10 - Operation Rainbow
Abenddämmerung hatte noch nicht eingesetzt, bis dahin war es noch eine knappe Stunde hell. Und sein Pferd, das den ganzen Tag ausgeruht und gefressen hatte, ließ sich seine Zuwendung gern gefallen. Im übrigen hatte er der Stute wieder einen Apfel mitgebracht, und sie schien ihn zu genießen wie ein Mann sein erstes Glas Bier nach einem langen Arbeitstag.
Jeremiah, Hunnicutts Appalousahengst, war kleiner als Buttermilk, wirkte aber viel kräftiger. Ein merkwürdiges Tier, dessen hellgraues Fell von den Hinterläufen bis zum Hals mit vollendet gleichmäßigen kohlschwarzen Flecken übersät war - man nannte sie deswegen Decken-Appalousas. Foster Hunnicutt trat heran, den großen Westernsattel geschultert, den er seinem Pferd über den Rücken warf und unter dem Bauch festschnallte. Seine letzte Vorbereitung bestand darin, den Colt umzugürten, wie Popov bemerkte, dann trat er in den Steigbügel und schwang sich empor. Jeremiah, der Hengst, ließ sich sichtlich gern reiten. Mit seinem Herrn auf dem Rücken wirkte er wie ausgewechselt, warf stolz den Kopf hoch und zuckte mit den Ohren, als lausche er auf ein Kommando. Das kam auch, in Gestalt eines Schnalzens, und dann verließen Pferd und Reiter den Stall, gefolgt von Popov auf Buttermilk.
»Ein edles Tier haben Sie, Foster.«
»Das beste meines Lebens«, versicherte der Jäger. »Apps sind richtige Allroundpferde. Sie kommen von den Nez-Perce-Indianern. Diese urtümlichen Westernpferde - ihre Vorfahren haben die Spanier hergebracht - wurden von ihnen gefangen und gezähmt. Dann lernten die Nez Perce die Araberrasse hervorzuzüchten, von der sie ursprünglich abstammten, und das Egebnis sehen Sie ja!« Hunnicutt langte herab und^klopfte seinem Pferd liebevoll den Hals, was dem Tier zu gefallen schien. »Das beste Pferd weit und breit ist der Appalousa, wenn Sie mich fragen. Klug, treu und gesund, nicht so sprunghaft wie die Araber, und dazu auch noch verdammt hübsch. Besonders hervorstechende Talente haben sie nicht, aber dafür sind sie rundum gut. In den Bergen kommen Sie überall mit ihnen durch. Jeremy hier ist ein großartiges Jagd- und Zugpferd. Wir waren schon oft im Gebirge hinter Elchen her. Er hat sogar mein Gold entdeckt.«
»Hör ich recht? Gold?«
Hunnicutt lachte. »Meine Goldader oben in Montana. Ursprünglich war dort eine Viehranch, aber die Berge sind für die Rinder zu steil. Jedenfalls entspringt auf dem Gelände ein Bach im Gebirge. Eines Nachmittags wollte ich Jeremiah zur Tränke führen, und als er sich bückte, sah ich etwas glänzen - kapiert?« Hunnicutt reckte sich. »Gold war's. Ein großer Klumpen Gold und Quarz - das ist die beste geologische Formation für Gold, Dmitrij. Ich möchte vermuten, daß ich ein ganz ansehnliches Vorkommen davon auf meinem Grundstück habe. Wie groß, weiß ich selbst nicht, und jetzt ist es sowieso egal.«
»Egal?« Popov fuhr im Sattel herum und musterte seinen Gefährten. »Seit tausend Jahren und mehr bringen sich die Menschen gegenseitig um für Gold, Foster.«
»Bald nicht mehr, Dmitrij. Das wird aufhören - vielleicht für immer.«
»Aber warum? Und wie?« wollte Popov wissen.
»Wissen Sie denn nichts von unserem Projekt?«
»Doch, schon - ein wenig. Nicht genug, um zu verstehen, was Sie meinen!«
Darf das wahr sein , dachte der Jäger. »Mit der Menschheit, wie wir sie kennen, Dmitrij, ist es dann ein für allemal vorbei.«
»Aber...«
»Haben sie dir das nicht gesagt, mein Sohn?«
»Nein, Foster. Darüber nichts. Können Sie mich aufklären?«
Warum nicht, dachte Hunnicutt. Die Olympiade war fast vorbei. Was soll's! Dieser Russe hatte ein Herz für Tiere und verstand was vom Reiten, außerdem hatte er für John Brightling verdammt heikle Aufträge erledigt.
»Es nennt sich Shiva«, holte er aus und begann zu erzählen.
Popov merkte, daß er wieder seine professionelle Miene zur Schau tragen mußte. Er lauschte angestrengt, ohne seine Gefühle preiszugeben, und es gelang ihm sogar, dem wachsenden Entsetzen zum Trotz, ein maskenhaftes Lächeln aufzusetzen.
»Aber wie wird es verbreitet?« fragte er, als Hunnicutt geendet hatte.
»Wissen Sie, John hat auch eine Firma, die für ihn arbeitet. Global Security - der Chef heißt Henriksen.«
»Den kenne ich. Früher war er beim FBI...«
»Ach ja? Ich wußte, daß er Bulle war, aber Bundespolizist?
Jedenfalls hat seine Firma den Beratervertrag bei den Australiern wegen der Olympiade gekriegt. Einer von Bills Leuten soll Shiva dort
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