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100 Prozent Anders

100 Prozent Anders

Titel: 100 Prozent Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Anders
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Nora wieder zum Flughafen brachte oder sie mich. Wenn sie mir am Telefon sagte, dass sie bald wieder auf Besuch kommen würde, habe ich mich anfangs total gefreut. Im Laufe der Zeit war das nicht mehr so.
    Ich fragte plötzlich nicht mehr, wann sie nach Deutschland kommen würde, sondern, wie lange sie bleiben wolle. Das war der schleichende Tod unserer Beziehung. Ein Abschied auf Raten. Das allmähliche Ende unserer Ehe. Keiner von uns sprach diesen Gedanken je aus – gedacht und gewusst haben wir es beide.
    Nora war immer total lustig. Sie hatte einen unglaublichen Humor, man konnte sich wegwerfen vor Lachen über sie. Doch nach zwei Tagen wurde mir ihre Art plötzlich viel zu anstrengend. Ich war genervt, ging ihr aus dem Weg.
    Wir lebten auf einmal jeder sein eigenes Leben. Sie in L. A., ich in Koblenz. Wenn wir zusammen waren, mussten wir uns erst wieder auf den Rhythmus des anderen einstellen. Wenn man keine Lust mehr hat, mit der eigenen Ehefrau Zeit zu verbringen, sollte einem das zu denken geben. Ich machte mir in dieser Zeit sehr viele Gedanken über Nora und mich. Im Grunde lebten wir damals schon getrennt. Wir wollten es uns nur nicht eingestehen. Das hatte prinzipiell auch gar nichts mit anderen Frauen zu tun. Aber natürlich hat sich hier und da mal etwas in der Hinsicht ergeben.
    Ich hatte Affären, doch ich war überhaupt nicht auf der Suche. Mir war völlig klar, dass ich nach der intensiven Zeit mit Nora erst mal innerlich zur Ruhe kommen und unsere Beziehung verarbeiten musste.
    Ob Nora während dieser Zeit andere Männer in Los Angeles hatte? Ich weiß es nicht. Es hat mich aber auch wirklich nicht interessiert, da es für den Zustand unserer Ehe keine Rolle mehr spielte.
    Als ich mich 1997 in meine heutige Frau Claudia verliebte, beschloss ich, mich von Nora endgültig zu trennen. Ich flog zu ihr nach Los Angeles und teilte ihr mit, dass ich die Scheidung wolle. Bislang hatte es für mich keine Notwendigkeit für diesen Schritt gegeben. Allein der Gedanke an den ganzen Papierkram mit Anwälten und Formularen hatte mich abgeschreckt.
    Doch jetzt wollte ich frei sein für Claudia. Das Gespräch zwischen Nora und mir war sehr emotional. Im positiven Sinne. Weder schrie sie, noch warf sie mit Geschirr um sich. Wir waren beide traurig, dass unsere Liebe und unsere Ehe vorbei waren. Wir waren gescheitert, so etwas tut immer weh. Wir waren nicht böse aufeinander, hatten auch keinen Streit. Wir zogen in diesem Moment einen Schlussstrich unter 17 gemeinsame Jahre. Ohne Vorwürfe, ohne Schuldzuweisungen. Wir waren ein Ehepaar, das fortan getrennte Wege gehen wollte.
    Im Herbst 1998 war die Scheidung durch. Anfang 2000 zog Nora von Los Angeles nach München zurück. Sie hatte sich in einen anderen Mann verliebt, lebte einige Jahre mit ihm zusammen. Mittlerweile wohnt sie wieder in der Nähe von Koblenz. Hier leben ihre Geschwister, zu denen sie stets eine enge Beziehung hatte. Wir telefonieren zwei Mal im Jahr, verstehen uns immer noch gut. Sie möchte allerdings nicht mehr in der Öffentlichkeit stehen. Dieses Kapitel ist für sie definitiv abgeschlossen.
    Die Zeit mit Nora war toll, aber auch wahnsinnig anstrengend. Salopp ausgedrückt, frage ich mich rückblickend schon manchmal, wie ich in den Achtzigern so bekloppt sein konnte. Damit meine ich nicht, warum ich diese Frau geheiratet habe. Nora ist wirklich toll, extrem in all ihren Schattierungen. Eher stelle ich mir heute die Frage, warum ich das alles habe mit mir machen lassen. Die einzig zutreffende Antwort auf diese Frage kann eigentlich nur lauten: Ich war jung, ich war unerfahren, oft überarbeitet – und ich war wahrscheinlich ganz einfach verliebt. Die Jahre damals habe ich auf dem Konto Lebenserfahrung verbucht. Ich schäme mich für nichts, was ich gemacht habe.
    Auch auf meinem heutigen Erfahrungsstand würde ich manches, sicher jedoch nicht alles, wieder genauso machen.

Privat war ich gar nicht glücklich. Ich dachte zeitweise darüber nach, aus Koblenz wegzugehen. Es kam mir so vor, als hätte ich dort alles gesehen, und irgendwie erwartete ich noch mehr vom Leben. Ich wollte nicht der Künstler sein, an den man sich als ein Relikt aus den Achtzigern erinnerte. Ich liebäugelte damit, für ein Jahr nach New York zu gehen. Allein. Ich wollte die Idee nicht sofort in die Tat umsetzen, aber die Gedanken waren am Fliegen.
    In diesen Jahren war ich Stammgast in der Koblenzer Brasserie „Faustus“. Ein angesagtes Lokal, in dem man sich zum

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