ein Sänger, ein Kuppler mit einer Laute und einem falschen Lächeln. Er will herausfinden, wie ich die Burg eingenommen habe, doch nicht, um daraus ein Lied zu machen. Dann dämmerte ihm die Antwort. Er will wissen, wie wir hereingekommen sind, damit er hinauskann. Lord Bolton hatte Winterfell so dicht gemacht wie die Windelhose eines Kleinkinds. Ohne seine Erlaubnis konnte niemand hinaus oder herein. Er will mit seinen Waschweibern fliehen. Das konnte Theon ihm nicht zum Vorwurf machen, trotzdem sagte er: »Ich will nichts mit Abel oder dir oder einer deiner Schwestern zu tun haben. Lasst mich einfach in Ruhe.«
    Draußen wirbelte und tanzte der Schnee. Theon ertastete sich den Weg zur Mauer, dann ging er daran entlang zum Zinnentor. Er hätte die Wachen mit zwei von den Schneemännern des Kleinen Walder verwechseln können, wenn er nicht die Atemfahnen gesehen hätte. »Ich will auf die Mauer«, sagte er zu ihnen, und sein eigener Atem gefror ebenfalls in der Luft.
    »Verflucht kalt da oben«, warnte der eine.
    »Verflucht kalt hier unten«, sagte der andere, »doch tut, was Ihr wollt, Abtrünniger.« Er winkte Theon durch das Tor.
    Die Stufen waren schneebedeckt, rutschig und im Dunkeln heimtückisch. Auf dem Wehrgang angekommen, brauchte er nicht lange, um die Stelle zu finden, wo sie den Freien Reiter hinuntergeworfen hatten. Er stieß den frischen Schnee zwischen den Zinnen zur Seite und lehnte sich dazwischen über die Kante. Ich könnte springen, dachte er. Er hat es überlebt, warum sollte ich es nicht schaffen? Er könnte springen und … Und was dann? Soll ich mir ein Bein brechen und unter dem Schnee sterben? Soll ich davonkriechen und erfrieren?
    Es war Wahnsinn. Ramsay würde ihn mit den Mädchen jagen. Die Rote Jeyne und Jez und Helicent würden ihn in Stücke reißen, wenn es die Götter gut mit ihm meinten. Schlimmer wäre es, lebendig gefangen zu werden. »Ich darf meinen Namen nicht vergessen«, flüsterte er.
    Am nächsten Morgen wurde Ser Aenys Freys ergrauter Knappe nackt und erfroren auf dem alten Totenhof der Burg gefunden, und sein Gesicht war so dick von Raureif überzogen, dass es aussah, als trage er eine Maske. Ser Aenys ließ verkünden, der Mann habe zu viel getrunken und sich im Sturm verirrt, allerdings konnte sich niemand erklären, warum er seine Kleidung ausgezogen hatte, als er nach draußen ging. Noch ein Trunkenbold, dachte Theon. Der Wein schien jeden Verdacht ertränken zu können.
    Dann, noch ehe der Tag vorüber war, entdeckte man einen Armbrustschützen der Flints mit eingeschlagenem Schädel im Stall. Ein Tritt von einem Pferd, verkündete Lord Ramsay. Wohl eher ein Schlag mit einem Knüppel, entschied Theon.
    Das alles kam ihm so bekannt vor wie ein Mimenspiel, das er schon einmal gesehen hatte. Nur waren die Rollen

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