10 - Operation Rainbow
Polizist nicht gerade begeistert war, Verstärkung von auswärts zu bekommen, um im eigenen Land Recht und Ordnung durchzusetzen, war durchaus verständlich. Sie galten nun mal als die legendären Wundermänner aus Dover, als die sie angepriesen wurden, damit mußte er sich abfinden. Es dämmerte Ding allmählich, daß die Glaubwürdigkeit von Operation Rainbow auf seinen Schultern lag. Es graute ihm vor der Peinlichkeit, sein Team, sein Vaterland und auch noch den eigenen Schwiegervater zu enttäuschen. Flüchtig musterte er die Truppe. Eddie Price, der wohl Gedanken lesen konnte, zeigte ihm stumm den hochgereckten Daumen. Immerhin, dachte Chavez, wenigstens einer ist überzeugt, daß wir es schaffen können. Vor Ort sah alles anders aus - das hatte er im Dschungel und in den Bergen Kolumbiens gelernt, und je näher man der Feuerlinie kam, desto größer die Überraschung. Im Nahkampf gab es keine Lichtschranke, die mitzählte, wer gefalle'n war, da floß echtes Blut. Wenigstens waren seine Leute erstklassig gedrillt und qualifiziert, und das traf ganz besonders auf Hauptfeldwebel Edward Price zu.
Ding blieb nur noch übrig, sie in die Schlacht zu führen.
***
Der Kleinbus parkte an einem Gymnasium hinter dem Bankgebäude und entließ Team-2 auf den Schulhof, der von einem Dutzend Uniformierter abgeriegelt war. Im Umkleideraum machten sich die Männer kampffertig und kehrten in die Turnhalle zurück, wo Roebling mit einer zusätzlichen Montur auf sie wartete: Pullover, schwarz wie ihr Kampfanzug, auf denen vorn und hinten POLIZEI stand. Die Buchstaben glitzerten golden statt im üblichen fluoreszierenden Gelb. Eine Schweizer Modefarbe? Chavez konnte gar nicht darüber lachen.
»Danke«, sagte er laut. Daß er seinen Gefühlen nicht Luft machte, sollte sich noch als nützlich erweisen. Anschließend kehrten sie in den Kleinbus zurück und legten die letzte Strecke zurück. Er setzte sie an einer Ecke der Bank ab, wo sie weder von den Terroristen noch von Fernsehkameras entdeckt werden konnten. Die Scharfschützen Johnston und Weber wurden zu ihren vorbereiteten Stellungen geführt, von denen eine an der Rückfront des Bankhauses , die andere genau gegenüber vor dem Eingang lag. Beide richteten sich ein, klappten ihre Stative auf und nahmen das Objekt in Augenschein.
Ihre Gewehre waren so individuell wie die Schützen. Weber benutzte eine Walther WA2000 mit Winchester-Magnum-Patronen, Kaliber 300. Johnstons Waffe war maßgeschneidert; er konnte die nur wenig kleinere, aber schnellere 7mm-Magnumpatrone benutzen. Beide schätzten Entfernung und mögliche Zielpunkte ab, stellten die Visiere darauf ein und kauerten sich auf die mitgebrachten Schaumgummimatten. Zunächst galt es nur zu beobachten, Informationen zu sammeln und Bericht zu erstatten.
Dr. Bellow fühlte sich unbehaglich in seiner schwarzen Kluft mit kugelsicherer Weste und POLIZEI -Pullover, doch auf diese Weise konnte er wenigstens nicht von Medizinerkollegen erkannt werden, die zufällig den Fernsehbericht verfolgten. Der ähnlich ausstaffierte Noonan stellte seinen Laptop auf, ein Apple-Powerbook, und musterte den Grundriß des Gebäudes, den er graphisch bearbeiten wollte. Die Ortspolizei hatte erstklassige Vorarbeit geleistet. Nach kaum dreißig Minuten hatte er Zugriff auf eine detaillierte elektronische Karte des Objekts. Sie enthielt wirklich alles - außer der Tresorkombination, wie er stillvernügt dachte. Dann montierte er das Übertragungskabel und fütterte drei weitere mitgebrachte Computer mit den Bilddateien.
Chavez, Price und Bellow trafen unterdessen mit dem Einsatzleiter am Tatort zusammen. Man begrüßte sich, schüttelte Hände. In seinen eigenen Fahndungscomputer legte Price die CD-ROM mit Bildern aller bekannten Terroristen ein, die je fotografiert worden waren.
Der Mann, der die Leiche nach draußen geschleppt hatte, war ein gewisser Hans Richter, ein Deutscher aus Bonn, der in der Schweiz eine Handelsfiliale seiner Firma betreute.
»Haben Sie die Gesichter gesehen?« wollte Price wissen.
»J-ja«, nickte der andere bebend. Es war kein guter Tag für Herrn Richter gewesen. Price rief die Datei der deutschen Terrorszene auf und zeigte ihm Gesichter auf dem Bildschirm.
»Ja, ja! Der da. Das ist ihr Anführer!«
»Sind Sie sicher?«
»Doch. Bestimmt.«
»Ernst Model, ehemals Rote-Armee-Fraktion, 1989 untergetaucht, Aufenthalt unbekannt«, las Price vor. »Bislang werden ihm vier Aktionen angelastet, drei endeten
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