10 - Operation Rainbow
gerade zum Eingang unterwegs, als sich der Lieferwagen näherte und neben ihrem Wagen hielt. Die Türen zum Laderaum öffneten sich, und zwei Männer stiegen aus, in der Hand große braune Kartons. Einer bedeutete Hans und Petra, die Treppe zum Eingang zu nehmen, und Hans drückte den Klingelknopf. Einen Augenblick später ging die Tür auf.
»Guten Tag«, grüßte Hans. »Herr Ostermann erwartet uns.«
»Ihr Name?«
»Bauer«, gab Fürchtner an. »Hans Bauer.«
»Wir bringen die Blumen«, erklärte einer der beiden anderen Männer.
»Treten Sie ein«, erklärte der Butler, oder was immer er war.
»Ich sage Herrn Ostermann Bescheid.«
»Danke«, gab Fürchtner zurück und winkte Petra, ihm durch die reichgeschnitzte Tür zu folgen. Die Lieferanten kamen mit ihren Kartons hinterdrein. Der Butler schloß die Tür, dann wandte er sich dem Haustelefon zu. Den Hörer nahm er ab, drückte eine Taste und erstarrte.
»Bringen Sie uns doch gleich nach oben«, bat Petra. Eine Pistolenmündung zielte direkt auf ihn.
»Und was ist das?«
»Das«, erwiderte Petra behaglich lächelnd, »ist mein Terminkalender.« Die Waffe war eine Walther P-38 Automatik.
Der Butler schluckte hart, als er sah, wie die Lieferanten leichte Maschinenpistolen aus ihren Kartons holten und vor seinen Augen durchluden. Einer von ihnen öffnete die Tür und gestikulierte mit den Armen. Binnen Sekunden kamen zwei weitere, ähnlich bewaffnete Gesellen hinzu.
Fürchtner ignorierte die Neuankömmlinge und blickte sich um. Sie standen in einer geräumigen Eingangshalle. Gemälde schmückten die vier Meter hohen, holzgetäfelten Wände. Der Fußboden war heller, an den Rändern schwarzgemusterter Marmor, die Möbel im Empire-Stil. Wichtiger war, daß sich weit und breit keine Bediensteten zeigten, obwohl er von fern einen Staubsauber dröhnen hörte. Fürchtner zeigte zwei Männern den Weg nach rechts. Dort lag die Küche, wo mit Sicherheit Personal zu überwachen war.
»Wo hält sich Ostermann auf?« fragte Petra barsch.
»Er ist nicht hier, er...«
Sie hob die Pistole und richtete sie direkt auf sein Kinn. »Seine Wagen und der Hubschrauber stehen draußen. Raus mit der Sprache, wo ist er?«
»In der Bibliothek oben.«
»Na schön. Bring uns hin!« befahl sie. Der Butler sah ihr zum erstenmal in die Augen. Ihr Blick schüchterte ihn weit mehr ein als die Pistole in ihrer Hand. Er nickte und wandte sich der Haupttreppe zu.
Hier waren die Geländer vergoldet; Messingstangen hielten den roten, flauschigen Teppich auf den Stufen gerade, die sich in eleganter Rechtskurve ins Obergeschoß schwangen. Ostermann war ein wohlhabender Mann, ein Finanzmagnat, der sein Geld mit dem An- und Verkauf von Anteilen diverser Industriekonzerne verdiente, kein Unternehmer oder Eigentümer. Eher einer, der die Fäden zieht, dachte Petra Dortmund, eine Spinne im Netz, dessen Zentrum hier lag. Sie hatten es aus freien Stücken betreten; die Spinne konnte einiges von ihnen lernen über Netze und Fallen.
Weitere Gemälde hingen im Treppenhaus, größere, als sie je zustande gebracht hätte: Männergestalten, vielleicht jene, die dieses Bauwerk errichtet und bewohnt hatten, ein Monument der Gier und der Ausbeutung... Schon jetzt haßte sie seinen Besitzer, we il er auf so großem Fuß lebte und seinen Reichtum, den er auf Kosten der arbeitenden Volksmassen erworben hatte, so offen und verschwenderisch zur Schau stellte. Am oberen Treppenabsatz hing das riesige Ölporträt von seiner Exzellenz Kaiser Franz Josef, dem letzten seiner verrotteten Linie, der nur wenige Jahre vor den noch verhaßteren Romanoffs das Zeitliche gesegnet hatte. Der Butler, dieser Handlanger des Bonzen, wandte sich rechts und führte sie durch einen breiten Flur in eine weitere Halle ohne Türen. Drei Leute hielten sich hier auf, ein Mann und zwei Frauen, besser gekleidet als der Butler. Sie arbeiteten an Computern.
»D-das ist Herr Bauer«, verkündete der Butler mit zittriger Stimme. »Er wünscht Herrn Ostermann zu sprechen.«
»Haben Sie eine Verabredung?« fragte die Chefsekretärin.
»Sie bringen uns sofort hinein«, befahl Petra. Dann zeigte sie ihre Pistole, und die drei Leute im Vorzimmer unterbrachen ihre Arbeit. Blaß und mit offenen Mündern blickten sie zu den Eindringlingen empor.
Ostermanns Schloß war ein paar hundert Jahre alt, aber nicht ganz von gestern. Der männliche Sekretär hieß Gerhardt Dengler und war Assistent der Geschäftsführung. An der Unterkante seines
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