100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
China-Trüffel namens Tuber indicum ist tiefgefroren bei einigen Großhändlern schon für 20 Euro je kg zu haben. Sie sieht aus wie eine Trüffel, fasst sich an wie eine Trüffel, doch leider ist sie extrem geschmacksarm. Nur ein Biologe kann anhand der Form der Sporen bestimmen, ob er eine China-Knolle oder eine echte Tuber melanosporum unter dem Mikroskop hat. Aromatisiert wird mit Trüffelöl. Und das darf man sich nicht so vorstellen, dass hier echte Trüffeln in Olivenöl eingelegt werden, damit sie Aroma abgeben. Basis des Trüffelaromas ist Bis(methylthio)methan oder 2,4-Dithiapentan aus der Chemiefabrik. Es ist erstens eine Schande und zweitens Betrug am Verbraucher, dass diese Substanz unter der Bezeichnung »Trüffel« verkauft werden kann. Bis(methylthio)methan steht am Anfang einer riesigen Nepp-Kette. Es aromatisiert Öl, was wiederum billigen China- oder Sommertrüffeln und – in Extremfällen – schwarz gefärbten Kartoffelstücken Aroma einhaucht. Das Resultat wird auch in den »besten« Restaurants verkauft. Die angeblich ja wiederum »weltbesten« Avantgardeköche aus Spanien servieren dieses Zeug zusammen mit etwas Brühe und etwas E 418 als »Trüffelspaghetti«. Ja, manche nennen es Avantgarde, Realisten hingegen »Betrug am Gast«. Wer jetzt meint, ich übertreibe, der sollte sich vor Augen führen, dass nach Schätzungen der Import an China-Trüffel nach Europa etwa der Gesamternte an Tuber melanosporum entspricht. Jetzt zeigen Sie mir doch ein paar Restaurants, die solche Tuber indicum korrekt auf der Speisekarte auszeichnen. Sie kennen keines? Das trifft sich gut, ich nämlich auch nicht. Meist mixt der Wirt ein paar echte Trüffel mit einer großen Menge China-Ware und würzt mit Trüffelöl.
Ich verstehe ja, dass staatliche Kontrolleure ihre Energien auf Dioxin-Schweine und ebensolche Eier konzentrieren und sich für die Trüffel niemand zuständig fühlt. Sie ist ja nur für die »Reichen« und die »Feinschmecker«. Andererseits können Nepper angesichts strammer Trüffelpreise relativ risikolos denselben Profit wie mit Legionen von Dioxineiern einstreichen. (Ja, liebe Betrüger, die Massen zu vergiften ist ein Risiko. Trüffeln zu fälschen oder Zusatzstoffbällchen als »Kaviar« zu bezeichnen ist ein Kavaliersdelikt. Falls Sie ein Koch sein sollten, werden einige Kritiker sie für diese »magistrale Provokation« noch bewundern!)
Und ist der Trüffelnepp wirklich nur ein Problem der »Reichen«? Wer hat sich noch nie mit ein paar Trüffelträumen zum Kauf einer »getrüffelten« Leberwurst überreden lassen und den entsprechenden Preis bezahlt? Ich befürchte, dass auch noch China-Trüffel zu teuer für das verwurstende Gewerbe sind, und nehme an, dass dort ein Mix aus Trockenpilzen mit minimalem Anteil Tuber indicum verwendet wird. Doch natürlich gibt es noch echte Trüffel der Gattung Tuber melanosporum, wenn man bereit ist, für Qualität zu bezahlen.
Ich hatte das Glück, dank des Großhändlers Jacques Pebeyre aus Cahors, Frankreich, und des leider früh verstorbenen Hoteliers André Chabert aus Rochegude einiges darüber lernen zu dürfen. Chabert war ein Bonvivant mit Intellektuellenbrille und stirnwärts gezwirbelten Schnurrbart und kannte sämtliche Mitglieder der Trüffelbranche der Provence beim Vornamen. Der Provence und nicht des Périgord, denn die weitaus meisten französischen Trüffel stammen aus dem Tricastin. Und das liegt nun mal im Norden der Provence.
Außerdem war Chabert gern gesehener Gast bei der »Trüffelmesse« in der Kirche von Richerenches, bei der anstelle von 10-Francs-Stücken schwarze Diamanten in den Klingelbeutel wandern, die anschließend zum Wohle der Gemeinde versteigert werden.
Bevor ich ihn kennenlernte, kannte ich gerade mal den Un terschied zwischen schwarzen und weißen Trüffeln in der Küche. Der schwarze Melanosporum darf, ja muss zuweilen gegart werden, er ist unverzichtbarer Bestandteil der klassischen französischen Küche, etwa des Gerichts mit dem kuriosen Namen Poularde in Halbtrauer: dem Tier werden schwarze Trüffelscheiben unter die Haut gesteckt. In unserer politisch korrekten Zeit hätten findige Küchenchefs das Gericht längst in »Geflügel in Dreiviertelfreude« umbenannt. Damals jedoch regten die schwarz schimmernden Trüffelscheiben unter der weißen Geflügelhaut die Fantasie der Menschen an.
Einmal zog ich mit Chabert, einem Trüffelbauern und dessen Hunden los. Den Namen des Bauern habe ich vergessen, die
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