10 - Operation Rainbow
PAL-Abwehrsystems gewesen. Seine Leiche fand man später, eingeschneit in den bayerischen Alpen, wo er anscheinend verunglückt war. Diesen Sachverhalt erfuhr die GRU von Agentenberichten aus dem NATO-Hauptquartier.
»Was wollen Sie denn in Erfahrung bringen?« erkundigte sich Petra Dortmund.
»Elektronische Paßwörter, die Eingang in internationale Handelssysteme verschaffen.«
»Sie sind also ein gewöhnlicher Dieb geworden«, fragte Hans, während Petra gellend lachte.
»Ein recht ungewöhnlicher Dieb ist mein Auftraggeber. Wenn wir eine sozialistische, fortschrittliche Alternative zum Kapitalismus schaffen wollen, benötigen wir eine solide Finanzgrundlage - und eine gewisse Unsicherheit im kapitalistischen Nervensystem, nicht wahr?« Popov hielt einen Augenblick inne. »Sie wissen, wer ich bin. Und Sie wissen, wo ich früher beschäftigt war. Glauben Sie etwa, ich hätte das Vaterland der Werktätigen vergessen? Oder meinen Glauben verraten? Mein Vater hat bei Stalingrad und Kursk gekämpft. Er wußte, was das heißt: sich zurückziehen, Niederlagen hinnehmen - und doch nie aufgeben! Niemals!« rief Popov hitzig. »Weshalb, glauben Sie, riskiere ich wohl mein Leben? Die Konterrevolutionäre in Moskau dürften an meiner Mission wenig Ge fallen finden - aber sie sind nicht die einzige politische Kraft in Mütterchen Rußland!«
»Tja, wenn das so ist«, lenkte Petra Dortmund ein. Ihre Miene wurde ernst. »Sie geben noch nicht alles verloren?«
»Wer hat denn behauptet, es gebe beim Siegeszug des Humanismus keine Rückschläge? Richtig ist, daß wir vom geraden Weg abgekommen sind. Ich hab die Korruption in der Führung selbst erlebt beim KGB. Das ist es, was uns zum Verhängnis geworden ist, nicht der Westen! Ich habe noch als Offizier gesehen, wie Breschnews Tochter den Winterpalast geplündert hat bei ihrem Hochzeitsempfang. Als wäre sie Großherzogin Anastasia höchstpersönlich! Unsere Funktion beim KGB war, vom Westen zu lernen, seine Ränke und Geheimnisse auszuforschen, aber unsere Nomenklatura hat nur die Korruption übernommen. Diese bittere Lektion haben wir gelernt, meine Freunde, in mehr als einer Hinsicht. Entweder ist man Kommunist oder nicht. Entweder ist man überzeugt oder nicht. Und man handelt im Einklang mit seiner Überzeugung, oder läßt es bleiben.«
»Sie verlangen, daß wir allerhand aufgeben«, gab Hans Fürchtner zu bedenken.
»Dafür erhalten Sie angemessenen Ersatz. Mein Auftraggeber...«
»Und wer wäre das?« wollte Petra wissen.
»Das dürfen Sie nicht wissen«, gab Popov seelenruhig zurück. »Sie denken immer nur an Ihr Risiko. Was ist denn mit meinem? Was meinen Auftraggeber betrifft, dessen Identität dürfen Sie nicht kennen. Operative Sicherheit hat absoluten Vorrang. - Das sollten Sie doch am besten wissen«, erinnerte er. Sie nahmen den milden Rüffel erwartungsgemäß gutwillig auf. Diese beiden Narren waren gläubige Jünger, ebenso wie Ernst Model, wenn auch ein bißchen intelligenter und bedeutend tückischer. Das hatte der unglückselige Amerikaner erfahren müssen, der vermutlich schockiert in die immer noch lieblichblauen Augen Petra Dortmunds gestarrt hatte, als sie seine Knochen mit dem Hammer zerschmetterte.
»Nun gut, Josef Andrejewitsch«, erwiderte Hans - sie kannten Popov nur unter einem seiner vielen Decknamen, in diesem Fall J. A. Seroff. »Wann sollen wir Ihrer Meinung nach losschlagen?«
»So rasch wie möglich. Ich rufe Sie in einer Woche an und frage nach, ob Sie willens sind, die Mission zu übernehmen, und...«
»Wir sind willens«, versicherte Petra. »Aber wir müssen uns erst darauf einrichten.«
»Dann erkundige ich mich in einer Woche nach Ihrem Zeitplan. Vier Tage werde ich brauchen, um meine Vorbereitungen zu treffen. Was uns zusätzlich Sorgen macht, sind die US-Flugzeugträger im Mittelmeer. Im westlichen Mittelmeerraum läßt sich die Mission nicht durchführen, weil man von dort den Flug per Radar verfolgen kann. Ein Scheitern unserer Mission dürfen wir nicht riskieren, meine Freunde.« Anschließend verhandelten sie über den Preis. Besonders hart wurde es nicht. Hans und Petra kannten Popov noch aus alten Zeiten und setzten persönliches Vertrauen in seine Redlichkeit.
Zehn Minuten später verabschiedete sich Popov händeschüttelnd und fuhr mit dem Mietwagen, diesmal einem BMW, südwärts zur österreichischen Grenze. Die Strecke war frei, die Landschaft ringsum bezaubernd, und Dmitrij Arkadejewitsch mußte sich
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