100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten
Entenmuscheln schmecken. Die Basken nennen sie »lanperna« und exportieren sie nicht. In Spanien heißen sie »percebes«. Besonders in Galizien gibt es einen regelrechten percebes-Kult mit wahren Volksfesten und großen Krebsessen. Auch die Portugiesen lieben ihre »perceves«.
In Großbritannien schließlich heißen sie »Barnacle« oder »goose barnacle«, was den Namen teilweise erklärt: Barnacle nennt man im Englischen die Nonnengänse. Die wiederum sah man nie in Europa nisten. Es war ein populärer Volksglaube, dass sie aus den Muscheln schlüpfen, die in Wahrheit Krebse sind. Giraldus Cambrensis, ein walisischer Mönch, hielt dies im zwölften Jahrhundert in seiner »Topographia Hiberniae« fest. Im Deutschen »mutierte« die Gans dann sprachlich zur Ente.
Das Sammeln von Entenmuscheln ist bis heute riskant. Besonders in Galizien schrecken die » percebeiros«, die Fischer, dabei vor nichts zurück. Manche binden einfach ein Seil am Boot fest und springen mit einem Messer oder einer kleinen Metallharke im Mund ins Meer. Manchmal hält ein anderer percebeiro die Sicherheitsleine, während der Schwimmer so schnell wie möglich die Krebse mitsamt ihrer harten Schale vom Fels löst.
Entenmuscheln können bis zu 20 Jahre alt werden und wachsen recht langsam. Ihre Vermehrung kann mit der Nachfrage nicht mithalten. Deshalb sind sie geschützt. In Frankreich etwa müssen die gesammelten Exemplare mindestens zehn cm lang sein, die Fischer dürfen sie nur 100 Tage lang zwischen Oktober und Februar »ernten«. In Galizien hingegen darf von November bis März gefischt werden. Ab vier cm ist die Muschel »erntereif«, allerdings darf kein Fischer pro Tag mehr als sechs Kilo sammeln. Überwachen lässt sich das freilich kaum.
Und wie schmeckt er, der Krebs, für den die percebeiros ihr Leben riskieren? Wie ein Biss in den Ozean, mit starker Jod-Note und einem feinen Krebsaroma. Deshalb werden Entenmuscheln in der Regel roh, gedämpft oder gekocht, serviert. Ein Topf voller Meerwasser wird erhitzt, ein paar Algen gibt man herein, dann werden die Entenmuscheln 30 Sekunden gegart – so lautet ein simples Rezept. Mal wird das Meerwasser mit Leitungswasser, mal mit Weißwein gemischt. Oder man gart sie in einer Court-Bouillon aus Lorbeerblättern, geschälten Zwiebeln und Piri-Piri, einer portugiesischen Chili-Würze. Bleiben sie zu lang im Topf, werden sie kautschukartig.
Dazu gibt es Gemüse, Vinaigrettes, Petersilienbutter oder Mayonnaise. Die weitaus meisten Genießer mögen es nicht, wenn ihre Entenmuscheln durch fremder Leute Hände gegangen sind, und essen sie daher pur. Selbst das »Heraussaugen« des Krebstiers aus seinem Steinpanzer gilt als sinnliches Vergnügen.
Felchen/Renke aus kühlen Alpenseen
Die vielbesungene »Fischerin vom Bod ensee« hat wohl von diesen feinen, wohlschmeckenden Fischen gelebt, die man nur an den kühlen Alpenseen genießen kann, weil sie selten weit transportiert, sondern vorwiegend in den Fangregionen verzehrt werden. Das Felchen an sich ist übrigens Streitobjekt, weil die Säuberung der Seegewässer und die damit verbundene Abnahme der Algenbildung von den Fischern mit schlechteren Fangquoten in Verbindung gebracht wird. Die Theoretiker der Umweltverbände verweisen jedoch auf die Maschenweite der Netze. Ein Felchen-Spezialist vom Bodensee erzählte mir, dass die Felchen – in Bayern und Österreich auch Renke genannt – in unzähligen Arten vorkommen. Sie seien während der Eiszeit aus Skandinavien zu uns gelangt und mit der großen Schmelze in den so zustande gekommenen Alpenseen bei uns geblieben. Egal, ob Weiß- oder Blaufelchen, damit sind sie Grüße aus einer lang zurückliegenden Zeit.
Ich liebe diese Fische in jeder Zubereitungsart – ich habe sie immer in schönen Landgasthöfen oder auf Seehotel-T errassen genossen und bringe sie damit automatisch in der Erinnerung mit herrlichen, besonderen Tagen in Verbindung. Wir sollten diesen Fisch unbedingt noch einmal genießen, bevor er uns »abhandenkommt«.
Zuerst die schlechte Nachricht: Viele Felchen-Arten (Coregoni) sind vom Aussterben bedroht. Aber, und jetzt kommt die gute Nachricht, das Bodenseefelchen (Coregonus wartmanni, auch Blaufelchen) erfreut sich anscheinend guter Gesundheit. Zumindest wird es auf der traurig berühmten Roten Liste gefährdeter Tierarten des IUCN (International Union for Conservation of Nature) als »least concern« geführt: »Die Spezies lebt allein im Bodensee (451 km²), wo sie
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