10 - Operation Rainbow
»Nicht schlimm, er nimmt Aspirin dagegen. - Hat sich vor vierzehn Tagen die Knöchel verknackst, als er sich vom Hubschrauber abseilte«, fügte er zu Dings Information hinzu.
Verdammte Tminingsunfälle , dachten alle, ohne es auszusprechen. Das gehörte zu den Nachteilen ihres Jobs. Die Teilnehmer der Operation waren aus den unterschiedlichsten Gründen rekrutiert worden, nicht zuletzt wegen ihrer brutalen Ellbogennatur. Jeder der Männer glaubte, mit allen anderen im Wettstreit zu stehen, und alle zusammen schoben sie die Belastungsgrenze immer weiter hinaus. Das sorgte immer wieder für Kratzer und Schrammen; es war ein Wunder, daß noch keiner von ihnen ins Lazarett eingeliefert werden mußte. Das kam noch früh genug. Und diese Seite ihres Charakters würden sich die Rainbow-Männer ebensowenig abschleifen, wie sie aufs Atmen verzichten konnten; an Ehrgeiz standen sie Olympiasportlern in nichts nach. Entweder war man der Allerbeste oder gar nichts. Schon deshalb konnte jeder Einzelne seine vierhundert Meter in 50 bis 60 Sekunden laufen und das in Springerstiefeln statt in Turnschuhen. Theoretisch war das auch sinnvoll. In der Kampfsituation konnte eine halbe Sekunde über Leben und Tod entscheiden - schlimmer noch, nicht nur den eigenen, sondern den Tod von Unbeteiligten, Geiseln, jener Personengruppe, zu deren Schutz und Rettung man doch angetreten war. Covington und sein Team-1 hatten noch drei Tage Dienst vor sich, bis Chavez wieder an der Reihe war.
»Dir gefällt das SWAT-Programm nicht, hört man«, bemerkte Chin.
»Nicht besonders. Die Planungssituation läßt sich ja einigermaßen simulieren, der Befreiungsschlag selbst weniger.«
»Wir benutzen das seit Jahren«, widersprach Covington.
»Im Vergleich mit früher ist viel nachgebessert worden!«
»Ich ziehe lebende Ziele und MILES-Ausrüstung vor«, gab Chavez zurück, womit das Trainingssystem des US-Militärs gemeint war, bei dem alle Soldaten Laserempfänger am Leib trugen.
»Das eignet sich mehr für Fernziele als beim Nahkampf«, beharrte Peter.
»Dafür haben wir's nie benutzt«, räumte Ding ein. »Aber in der Praxis ist es doch so: Wenn wir nah dran sind, haben wir schon verloren. Unsere Jungs schießen nicht so oft daneben!«
»Stimmt auch wieder.« Covington nickte. Im selben Augenblick hörten sie das Krachen von Gewehrfeuer. Rainbow-Gewehrschützen übten am Tausend-Meter-Stand und hatten gewettet, wer am genauesten t rifft. Führend war gegenwärtig Homer Johnston, Dings Zwei-Einser-Schütze, der etwa drei bis vier Millimeter besser war als Sam Houston, Covingtons führender Mann am Gewehr. Auf fünfhundert Meter konnten beide zehn Kugeln hintereinander durch ein Fünf-Zentimeter-Loch jagen, das bedeutend kleiner war als der menschenähnliche Kunstkopf, den sie mit ihren Hohlkörperpatronen zum Platzen brachten. Bemerkenswert war, daß im Wochendurchschnitt alle Rainbow-Männer zwei Fahrkarten schössen, meist mit der Ausrede, sie seien am Schießstand über irgendwas gestolpert. Bloß die Gewehrschützen trafen nie daneben. Allerdings bestand ihre Aufgabe gar nicht darin, auf Distanz zu feuern, sie sollten vielmehr so nah wie möglich herankommen. Wichtiger war, daß sie eine zeitlich genau festgelegte Entscheidung trafen, vorrückten und die Täter unschädlich machten. Dabei vertrauten sie in erster Linie auf Dr. Paul Bellows Rat. So spannend es sich ausnahm, die tägliche Schießerei war rein technisch und operativ gesehen ein Klacks. .
»Gibt's was Neues an der Nachrichtenfront?« erkundigte sich Covington.
»Ich wollte grad mal rüber, Peter. Glaub's aber nicht.« Beide Teamchefs mußten an dasselbe denken. Was immer die Bösewichter Europas aushecken mochten, auch sie hatten die Fernsehberichte vom Banküberfall in Bern verfolgt, und das sorgte wenigstens momentan für Ruhe.
»Dann mach's mal gut, Ding«, verabschiedete sich Covington, »ich muß die Nase noch ein wenig in die Akten stecken.«
Auch Chin warf seine Zigarre in den Rauchereimer und kehrte ins Haus zurück.
Chavez setzte seinen Weg fort zur Zentrale und erwiderte den militärischen Gruß der Ordonnanz, als er eintrat. Über die komische Art der Briten, zu salutieren, konnte er sich gar nicht einkriegen. Drinnen saß Major Bennett an seinem Schreibtisch.
»Hallo, Sam.«
»Guten Morgen, Ding. Kaffee gefällig?« Der Luftwaffenoffizier deutete auf seine Kanne.
»Nein danke. Brennt's irgendwo?«
Er schüttelte den Kopf. »Ruhiger Tag heute. Selbst bei
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