10 - Operation Rainbow
seinerseits ein schwerer Fehler vorlag. Naja, kein ganz so schlimmer Fehler. Die Sicherheitsvorkehrungen waren doch gar nicht so schlecht. Nur zwei Leute wußten, was wirklich vorging... andererseits, vielleicht war dieser Henriksen auch informiert. Aber Bill Henriksen war ein ehemaliger FBI-Mann, und wenn er sie ausspionierte, säßen sie alle längst hinter Gittern. Das FBI hätte alle Beweise für eine größere Hochverratsklage in der Hand und würde nicht zulassen, daß sie weitermachten, es sei denn, es gab eine Verschwörung auf höherer Ebene - aber das machte alles keinen Sinn. Nein, die Absicherung funktionierte tadellos. Denn die US-Regierung verfügte zweifellos über die technischen Mittel, Brightlings angeblich narrensichere Leitungen zu entschlüsseln. Im übrigen war ein richterlicher Beschluß nötig, um sie anzuzapfen, und für diesen brauchte man Beweise, und allein die Beweise hätten genügt, einige Leute auf dem elektrischen Stuhl zu rösten. Einschließlich mir, dachte Popov.
Was geht hier vor? fragte sich der Russe dennoch. Er hatte sich schon einiges zurechtgelegt und ahnte etwas. Was sein Arbeitgeber auch im Schilde führen mochte, es mußte schlimmer als Massenmord sein. Und was zum Teufel konnte das sein! Beängstigend war auch, daß Popov seinen Job in der Hoffnung begonnen hatte - eine Hoffnung, die sich schon erfüllt hatte - steinreich zu werden. Inzwischen hatte er eine Million Dollar auf seinem Berner Bankkonto. Genug, um reumütig zu Mütterchen Rußland zurückzukehren und ein richtig sattes Leben zu führen... aber nicht genug für das, was er eigentlich wollte. Merkwürdig, wie der Glanz des magischen Wortes »Million« umgehend verblaßte, wenn man die erste beisammen hatte. Es war nichts als eine Ziffer, von der man noch einiges abziehen mußte für das, was man für sich ausgeben wollte. Eine Million US-Dollar waren nicht genug, um ein Haus, einen Wagen und ein Leben nach seinem Geschmack zu finanzieren und dann noch genug übrig zu haben - außer vielleicht in Rußland, wo er jedoch auf Dauer nicht mehr leben wollte. Und nun saß er mit jemandem zusammen, der wie er selbst eifrig bemüht war, keinen Fehler zu machen. Der eine wußte um die Hintergründe einer Aktion, die er nicht preisgeben wollte, der andere, wie man diese in die Wege leitet, wozu sein Auftraggeber ihn brauchte. Sie waren in eine interessante Sackgasse geraten.
Und so saßen sie sich noch ein, zwei Minuten schweigend gegenüber und brachten den Mut nicht auf, einander anzuvertrauen, was ihnen auf dem Herzen lag.
»Ich muß wirklich noch einmal darüber nachdenken. Einen Tag oder so. Einverstanden?«
»Gewiß.« Popov erhob sich, schüttelte ihm die Hand und verließ das Büro. Auf seinem Weg nach draußen versuchte er das Spiel, in das er verwickelt war, zu durchschauen. Er hatte bereits riesige Geldsummen beiseite geschafft, die sein Arbeitgeber für unwichtig hielt. Er war in eine Aktion verwickelt, deren Ziel ein Verbrechen wie Massenmord in den Schatten stellte. Das war ihm nicht ganz neu, fiel Popov plötzlich ein. Er hatte lange Jahre einer Nation gedient, die von ihren Gegnern als das »Reich des Bösen« tituliert wurde. Der Kalte Krieg war schlimmer als Massenmord gewesen. Aber Brightling befehligte keinen Nationalstaat, und wie unerschöpflich seine finanziellen Ressourcen auch sein mochten, im Vergleich zu einer modernen Volkswirtschaft waren sie minimal. Blieb nur die Frage - was zum Teufel wollte der Kerl erreichen? Und weshalb brauchte er dafür einen Dmitrij Arkadejewitsch Popov?
***
Henriksen bekam den Flug nach Los Angeles. Vor ihm lag ein angenehmer Teil der Reise; er hatte Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen.
Der Plan für die Olympischen Spiele war perfekt. Das Einnebelungssystem war an seinem Platz, was dem Ziel des Projekts vollkommen entsprach. Einer seiner Leute würde es in Augenschein nehmen, den er dann am letzten Tag selbst ersetzen würde. Das Verabreichen war einfach. Doch jetzt würde auch diese Rainbow-Bande hier unten sein. Würden sie in seinen Plänen herumschnüffeln? Schwer zu sagen; schlimmstenfalls würde etwas Unvorhergesehenes dazwischenkommen. So etwas passierte immer wieder, wie er aus seiner Zeit beim FBI wußte. Urplötzlich taucht zum Beispiel ein Wachtmeister auf, ein Fußgänger oder eine Funkstreife patroulliert und setzen einem perfekt geplanten Bankraub ein Ende. Oder in der Phase nach der Tat: Ein zufällig dabeistehender Passant erinnert sich
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