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100 Stunden Todesangst

100 Stunden Todesangst

Titel: 100 Stunden Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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still.“
    „Er hat
Fracksausen. Das ist es. Instinktiv spüre ich das schon lange. Er drückt sich,
wo er kann. Am liebsten, da bin ich mir sicher, würde er aussteigen. Außerdem
liegen wir uns nicht. Seine Schwerfälligkeit geht mir auf den Wecker. Und er -
glaube ich — haßt mich. Vielleicht weil ich ihn damals vor dieser Dorfschönheit
blamiert habe, was ich eigentlich gar nicht wollte. Aber so ein Dumpfling ist
nachtragend wie ein alter Elefant.“
    „Kann schon
sein“, murmelte Bräh. „Auf zwischenmenschliche Beziehungen verstehe ich mich
nicht.“
    „Heinz will
mich weghaben“, Lorenz sprach auch seine weiteren Überlegungen aus. „Weil er
mit uns nichts mehr am Hut hat. Weil er aufhören möchte. Aber das gibt’s nicht,
wie wir damals, als wir anfingen, vereinbart haben. Rückblickend sage ich: Es
war ein Fehler, ihn überhaupt in unseren Verein aufzunehmen. Hartwig und Olaf
haben damals für ihn gebürgt. Wir alle waren einverstanden. Außerdem brauchten
wir einen Mechaniker. Und als Schütze ist er beachtlich. Aber jetzt wird er zur
Last.“
    „Hm. Ja.“
    „Jetzt,
Mick, hat sich’s zugespitzt bis zum geht-nicht-mehr. Heinz dachte, die
Gelegenheit sei günstig. Wie bequem, wenn mich der beknackte Bulle wegputzt.
Damit wäre dann der Verein geplatzt, denkt sich Heinz, und er hätte es hinter sich.
Begreifst du, wohin wir steuern?“
    „Was meinst
du, Chef?“
    „Über kurz
oder lang gerät unser lieber Heinz in Panik. Dann wird er uns verpfeifen.“
    „Bei den
Bullen?“ fragte Bräh erschrocken.
    „Wo sonst?
Beim Kirchenvorstand?“
    „Mensch,
dann…“ Er stockte.
    „Dann haben
sie uns beim Wickel“, ergänzte Lorenz. „Und keiner kommt weg unter 15 Jahren
Knast. Wir beide müßten mit noch mehr rechnen. Ich glaube, Mick, dieses Risiko
sollten wir nicht eingehen.“
    Bräh
antwortete nicht sofort.
    Auch Lorenz
schwieg für ein paar Atemzüge.
    „Ich
mach’s“, sagte Bräh.
    „In
Ordnung. Aber sein Tod darf nicht wie eine Hinrichtung aussehen.“

    „Natürlich
nicht.“
    „Wenn er
bei einem Unfall umkäme — das wäre originell. Und zwar auf dieselbe Weise wie
damals diese Eva Müller. Aber nimm nicht deinen eigenen Wagen.“
    „Ich klaue
mir die geeignete Kutsche“, erwiderte Bräh. „Das kann ich immer noch ganz gut.
Sowas verlernt man nicht.“ Er schien zu überlegen. „Hältst du’s für möglich,
daß die Bullen dich dann verdächtigen?“
    „Erstens,
Mick, werde ich ein Alibi haben. Ich bin den ganzen Tag hier im Geschäft. Und
morgen abend gehe ich sofort in meine Stammkneipe und setze dort keinen Fuß vor
die Tür. Außerdem ist der Ärger, den ich in der Sache Eva Müller zu erwarten
habe, gering. Deswegen wird kein Zeuge stumm gemacht. Das leuchtet sogar den
Bullen ein. Daß was anderes dahintersteckt, nämlich für mich und unseren Verein
viel mehr auf dem Spiel steht — das ahnen die nicht.“
    „Gut, Chef.
Dann unternehme ich heute nichts mehr. Morgen besorge ich mir den Wagen. Abends
bin ich draußen in Gernhausen. Ich passe ihn ab, wenn er von der Bahnstation
kommt. Du weißt ja: Jeden Samstag besucht er seinen Vater im Altersheim. Da
zischen sie einen. Heinz ist dann jedesmal sternhagelvoll. Deshalb fährt er mit
dem Zug nach Gernhausen zurück. Immer mit dem, der dort um 18.24 Uhr ankommt.
Ist der letzte. Den muß er nehmen. Darauf kann ich die Sache prima aufbauen.“
    „Du wirst
es schon machen, Mick.“
    „Aber
sicher.“
    „Noch was:
Kannst du Sascha und Hartwig nachher erreichen?“
    „Kein
Problem.“
    „Heute ist
Freitag. Auf der Großen Schleife“, so wurde ein Teil der Stadtautobahn genannt,
die neuerdings fertiggestellt war, um sowohl Stadtkern als auch dichtbesiedelte
Randgebiete zu entlasten, „rechnet niemand mit uns. Dort waren wir noch nie.
Aber es werden bestimmt ein paar fette Brocken herumschwimmen. Sascha und
Hartwig sollen zuschlagen. Noch vor Mitternacht treffen wir uns dann im
Hauptquartier. Klar?“
    „Klar,
Chef. Noch ‘ne Frage: Sollen die andern wissen, daß wir Heinz liquidieren?“
    „Bei allem
Vertrauen — das ist nicht unbedingt nötig.“
    „Also —
nein?“
    „Die Sache
bleibt unter uns.“
    Lorenz
blieb noch eine Weile sitzen. Genüßlich widmete er sich seiner Zigarre.
    Daß er
soeben ein Todesurteil gefällt hatte, behagte ihm. Das passte zu dem Bild, das
er von sich hatte. Er war nicht nur der geschickteste Banden-Boss weit und
breit — o nein! Einer wie er entschied auch über Schicksale und

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