10 - Operation Rainbow
Schulter und gab sich Mühe, Ruhe zu bewahren. Auch jetzt noch, wo die Massen das Stadion verließen, wurden sie mit Shiva in winzigen Tröpfchen besprüht. Bill mochte recht behalten - da war sicher nichts schiefgegangen. Er konnte es sich schon ausmalen: leere Straßen und Autobahnen, brachliegende Bauernhöfe, geschlossene Flughäfen... Die Bäume, nicht länger von der Axt bedroht, würden in den Himmel wachsen, Rehe witternd umherstreunen und sich wohl manchmal wundern, wo der Lärm der Zweibeiner abgeblieben war. Ratten und anderen Aasfressern standen wahre Festmähler bevor; Hunde und Katzen entdeckten ihre Urinstinkte, um zu überleben oder auch nicht, je nach den herrschenden Umständen. Wiederkäuer und Raubtiere brauchten keine Nachstellungen mehr zu fürchten. In den Wäldern ausgelegte Giftköder würden sie wohl noch eine Zeitlang gefährden, aber irgendwann war auch der letzte Giftvorrat erschöpft, dann konnten Jäger, Bauern und andere Tierfeinde dem verhaßten Wild nichts mehr anhaben. Mit dem Abschlachten von Seerobbenbabys, ihrer begehrten weißen Fellchen wegen, war es vorbei.
Es war das Jahr, in dem die Erde neu geboren wurde... und wenn diese Wiedergeburt sich auch nicht ohne Gewalt vollzog, so war es diesen Preis doch wert, jedenfalls für diejenigen, die Vernunft und Liebe zur Natur mitbrachten. Brightling und seine Leute verehrten die Natur mit religiöser Inbrunst. Ihr Kult beinhaltete alles, was zur Religion gehört. Sie huldigten einem großen kollektiven Organismus, den sie »Natur« nannten. Ihr zuliebe hatten sie diesen Kampf geführt - im Bewußtsein, ihrerseits von der Natur, die sie beschützte und ernährte, wiedergeliebt zu werden. Alles war so einfach. Die Natur stellte nach ihrer Meinung, wenn schon keine Person, so doch eine gewaltige, allumfassende Ideenmacht dar, die alles Schöne, Gute, Wahre und Liebenswerte hervorbrachte und erhielt. Und war es denn so ungewöhnlich, wenn Menschen ihr Leben einer Idee weihen?
***
»Wie lang ist es bis Hickam?«
»Noch zehn Stunden, hat mir der Crewchef gesagt«, antwortete Pierce und blickte auf die Uhr. »Hier kommt man sich vor wie damals im Acht-Zweier. Am liebsten hätte ich meinen Fallschirm dabei, Tim!« erklärte er Noonan.
»Wovon redest du?«
»Vom 82. Luftwaffenregiment in Fort Bragg. Dort trug ich meine erste Uniform. Ist schon 'ne ganze Weile her, Süßer«, belehrte Pierce das Zivilistenjüngelchen vom FBI. Die Fallschirmspringerei vermißte er sehr, doch in einer Eingreiftruppe wie Rainbow gehörte das nicht zur Routine. Sich vom Hubschrauber abzuseilen war viel leichter zu organisieren, und auf jeden Fall sicherer. Aber ihm fehlte dabei der Kick, den ein gemeinsamer Sprung mit den Kameraden aus dem Transportflieger brachte. »Wie findest du das, was die da mit uns vorhatten?« fragte Pierce und deutete auf Gearing.
»Vor allem finde ich unfaßbar, daß es wahr ist.«
»Verstehe«, nickte Pierce. »War einem lieber, wenn keiner so verrückt ist, daß er sich sowas ausdenkt. Die bloße Vorstellung geht mir über den Verstand.«
»Über meinen auch, kannst du mir glauben«, gab Noonan zurück. Er tastete nach dem Mini-Recorder in seiner Tasche und überlegte, ob sich die Aufnahme vor Gericht verwerten ließ. War er auf legale Weise an das Geständnis gekommen? Über seine Rechte hatte er den Kerl genauestens informiert, und Gearing behauptete, alles verstanden zu haben. Trotzdem konnte jeder halbwegs tüchtige Rechtsanwalt all das über den Haufen werfen. Es reichte der Hinweis, das Geständnis sei an Bord eines Militärfliegers vor schwerbewaffneten Männern abgelegt worden, in einer Situation also, in der man sich mit Fug und Recht »unter Zwang« fühlen durfte. Mag sein, daß ein Richter diesem Einwand stattgeben oder bereits die Verhaftung für illegal erklären würde. Doch für Noonan war das letztendlich nicht so entscheidend wie das Ergebnis. Wenn Gearing die Wahrheit sprach, hatte diese Festnahme Milliarden von Menschen das Leben gerettet... Er begab sich in den Funkraum des Fliegers, wählte sich in das Sicherheitssystem ein und rief New York an.
Clark schlief tief und fest, als das Telefon schrillte. Er griff nach dem Hörer und knurrte »Ja?«, doch statt einer Antwort meldete sich das Entschlüsselungsprogramm. Sekunden später gab das Signal die Verbindung frei. »Was ist los, Ding?«
»Tim Noonan ist am Apparat, John. Ich wollte Sie etwas fragen.«
»Was denn?«
»Was wird, wenn wir einmal da
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