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100 Prozent Anders

100 Prozent Anders

Titel: 100 Prozent Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Anders
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Eintreten in das Haus total überwältigt. Das sollte genügen!
    Dolores nahm mich herzlich in Empfang und bat mich, im offenen Wohnraum Platz zu nehmen. Noras Mutter war noch auf der oberen Etage, und ich hörte sie rufen, dass sie gleich fertig sei. Ich hatte keine Vorstellung von meiner zukünftigen Schwiegermutter. Ich fühlte aber auf Anhieb, dass sie nicht zur Kategorie „Schwiegerbesen“ gehören würde. Ich sollte Recht behalten. Die Tür ging auf, und vor mir stand eine ältere Dame. Etwas schwach, aber mit perfekt sitzendem Haar und Make-up, in einem Seidenkleid von Leonardo, dazu Magli-Schuhe und Magli-Handtasche. „Freut mich, Sie kennenzulernen, junger Mann. Mein Name ist Balling, ich bin die Mutter von Nora“, sagte sie und streckte mir ihre Hand entgegen. „Ich bin der Bernd, äh, Bernd Weidung“, sagte ich, und wir gaben uns die Hand. Irgendwie hätte ich auch in einem Fürstenhaus zu Gast sein können. Fremd, aber faszinierend. So empfand ich diese Welt.
    Wir unterhielten uns bei Kaffee, Tee und Kuchen und spürten, dass wir eine gemeinsame Wellenlänge hatten, oder stilvoller gesagt: eine gewisse Sympathie füreinander.
    Zu späterer Stunde gab es ein Glas Champagner, und der Hausherr kam nach Hause. Bert verhielt sich zurückhaltend, aber ich spürte, dass er sein Herz am rechten Fleck hatte.
    Auf dem Nachhauseweg fragte mich Nora, wie es mir gefallen habe. Ich sagte nur: „Schön war’s.“ In Wahrheit schwirrten mir viel mehr Gedanken durch den Kopf.
    Nora und ich wurden ein Paar. Ungleich, verrückt – aber niemals langweilig!
    ***
    Nora ging mit einer Selbstverständlichkeit mit Dingen um, die ich bislang aus meiner Erziehung und in meinem Leben nicht kannte. Ich machte meine Musik-Jobs, und sie begleitete mich. Wenn ihr etwas nicht passte, sagte sie es, und es wurde geändert. Einmal hatte ich einen Diskothekenauftritt im Saarland, und wir bezogen nach dem Soundcheck das vom Veranstalter gebuchte Hotel. Wir kamen aufs Zimmer, Nora schlug die Bettdecke auf und sah, dass die Bettwäsche nur aufgebügelt war und ein Schamhaar auf dem Laken lag. Angeekelt erklärte sie: „Hier bleiben wir nicht!“ Sie nahm den Telefonhörer und wählte die Nummer der Rezeption. „Wir checken aus, denn Ihr Zimmer entspricht nicht unserem hygienischen Standard“, sagte sie. „Ich bitte Sie, wie können Sie so etwas sagen“, kam es vom Empfang zurück. „Aufgebügelte Bettwäsche und eingebügelte Körperbehaarung sind nicht unser Stil. Punkt.“ Die Dame am Empfang schien total überfordert mit der Situation und keuchte: „Wir sind ein gutes Haus. Hier hat sogar schon Jürgen Drews übernachtet.“ „Das ist für mich kein Maßstab. Danke“, sagte Nora und legte den Hörer auf.
    Wir zogen um in ein Fünf-Sterne-Hotel! Nora hatte entschieden.
    Bei all ihrem Luxusweibchen-Gehabe rechne ich Nora bis heute hoch an, dass sie bedingungslos zu mir und meiner Musik stand. Als wir uns kennenlernten, war ich ja noch weit davon entfernt, irgendwann einmal ein erfolgreicher Musiker zu werden. Nora hatte sich nicht in Thomas Anders, den Superstar, verliebt, sondern in Thomas Anders, den aufstrebenden Künstler, der hoffentlich irgendwann mal eine Familie ernähren konnte.
    Mit meinem weißen Golf hatten wir auf einer dieser Disko-Touren einmal einen schrecklichen Unfall. Als ich den Führerschein machte, meinte mein Vater, ich könne mir für den Anfang doch erst mal für 500 Mark eine gebrauchte Möhre kaufen. Doch das kam für mich überhaupt nicht in Frage! Ich wollte mich unter keinen Umständen in ein gebrauchtes Auto setzen. Das entsprach einfach nicht meinem Stil. Es musste genau dieser weiße Golf sein, eine Sonderedition. Da ich mit meinen Auftritten damals bis zu 5 000 Mark im Monat verdiente, konnte ich mir meinen Autotraum erfüllen.
    Auf dem Weg von Koblenz nach Saarbrücken passierte es dann. Ich hatte Nora und ihre Dogge im Auto und weiß bis heute nicht, weshalb ich am Steuer plötzlich eingeschlafen war. Wir überschlugen uns mehrfach. Das Auto hatte Totalschaden. Gott sei Dank war auf der Autobahn nicht viel los. Der Wagen landete im Graben. Nora und ich waren zum Glück angeschnallt und blieben bis auf ein Schleudertrauma unverletzt. Wir konnten uns selbst aus dem Wrack befreien. Für Nora war das größte Drama, dass sie sich bei dem Aufprall ein Büschel Haare ausgerissen hatte. Sie konnte sich deshalb kaum beruhigen. Bei ihren Haaren, die ohnehin dünn waren, war Nora ganz empfindlich.

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