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10 - Operation Rainbow

10 - Operation Rainbow

Titel: 10 - Operation Rainbow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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die Fassade eines benachbartes Bankhauses, den Kragen hochgeschlagen, Hut tief ins Gesicht gedrückt - vor der abendlichen Kälte, gewiß, aber auch, um nicht aufzufallen. Man konnte nicht vorsichtig genug sein - das hatten Ernst Model und seine drei »Genossen« nicht begriffen.
    Dr. Bellow analysierte unterdessen die mitgeschnittenen Telefonate und polizeibekannten Fakten über Ernst Johannes Model. Der Mann war ein Soziopath mit ausgeprägter Gewaltbereitschaft. Man verdächtigte ihn mehrerer Morde und einiger gemeinschaftlich verübter Attentate. Guttenachs Persönlichkeit war weniger intellektuell, doch ansonsten ganz ähnlich strukturiert; die beiden anderen unbekannt. Richter, der ihnen entkommen war, hatte - was Dr. Bellows These bestätigte - mitansehen müssen, wie Model das erste Opfer eigenhändig getötet hatte, durch Schuß in den Hinterkopf aus nächster Nähe. Anschließend hatte er Richter befohlen, die Leiche hinauszuschaffen. Beides war ein Fehler gewesen, der Gewaltakt und seine anschließende Demonstration vor den Augen der Polizei... Aus alledem ergab sich eine verhängnisvolle Motivlage. Bellow schaltete den Sprechfunk ein.
    »Bellow an Chavez.«
    »Ja, Doc. Hier Ding.«
    »Die Analyse ist in groben Zügen fertig.«
    »Großartig. Seid ihr alle auf Empfang, Leute?« Es folgte ein Stimmengewirr einander überschneidender Reaktionen. »Klar, Chef.«
    »Na schön, Doc, schießen Sie los!«
    »Das Wichtigste vorweg - dieser Anschlag folgt keinem wohldurchdachten Plan. Das ergibt sich aus dem Profil des mutmaßlichen Anführers Ernst Johannes Model: Nationalität deutsch, Alter 41, ehemals Angehöriger der Baader-Meinhof-Gruppe. In Zwangslagen oder bei Mißerfolgen neigt der Mann zu Jähzorn und unbeherrschten Gewaltausbrüchen. Wenn er androht, Geiseln zu töten, haben wir allen Grund zur Annahme, daß er nicht blufft. Sein momentaner Geisteszustand ist als äußerst, wiederhole, äußerst risikobereit einzuschätzen. Er weiß, daß sein Unternehmen bereits gescheitert ist. Er weiß ebenso, wie verschwindend gering die Chance ist, davonzukommen. Die Geiseln sind sein einziger Trumpf, den er rücksichtslos ausspielen wird. Mit dem Stockholm-Syndrom ist in dieser Situation nicht zu rechnen; dafür sind die soziopathischen Züge bei Model zu ausgeprägt. Auch Verhandlungen halte ich für wenig aussichtsreich. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es noch im Laufe der Nacht oder morgen zu einem Befreiungsschlag kommen müssen.«
    »Sonst noch was?« fragte Chavez.
    »Im Moment nicht«, gab Dr. Bellow zurück. »Die weitere Entwicklung werde ich mit den hiesigen Einsatzkräften durchgehen.«

    ***

    Noonan hatte einige Zeit darauf verwandt, die richtigen Instrumente zu wählen; jetzt schlich er geduckt an der Außenfassade des Bankhauses entlang, unterhalb der Fenster. Bei jedem einzelnen hielt er an und reckte langsam und vorsichtig den Hals, um nachzusehen, ob die Jalousien einen Blick ins Innere erlaubten. Die zweite Fensterscheibe war noch die günstigste; dort installierte Noonan ein winziges Kameraauge. Es handelte sich um eine Linse, ungefähr geformt wie ein Schlangenkopf, mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern. Sie war mit Glasfaserkabel angeschlossen; die Kamera stand in ihrem schwarzen Koffer um die Ecke. Eine zweite Linse konnte er im unteren Drittel des Eingangs anbringen, bevor er sich wieder entfernte, mühsam auf allen vieren bis zu einer Stelle kriechend, wo er sich gefahrlos aufrichten durfte. Anschließend wanderte er rings um den gesamten Block, um dieselbe Prozedur an der Rückfront des Gebäudes zu wiederholen. Dort konnte er drei Kameraaugen plazieren, eine am Hintereingang, zwei an Fenstern, wo die Vorhänge ein winziges Stück kürzer waren, als sie sein sollten. Außerdem hinterließ er Richtmikrophone, um gegebenenfalls Stimmen oder Geräusche einzufangen. Die großen, verspiegelten Fenster dürften einen guten Resonanzboden abgeben, dachte er, allerdings wurden dadurch die Außengeräusche mitverstärkt und ebenfalls übertragen.
    Während dieser Zeit unterhielten sich die Fernsehteams mit dem Einsatzleiter vor Ort, der immer wieder betonte, wie ernst man diese Terroristen nehmen müsse. Dr. Bellows hatte ihn ermuntert, in respektvollem Ton von ihnen zu sprechen. Mit einiger Sicherheit verfolgten sie die Sendung im Innern; ihr Selbstbewußtsein zu stärken, konnte dem Team im Augenblick nur nützlich sein. Überdies wurden sie dadurch von Tim

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