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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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ziehe die Pflänzchen der verschiedensten Sorten dann auf der Fensterbank und habe sie täglich erwartungsvoll im Auge. Wenn sie so weit gediehen sind, dass man die ersten Blattverzweigungen erkennen kann, streiche ich ganz leicht mit der Hand über die Winzlinge – der Duft, den sie dabei auf der Haut hinterlassen, weist sie schon als »ganz groß« aus. »Manufactum« hat einmal alte, vergessene Sorten angeboten – sie sind alle aufgegangen und schmeckten deliziös.
    Tomaten sind ein wundervolles, großartiges Gemüse. Allein dafür sollte man Kolumbus ein Denkmal setzen! Auf die »echten Strauchtomaten« und ihre Geschichte bin ich jetzt wirklich gespannt. Wenn ich sie doch nur jetzt gleich vor mir auf dem Teller hätte!
    Diese Art Zucht zu Hause sollte ich auch probieren. Jedes Mal, wenn ich richtig gute Tomaten genießen konnte, gab es sie ein bis zwei Mal. Dann ließ der Geschmack nach. Früher schmeckten die Kirschtomaten nach Tomaten, heute nicht mehr unbedingt. Ebenso war es mit den Strauchtomaten. Etliche alte Sorten kamen in den letzten zehn Jahren als »wilde Tomaten« auf den Markt und wurden oft von besonders engagierten Kleinbauern angebaut. Sorten, die sich gut verkauften, wurden dann von größeren Betrieben »aufgegriffen« – mit dem Resultat, dass sie wieder nicht schmeckten. Ein Abrüstungswettlauf in Sachen guter Geschmack: Biobauern machen eine Sorte populär, die Tomatenindustrie greift sie auf, der Geschmack bleibt auf der Strecke. Ich hoffe sehr, dass ich mich mit dieser Analyse täusche.
    Wenn ich lese, dass in Europa das Tomatenaroma durch Messungen des Zucker- und Säuregehalts sowie Geschmackstests ausgebildeter Tomatentester ermittelt wird, muss ich laut lachen. Haben die eigentlich Tomaten auf der Zunge? Noch dazu behauptet die Tomatenindustrie, dass unsere heutigen »Paradeiser« besser schmecken und intensivere Farben aufweisen würden. Der »bessere Geschmack« könnte daraus resultieren, dass heute nur wenige Menschen echten Tomatengeschmack erkennen – es gibt ihn ja kaum noch. Besonders die Sache mit der Farbe zeigt ein Kernproblem der modernen Nahrungsmittelwelt. Wir achten zu sehr darauf, wie etwas ausschaut, und nicht genug darauf, wie etwas schmeckt. »Das Auge isst mit«, sagte Großmutter, während sie ein Schnitzelchen mit etwas grüner Petersilie dekorierte. Aber wenn Lebensmittel nur noch für das Auge konzipiert werden, dann braucht sich niemand mehr über Klebefleisch, Analog-Käse und fades Obst oder Gemüse wundern. Es sieht ja alles sooo toll aus. Ich glaube auch nicht, dass die Tomaten auf Steinwolle nicht mehr existieren. Vielleicht sind sie nur aus den Schlagzeilen verschwunden.
    Richtig gute Tomaten habe ich selten auf dem Markt bekommen und noch seltener in guten Restaurants, selbst wenn sie über einen eigenen Garten verfügten. Einmal bekam ich einen Salat aus zwölf verschiedenen Sorten vorgesetzt, die alle vor meinem Haus wuchsen und zur Erntezeit unter permanenter Beobachtung standen, damit sie wirklich zum optimalen Reifezeitpunkt in der Küche landeten. Da gab es die etwas süßliche »Berner Rose«, die fleischige »Rinderherz-Tomate«, die feste, rote »Matador«, die gelbe, leicht säuerliche »banana leg« und die stachelige »Litchitomate«. Dazu kam die Sorte »Morelle de Balbis«, deren Strunk über so viele Stacheln verfügt, dass der Koch sie mit soliden Arbeitshandschuhen ernten musste. Ich werde diesen Tomatensalat nie vergessen. Schließlich werde ich ihn in diesem Leben wahrscheinlich kein zweites Mal genießen können. Aufgetischt wurde er in der sonnigen Provence, stilecht auf einer Sommerterrasse. Fast jedes Gericht mit Tomaten, das nicht zur Gattung der »Pizze« zählt, wird ja gern als »provenzalische Art« betitelt. Das war nicht immer so, denn natürlich sind die Paradeiser Einwanderer aus Mittel- und Südamerika. Professor Barbara Santich von der University of Adelaide, Australien, hat die Mühe auf sich genommen, das älteste Tomatenrezept Frankreichs zu suchen. Momentan ist der Rekordhalter die »Conserve de tomates« von 1795, niedergeschrieben von einer Pauline Barjavel aus Carpentras, also aus der Provence! Tomaten abwischen, aber nicht waschen, mit der Hand zerdrücken, in einen Topf geben und einen Tag köcheln lassen. Doch zuerst würzen. Durch ein feines Sieb streichen, Zimt und Gewürznelken hinzufügen und alles einkochen lassen, bis die Tomaten eine marmeladige Konsistenz annehmen. Keinerlei Flüssigkeit darf in der

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