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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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dicken Paste sichtbar sein. Am nächsten Tag wird die Tomatenpaste nochmals eingekocht und dann in kleinen Gläsern aufbewahrt. Eine Schicht Olivenöl oder geschmolzenes Fett »verschließt« die »Conserve de toma te«. »Ein kleiner Teelöffel reicht, gut verdünnt, für ein Ragout«, erklärt die Autorin.
    Weltrekordhalter ist Pauline mit ihren Tomatenkonserven freilich nicht. Vincenzo Corrado, ein italienischer Autor, widmet in »Il cuoco galante« von 1786 den Tomaten ein eigenes Kapitel. »Dei Pomodori« stellt 13 Rezepte gefüllter Tomaten vor. Tomatensauce wird zu Huhn, Kalbskopf, Eiern, Forelle, Stör und anderen Speisen gereicht.
    Die Rezeptsammlung der Amerikanerin Harriott Pinckney Horry von 1770 erwähnt eine ganz ähnliche Art wie Barjavel, Tomaten zu konservieren. Statt Zimt und Gewürznelken werden Pfeffer und Salz verwendet.
    »Nuevo Arte de cocina« von Juan Altamiros (1767) stellt Tomaten als Alternative zu Orangen- oder Zitronensaft vor. Die säuernde Wirkung fehlt den weitaus meisten heutigen Paradeisern aus den Supermärkten ebenso wie der pralle Wohlgeschmack. Schade.

Topinambur
    Um sie habe ich bisher immer einen großen Bogen gemacht. Süßkartoffeln geben mir das falsche Signal. Eine Kartoffel hat nicht süß zu sein – man stelle sich nur süße Bratkartoffeln vor! Und seit ich weiß, dass man Topinambur in der Homöopathie als Appetithemmer und Mittel zur Gewichtsreduzierung einsetzt, sehe ich mich in meinem Vorurteil bestätigt. Daran ändert auch nichts, dass man im Badischen Schnaps aus der Süßkartoffel brennt, den man dort wohl »Rossler« nennt, weil die Knolle in Süddeutschland ansonsten als Pferdefutter eingesetzt wird.
    Mein Mann kommt aus Baden. Dort kennt man sich mit der Knolle aus. Er erzählte mir, dass auch die Süßkartoffel ursprünglich aus Nordamerika kam, wo sie eine indianische Gemüsepflanze war: Angeblich half sie Auswanderern in Kanada, eine Hungersnot zu überstehen, worauf diese ein paar Knollen zurück in die europäische Heimat schickten, um das Wunder des Überlebens zu dokumentieren. So kam die Verwandte der Sonnenblume auch nach Paris, wo man ihr prompt einen falschen indianischen Namen gab; dort waren nämlich gerade brasilianische Ureinwohner zu Gast, die Topinambur allerdings gar nicht kannten. So kann es gehen. Gärtner sind auf Topinambur übrigens gar nicht gut zu sprechen: Die Pflanze wuchert wild wie Unkraut und nimmt im Nu allen anderen Pflanzen das Licht.
    Was habe ich bisher an Gaumengenüssen in Bezug auf Topinambur versäumt? Vielleicht liegt es an falschen Informationen oder am Mangel an den richtigen Rezepten?
    Ich denke, da kommt ein gewisser Mangel an Motivation hinzu, Topinambur einfach mal zu probieren. Die Knolle hat ja fast überall einen miesen Ruf. In Frankreich kennt die ältere Generation dieses Gemüse der Gattung Helianthus tuberosus als letzte Station vor dem Hungertod, etwa zu Kriegszeiten. Das passt zu den »Rosslern«. Nun ist die Topinambur-Wurzel ja keine Kartoffel. Vielmehr hat der ergiebigere Erdapfel sie im Laufe der Zeit von unseren Speiseplänen verdrängt. Im Englischen heißt die Knolle auch »Jerusalem-Artischocke«. Mit Jerusalem hat sie nichts zu tun, das Wort entstand durch eine Verballhornung des italienischen »Girasole« für Sonnenblumen. Schließlich sehen die Blüten der Pflanze dieser recht ähnlich. Aber zur Artischocke gibt es einen Bezug: Topinambur schmeckt »süßlich-artischockig« und ist kulinarisch äußerst vielfältig einzusetzen, ob roh, gebraten, frittiert oder gekocht. Tatsächlich kann sich jeder mit Gewinn von einigen der besseren Artischocken-Rezepte inspirieren lassen: Der große französische Koch Alain Dutournier hat einen »Kuchen« aus Topinambur und Entenleber, Schicht um Schicht aufeinandergestapelt, kreiert. Eine Topinamburcreme passt als leichte »Erdnote« z. B. zu Seeigeln mit ihrem kräftigen Jodgeschmack. Topinambur-Suppe verträgt sich bestens mit Schinkenbrühe. Pürierte Topinambur kommt von der Intensität des Aromas her weder Jakobsmuscheln noch schwarzen Trüffeln in die Quere. Das alles gehört mehr in den Bereich der großen Küche, doch man kann die vielfältige Knolle auch als vegetarisches Gericht mit Kastanien und Steinpilzen gratinieren oder mit gewürfelten weißen Rüben, Pastinaken und Kohlrüben als »Pfanne der verschmähten Gemüse« servieren. Letztere ist übrigens für gute Würzung durch frischen Pfeffer oder ein wenig Curry dankbar. Klingt das jetzt

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