10 - Operation Rainbow
Chavez seine eigene Wahl für das Team getroffen. Als langjähriger Beretta-Fan.hatte er entschieden, daß seine Männer die neue .45er Beretta als persönliche Dienstwaffe benutzen sollten. Dazu die Heckler & Koch MP-10 Maschinenpistole, eine Variante der altehrwürdigen MP-5 mit dem Magazin für 10-Millimeter-Patronen von Smith & Wesson, die 1980 für das amerikanische FBI entwickelt worden war. Ohne ein Wort nahm Ding seine Beretta, setzte Ohrenschützer auf und ballerte auf die mannshohen Silhouetten in zehn Metern Entfernung. Bitteschön, dachte er, acht Schüsse im Kopf. Doch Dieter Weber stellte sich neben ihn und plazierte alle seine Schüsse in ein einziges Loch, das nur leicht ausfranste, Paddy Connolly tat es ihm gleich, nur daß sein Loch, weniger als zwei Millimeter daneben, nicht einmal ausfranste. Beide Einschußlöcher lagen genau zwischen den Augen des Pappkameraden, ohne die Augen selbst zu berühren. Wie die meisten Amerikaner hatte Chavez geglaubt, die Europäer hätten keinen Schimmer von Pistolen. Offenbar hatte das Training gut angeschlagen.
Als nächstes nahmen sie ihre Heckler & Kochs, mit deren hervorragenden Zielfernrohren jeder treffen konnte. Ding schritt die Feuerlinie ab und sah zu, wie seine Leute auf kopfgroße Stahlplatten zielten, die durch Druckluft hochgeschnellt und augenblicklich mit metallischem Plonk zurückgeschleudert wurden. Schließlich blieb Ding hinter First Sergeant Vega stehen, der sein Magazin leerte, bevor er sich umwandte.
»Hab ja gesagt, die sind gut, Ding!«
»Wie lange sind sie schon hier?«
»Och, 'ne Woche vielleicht. - Sonst sind wir acht Kilometer gelaufen, Sir«, setzte Julio grinsend hinzu. »Weißt du noch, wie wir im Sommercamp in Colorado waren?«
Noch wichtiger war, dachte Ding, daß sie trotz des Dauerlaufs, der sie auslaugen und den Streß des Kampfgeschehens simulieren sollte, noch zielsicher blieben. Aber diese Bastarde waren so ruhig wie gottverdammte Bronzefiguren. Als ehemaliger Kompanieführer in der 7. leichten Infanteriedivision war er einer der stärksten, sportlichsten und leistungsfähigsten Soldaten in US-Uniform gewesen. Gerade deshalb hatte ihn John Clark für einen Geheimdienstjob engagiert, und in dieser Funktion hatte er schwierige und strapaziöse Einsätze vor Ort durchgeführt. Daß sich Domingo Chavez auch nur der geringsten Schwäche bewußt gewesen wäre, lag sehr weit zurück. Aber jetzt meldete sich seine innere Stimme.
»Wer ist der Härteste?« fragte er Vega.
»Weber. Ich hatte schon Wunderdinge von der Gebirgsjäger-Schulung gehört. Mag alles stimmen, Mann. Dieter ist nicht ganz menschlich. Gut im Nahkampf, guter Schütze, verdammt gut mit dem Gewehr, und wenn er wollte, könnte er im Dauerlauf ein Reh fangen und mit bloßen Händen zerfleischen.« Wenn ein Absolvent der Ranger-Ausbildung und der Schulung für Spezialeinsätze in Fort Bragg einen Kämpfer »gut« nannte, bedeutete es mehr als Kneipengewäsch, dachte Chavez.
»Der Klügste?«
»Connolly. All die Jungs von SAS sind spitze. Wir Amis haben noch was nachzuholen. Aber das wird schon noch, in ein, zwei Wochen. Wie damals in Colorado.«
Chavez wurde nicht gern an damals erinnert. Zu viele Freunde waren in den Bergen Kolumbiens geblieben, bei einem Job, den ihre Regierung nie zugeben durfte. Das Ende des Trainings verriet ihm alles über sein Team. Falls einer das Ziel verfehlt hatte, war es ihm entgangen. Jeder feuerte exakt hundert Kugeln ab - die tägliche Ration für Männer, die fünfhundert in der Woche bei Schießübungen verbrauchten. Das würde sich bei einem behutsam gelenk-ten Training ändern, mit dem sie gleich morgen beginnen sollten.
***
»Okay«, schloß John. »Wir machen jeden Morgen um 8.15 Uhr eine routinemäßige Lagebesprechung, und eine förmlichere Konferenz Freitag nachmittag. Meine Tür steht Ihnen jederzeit offen, auch die meiner Privatwohnung. Wenn ihr mich braucht, Leute - ich habe sogar neben der Duschkabine einen Telefonanschluß. Jetzt will ich mal raus und mir die Schießübungen ansehen. Sonst noch was? Dann war's das. Wir bleiben in Verbindung.« Alle standen auf und verließen den Saal. Stanley blieb stehen.
»Das klappt ja prima«, bemerkte er und schenkte sich noch eine Tasse Tee ein. »Vor allem für jemanden, der den bürokratischen Kram nicht gewohnt ist.«
»Man merkt's mir an, wie?« grinste Clark.
»Läßt sich alles lernen, John.«
»Hoffentlich.«
»Wann fängt hier das Morgentraining
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