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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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getrocknet. Ungenießbar ist er deswegen nicht. Den »Weichetest« zwischen Daumen und Hand nehmen Experten stets an der Außenseite, nie an der Mitte vor. Camembert reift nämlich von außen nach innen. Weil die echte Variante nur begrenzt haltbar ist, werden die Käse gerne ein wenig zu jung verkauft, kommen also mit einem etwas »härteren« Zentrum zum Genießer. Zu Hause kann man ihn problemlos ausreifen lassen und erst dann anschneiden, wenn er sich optimal anfasst. »Fait à coeur«, bis zum Herz gereift, heißt so ein Käse in Frankreich. Nur ein solcher Camembert hat vielleicht die Chance, einmal in Oliviers weltberühmter Käsehandlung in Boulogne zu landen. Und von dort könnte er auch auf unseren Tisch kommen.

Ente (Blutente)
    Um diese Ente ranken sich unglaublich viele Gerüchte. Das hat mich natürlich neugierig gemacht. Zum ersten Mal bin ich diesem Ententier in einem französischen Spielfilm mit Philippe Noiret in der Hauptrolle begegnet; es ging um unerklärliche Morde an Sterneköchen, wenn mich nicht alles täuscht. Da wurde eine Ente »mit Haut und Haaren« in eine Presse gesteckt. Über ihre Weiterverarbeitung wurde in dem Film der Mantel des Schweigens gebreitet. Und dann hörte ich, dass es in Paris ein Restaurant gäbe, dessen Spezialität diese »Blutente« sei. Jeder, der sie bestellt, bekommt ein nummeriertes Zertifikat, damit er weiß, der wie vielte Esser dieser Rarität er ist. Gezählt wird wohl von Anbeginn, eben seit dieses Gericht zum ersten Mal serviert wurde. Stimmt das? Ich wüsste zu gern, was es mit dieser Zubereitungsart auf sich hat.
    Überhaupt umgibt die Ente – küchentechnisch gesehen – so manches Rätsel. Stimmt es beispielsweise, dass die weibliche Entenbrust zarter und wohlschmeckender ist als die männliche? Etwas anderes hatte ich eigentlich auch nicht erwartet. Und dass deshalb nur sie es »verdient«, in Cognac eingelegt zu werden? Und welchen Trick wenden die Köche in chinesischen Restaurants an, um die Haut der Ente dermaßen knusprig zu kriegen? Zur berühmten Ente à l’Orange gibt es übrigens eine interessante Salat-Variante: Geschälte Orangen in dünne Scheiben schneiden, hauchdünn geschnittene Zwiebelringe dazu geben und dann mit einer Vinaigrette zum Salat »mutieren« lassen. Eine wunderbare Salat-Beilage, die traumhaft schmeckt und hervorragend zu jeder Sorte dunklen Fleisches passt.
    Ente à l’Orange, das war sozusagen das Fusion Food unserer Urgroßväter. Federvieh und Zitrusfrucht fanden nur über geografische Umwege zueinander. Enten wurden im England des 15. Jahrhunderts gezüchtet, über Spanien gelangten die Flügeltiere an den Hof von Sonnenkönig Ludwig XIV. Dort hatte der königliche Hofgärtner La Quintinie schon eine recht säuerliche Orangensorte gepflanzt. Das Urrezept wird dem legendären Antonin Carême (1784–1833) zugeschrieben und beruht auf zwei verführerischen Ideen: Einerseits waren Orangen damals selten und teuer, also eine Delikatesse. Andererseits gleichen sie mit ihrer erfrischenden Säure ein wenig das Fett der Ente aus. Denn eine schützende Fettschicht tragen die Enten auch dann noch unter der Haut, wenn sie schon seit Generationen domestiziert leben.
    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist die Ente à l’Orange schon auf dem Weg zum Klassiker: Gernesser Alexandre Dumas, Autor der »Drei Musketiere«, nahm sie in sein kulinarisches Wörterbuch auf und empfahl zur Krickente ausdrücklich »eine noch grüne Orange«. Im noblen Restaurant »Les Frères Provençaux« wurde die köstliche »Canard aux perles«, die Ente mit Perlen, serviert. Dieses Gericht wurde 1833 nach einem Essen mit Prinz Gallitzin, einem russischen Adligen im offenbar ganz komfortablen Exil, von Roger de Beauvoir so beschrieben: »Stellen Sie sich eine gebratene Ente vor, jedoch bereichert durch eine Farce aus Coulis von Flusskrebsen, Périgord-Trüffeln und Pilzen. Sie präsentiert sich unseren Augen mit einem Rosenkranz von Perlen, die um ihren Hals, rund um den Körper und den Schwanz festonnieren. Das ist ein origineller Effekt, nicht wahr?«
    Das Entengeheimnis kann nur lüften, wer sich weniger von Effekten beeindrucken lässt und zuerst die verschiedenen Entensorten und -arten betrachtet. Schon Dumas hat sich ja ausdrücklich auf die Krickente, in Frankreich Sarcelle genannt, bezogen. Da gibt es zunächst mal Wildvögel, die in der Nähe von Wasser mit Hunden gejagt werden: Gründelenten wie Stock- und Krickenten, Tauchenten und Meerenten

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