100 Stunden Todesangst
vor sich hin.
In seiner
ganzen Tragweite hatte er die Sache anfangs gar nicht begriffen. Es war zu
ungeheuerlich. Einer seiner eigenen Leute zettelte das gegen ihn an.
Er griff
zum Telefon und wählte.
Nach dem
dritten Läuten wurde abgehoben.
„Mick Bräh“,
meldete sich eine unangenehme Stimme.
„Ich
bin’s“, sagte Lorenz. „Kann ich reden? Bist du allein?“
„Nur frisch
von der Leber weg, Chef“, erwiderte Bräh. „Niemand hört uns.“
„Vorhin ist
was Wahnsinniges passiert, Mick. Ich muß der Reihe nach erzählen.“
„Kleinen
Moment, Chef, falls es länger dauert. Muß schnell das Badewasser abstellen.“
Lorenz
wartete. Bräh kam an den Hörer zurück und meinte, jetzt wäre er ganz Ohr.
„Voriges
Jahr“, sagte Lorenz, „du entsinnst dich, ist mir doch die Sache mit dieser Eva
Müller passiert. War ja keine Absicht. Und hätte ich mich gestellt — davon wäre
sie nicht wieder lebendig geworden. Bei Heinz habe ich dann meinen Wagen
gelassen. Er hat ihn repariert.“
„Und wie
gut.“ Bräh schien zu grinsen. „Von dem Schaden war nichts mehr zu sehen.“
„Richtig.
Aber das Schwein hat den Wagen fotografiert, als er noch kaputt war.“
„Was?“
„Er hat
Fotos von meiner Karre gemacht. Verstehst du? Er hat sich Material verschafft
gegen mich. Die Fotos sind immerhin ein Hinweis darauf, daß ich der Unfallfahrer
bin. Es sind keine Beweise. Das zum Glück nicht! Trotzdem — mit den verdammten
Fotos komme ich in Schwierigkeiten.“
„Wieso?“
fragte Bräh. „Was will er denn damit? Hat er dir die Fotos gezeigt?“
„Natürlich
nicht. Gezeigt hat er sie heute mittag einem Polizeimeister namens Raukel.
Der...“
„Nein!“
brüllte Bräh dazwischen. „Das gibt’s nicht.“
„Leider
doch. Was ich dir erzähle, sind Tatsachen. Aber es kommt noch schlimmer. Dieser
Raukel ist der ehemalige Verlobte von Eva Müller. Ein Spinner. Einer, der sich
in Rachegefühle verrennt und nicht eher ruht, bis er den Unfallfahrer gefunden
hat. Du glaubst es nicht: Ein Jahr lang war dieser bescheuerte Bulle auf Achse.
Hat heimlich sämtliche Spengler und Mechaniker aufgesucht, bis er heute auf
unseren lieben Heinz stieß. Und nun rate, was der gemacht hat!“
„Du sagtest
es schon. Er hat ihm die Fotos gezeigt. Aber das kann ich nicht glauben.“
„Er hat ihm
die Fotos gezeigt. Daß er für mich arbeitet, hat er natürlich mit keinem Wort
erwähnt. Dann wäre er ja auch blöd. Ich bin sozusagen nur als Kfz-Kunde bei ihm
gewesen. Aber er, der Blitzmerker, hat durchschaut, daß ich der Unfallfahrer in
der Sache Eva Müller bin. Und so hat er — hör dir das an! — versucht, mich mit
den Fotos zu erpressen. Ich sei auch zum Schein darauf eingegangen. Aber dann
wären drei Krawalltypen bei ihm aufgetaucht — und hätten ihn durch die Mangel
gedreht. Einen Satz Fotos hätten sie ihm abgenommen — und den Tod oder so angedroht,
falls er den Bullen was sagt. Weshalb er ja bis heute gekuscht habe. Aber
nun... Soweit unser lieber Heinz. Der bescheuerte Bulle ist dann bei mir
aufgetaucht. Und das ist so gelaufen...“
Er
schilderte den Mordanschlag.
Bräh
schnappte nach Luft.
Erstaunt
stellte Lorenz fest, daß er sich während des Gesprächs eine Zigarre angezündet
hatte. Ganz in Gedanken, ohne bei der Sache zu sein. Sie brannte noch nicht
richtig, weil er fast ununterbrochen geredet hatte. Zum Paffen kam er erst
jetzt.
„Chef“, ließ
sich Bräh vernehmen. „Was hat das zu bedeuten? Ist bei Heinz der Wahnsinn
ausgebrochen? Oder wie muß ich das sehen?“
„Untersuchen
wir mal eins nach dem andern“, sagte Lorenz. „Was sein Verhalten bezweckt, ist
klar: Der falsche Hund wollte, daß mich dieser Raukel umbläst. Auf der Strecke
sollte ich bleiben. Daran gibt’s keinen Zweifel.“
„Aber
warum, zum Henker? Du hast doch nie Streit mit ihm?“
„Unser
lieber Heinz streitet nicht. Dazu ist er zu feige. Der wird nie mit offenem
Visier auf dich zukommen. Aber hinten herum macht er dich schlecht; und wenn du
nicht aufpasst, trifft er dich in den Rücken. Mal ehrlich, Mick: Hat er gemotzt
über mich — oder nicht?“
„Naja, ein
bißchen. Wie das so ist. Aber wirklich nur wenig. Es bestand nicht mal Grund,
ihn zusammenzustauchen. Er meinte nur, du wolltest zu hoch hinaus, sähst dich
als der Al Capone unserer Zeit. Was du vorhättest, würde allmählich zu
gefährlich werden. Wenn ich, Olaf, Sascha oder Hartwig ihm dann sagten, er
solle sich nicht in die Hose machen, war er
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