10 - Operation Rainbow
an?«
»Gegen viertel vor sieben. Willst du etwa mit den Burschen rennen und dich abrackern?«
»Wenigstens will ich's versuchen«, gab Clark zurück.
»Du bist zu alt, John. Manche von denen laufen Marathon in der Freizeit, und du bist näher bei sechzig als bei fünfzig!«
»Hör mal, Al. Ich kann nicht das Kommando führen, ohne einen Versuch zu wagen. Das weißt du so gut wie ich.«
»Wenn's sein muß«, seufzte Stanley.
***
Sie wurden spät wach, einer nach dem anderen, was eine gute Stunde dauerte. Die meisten blieben einfach liegen, andere schlurften ins Badezimmer, wo sie Aspirin und Tylenol gegen die Kopfschmerzen vorfanden, die sie alle verspürten. Ein paar von ihnen gingen duschen, ungefähr die Hälfte ließ es bleiben. Im Nebenzimmer stand ein Frühstücksbüffet, das ihre schönsten Erwartungen übertraf: Pfannen voller Rührei, Pfannkuchen, Schinken und Speck. Einige wußten sogar noch, wofür Servietten gut sind, wie sich bei der Kameraüberwachung herausstellte.
Ihren Wohltäter lernten sie erst nach dem Frühstück kennen. Er bot ihnen saubere Klamotten an, nachdem sie alles verputzt hatten.
»Wo sind wir hier?« fragte einer, dem die Beobachter die Nummer 4 gegeben hatten. Was sich hier abspielte, war jedenfalls nicht die Heilsarmee, wie er sie kannte.
»Meine Firma will eine Studie durchführen«, erklärte der Gastgeber hinter seinem stramm sitzenden Mundschutz. »Und Sie, meine Herren, nehmen daran teil. Sie werden eine Weile bei uns bleiben. Während dieser Zeit bekommen Sie saubere Betten, ordentliche Kleidung, vernünftiges Essen, medizinische Betreuung, und» - er zog einen Wandvorhang zurück»dürfen trinken, soviel Sie wollen.« In einer Wandnische, die noch keiner der Gäste entdeckt hatte, waren drei Regale mit Wein, Bier und Schnaps von fast jeder handelsüblichen Sorte zu sehen, dazu Gläser, Sodawasser, Mixbecher und Eis.
»Soll das heißen, man läßt uns nicht weg?« erkundigte sich Nummer 7.
»Wir würden es vorziehen, wenn Sie bleiben«, gab der Gastgeber ausweichend zurück. Entschuldigend deutete er auf die Hausbar, und seine Augen strahlten über der Maske. »Kleiner Frühschoppen gefällig?«
Es stellte sich heraus, daß es für keinen von ihnen zu früh am Tag wa r, und daß Bourbon und Korn am reichlichsten weggingen. Die beigemischte Droge war nicht herauszuschmecken, und alle Gäste trotteten zurück in ihre Klinikbetten. Neben jedem war ein Fernsehgerät angebracht. Zwei weitere entschlossen sich, unter die Dusche zu gehen. Drei rasierten sich sogar, und als sie vom Waschraum zurückkamen, sahen sie richtig menschlich aus. Wenigstens vorläufig.
***
In der Überwachungszentrale am anderen Ende des Gebäudes steuerte Dr. Archer die verschiedenen Kameras aus, bis sie jeden »Gast« ins Visier nehmen konnte.
»Gehen allesamt auf dem Zahnfleisch«, bemerkte sie. »Ihr Kreislauf muß katastrophal sein.«
»Stimmt, Barb«, nickte Dr. Killgore. »Nummer 3 sieht besonders elend aus. Glauben Sie, wir könnten ihn etwas aufpäppeln, bevor...?«
»Wir sollten's wenigstens versuchen«, überlegte die Ärztin. »Wir sollten die Testkriterien nicht zu weit dehnen, oder?«
»War auch schlecht für die Stimmung, wenn wir einen zu früh sterben lassen«, fuhr Killgore fort.
»Hat's der Mensch nicht weit gebracht«, zitierte Archer spöttisch.
»Nicht alle«, gab Killgore zurück. »Überrascht es Sie nicht, daß sie keine Frauen für die Gruppe gefunden haben?«
»Kein bißchen«, erwiderte die Feministin Dr. Archer, was den zynischeren Dr. Killgore belustigte. Aber es lohnte nicht, darüber Streit anzufangen. Er wandte sich von den Monitoren ab und nahm das Rundschreiben der Firmenleitung zur Hand. Ihre Gäste sollten behandelt werden wie - Gäste, gut verpflegt, sauber untergebracht und mit allen Getränken versorgt, die sie bei Fortdauer ihrer Körperfunktionen noch zu sich nehmen konnten. Den Epidemiologen beunruhigte es ein wenig, daß all ihre Testpersonen alkoholisierte Wracks waren. Der Vorteil lag auf der Hand: Niemand würde sie vermissen, nicht einmal jene, die man zur Not ihre Freunde nennen würde. Nur die wenigsten hatten Angehörige, die von ihrem Aufenthalt wußten. Selbst von denen wären nur die wenigsten überrascht gewesen, wenn sie dort nicht mehr auffindbar waren. Und kein Mensch/schätzte Killgore, würde die Behörden auf ihr Verschwinden hinweisen - und falls doch, würde sich die New York City Police darum kümmern? Wohl
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