10 - Operation Rainbow
fordern? Der einzige US-Reaktor vom selben Typ wie Tschernobyl - weniger ein Energieproduzent als dafür eingerichtet, atomwaffentaugliches Plutonium (Pu-239) zu produzieren, Stoff für das schlimmste Spielzeug, das sich kriegslüsterne Männer je ausgedacht hatten. Es gab schon wieder Störfälle in Hanford. Die Lecks im Kühlsystem waren rechtzeitig entdeckt worden, bevor die austretende Flüssigkeit das Grundwasser vergiftete. Der chemische Cocktail in diesen Tanks war hochgradig ätzend, und zugleich tödlich giftig, und radioaktiv - aber auch davor würde der Präsident Augen und Ohren verschließen.
Die Argumente gegen Hanford waren wissenschaftlich fundiert, selbst Red Lowell sorgte sich deshalb - aber er wollte ein neues Hanford bauen! Das würde selbst dieser Präsident nicht billigen.
Mit diesem Gedanken tröstete sich Dr. Brightling, als sie den Kaffee einschenkte und im Early Bird blätterte, bevor sie sich an ihr Gutachten für den Präsidenten setzte.
***
»Wer waren die Täter Ihrer Meinung nach, Mr. Henriksen?« wollte der Moderator wissen.
»Wir wissen nicht viel über Ernst Model, den mutmaßlichen Anführer. Model gehörte einst der Baader-Meinhof-Gruppe an, dem berüchtigten Terrorkommando, das Deutschland in den siebziger Jahren unsicher machte. Rund zehn Jahre war dieser Mann untergetaucht; es wäre von größtem Interesse für die Welt, zu erfahren, wo er sich verborgen hielt.«
»Haben Sie selbst eine Akte über Model angelegt, als Sie noch beim Geiselrettungsteam des FBI tätig waren?«
Er untermalte die knappe Antwort mit einem Lächeln. »Das versteht sich von selbst. Allerdings wird die Akte Model nunmehr archiviert...«
»War es also ein terroristischer Überfall - oder nur ein Bankraub?«
»Das läßt sich anhand der vorliegenden Berichte noch nicht abschließend feststellen, aber Geldgier als Motiv würde ich keineswegs ausschließen. Man vergißt allzuleicht, daß Terroristen ebenso für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen wie wir alle! Für die Finanzierungskriminalität politisch motivierter Täter gibt es zahlreiche Beispiele. Nehmen wir nur die CSA hier in Amerika - Covenant, Sword and Arm of the Lord, wie sie sich selbst nennen. Die haben geradezu vom Bankraub gelebt. In Deutschland hat die RAF bei Entführungen Geld von den Opfern und Angehörigen erpreßt.«
»Für Sie waren das also ganz normale Kriminelle.«
Er nickte und setzte ein undurchdringliches Gesicht auf. »Terrorismus ist ein Verbrechen. Das ist die Auffassung des FBI, die auch ich vertrete. Und die vier von gestern, die bei der Befreiungsaktion der Schweizer Polizei ums Leben gekommen sind, waren Kriminelle. Ihr Pech, daß sich die Schweiz offenbar eine erstklassige, professionell trainierte Anti-Terror-Einheit leisten kann.«
»Wie bewerten Sie diesen Einsatz?«
»Gut. Sehr gut sogar. Nach den Fernsehaufnahmen zu schließen, wurde kein Fehler gemacht. Alle Geis eln sind gerettet, die Verbrecher konnten rechtzeitig ausgeschaltet werden. Das ist bei einer Ausgangssituation wie dieser schon ein Volltreffer. Hätte man die Terroristen lebend gefaßt, wäre es ideal gewesen, aber das ist nicht immer möglich. In solchen Fällen hat die Unversehrtheit der Geiseln absoluten Vorrang.«
»Aber haben nicht auch Terroristen ein Recht auf...«
»Im Prinzip ja, natürlich. Sie können dieselben Rechte in Anspruch nehmen wie jeder andere Verbrecher. Das betonen wir auch bei den FBI-Schulungen immer wieder, und als Gesetzeshüter strebt man in erster Linie danach, sie zu verhaften, vor ein ordentliches Gericht zu stellen und zu verurteilen. Aber wir wollen doch nicht vergessen, daß Geiseln unschuldige Opfer sind, und ihr Leben nur auf dem Spiel steht, weil sie den Subjekten in die Hände fielen. Denen kann man also das Angebot machen, freiwillig aufzugeben - und wird sich immer bemühen, sie zu entwaffnen. Aber in der Mehrzahl der Fälle können wir uns diesen Luxus nicht leisten«, fuhr Henriksen fort. »Nach allem, was ich im Fernsehen erkennen konnte, verhielt sich die Schweizer Eingreiftruppe nicht anders als jene, die wir in Quantico ausgebildet haben. Der gezielte Todesschuß kann immer nur letztes Mittel sein - aber wenn notwendig, ist sein Einsatz geboten.«
»Wer entscheidet denn, ob es notwendig ist?«
»Der Befehlshaber vor Ort wird nach seiner Ausbildung, Erfahrung und Kenntnis diese Entscheidung treffen müssen.« Und dann , setzte Henriksen den Gedanken stillschweigend fort, machen
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