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100 Stunden Todesangst

100 Stunden Todesangst

Titel: 100 Stunden Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sich total betrunken hat. Odelfischer und
Spechtheim mußten ihn nach Hause bringen.“
    „Ich
gratuliere Ihnen zu Ihrem Gedächtnis.“ Gunter lächelte. „Sah Podbilska schlimm
aus?“
    „Was meinen
Sie?“
    „Na, zu der
Zeit war er doch im Gesicht erheblich verletzt.“
    Die Wirtin
schüttelte den Kopf. „Keine Spur.“
    „Die Folgen
einer Schlägerei. Das sah man im Gesicht.“
    „Aber nein!
Das wäre mir aufgefallen. Er sah aus wie immer. Was soll denn da gewesen sein?“
    „Er
erzählte uns, man hätte ihn überfallen und verprügelt.“
    „Davon weiß
niemand was.“
    Sie blieb
noch einen Moment stehen. Da aber keine weiteren Fragen gestellt wurden — und
keine Neuigkeiten übermittelt, schob sie ab in die Küche, kopfschüttelnd.
    Gunter lächelte
grimmig. „Dachte ich’s mir. Auch das stimmt nicht. Kein Überfall. Keine
Schläger. Und er wußte nicht mal mehr, was er Raukel heute mittag erzählt hat.
Ob von zwei oder drei Schlägern.“
    „So ein
Lügenbold!“ fuchste sich Locke. „Und du, Gunter, hast uns wohl nur eingeladen,
um das zu erfahren?“
    Gunter
lachte. „Dachtest du, ich lasse mich ohne zwingende Gründe mit euresgleichen in
einem Dorfgasthaus sehen.“
    Tom setzte
seine Kaffeetasse ab. „Aber warum, zum Henker, hat Podbi den Überfall
erfunden?“
    Nach einer
Weile des Nachdenkens zuckte Gunter die Achseln.
    Locke zog
an ihrer rosenblätterzarten Unterlippe.
    „Vielleicht“,
gab Tom sich selbst die Antwort, „um vor Raukel glaubhaft zu machen, daß Lorenz
der Unfallfahrer ist. Die Fotos allein beweisen ja nicht allzuviel. Aber wenn
jemand Schläger schickt — angeblich, um den Erpresser fertigzumachen -, dann
ist das ein Schuldgeständnis.“
    „Also ist
Lorenz gar nicht der Unfallfahrer?“ überlegte Locke. „Podbi behauptet das nur.
Und hetzt Raukel auf ihn, damit der den Lorenz vom Diesseits ins Jenseits
befördert. Weshalb? Haß scheidet aus, denn er hat ja keine Kloppe gekriegt.“
    „Vielleicht
haßt er ihn aus einem anderen Grund“, meinte Gunter. „Ich glaube, es steckt
mehr dahinter, als wir im Moment ahnen.“
    Die Wirtin
brachte das Essen.
    Die Teller
waren riesig — die Portionen ebenso.
    Vom
Kartoffelbrei sah man nicht viel. Soße überschwemmte ihn. Und die Sauce war
offenbar auf beiden Tellern gleich. Lockes Bratwurst ragte rechts und links
über den Tellerrand.
    „Dann werde
ich mich mal hermachen über meine internationale Spezialität“, meinte Tom und
probierte sein Schweinegulasch.
    „Nimmst du
mir die Bratwurst ab?“ fragte Locke.
    „Wenn’s
sein muß“, nickte Tom. „Sie sieht gut aus. Durchgebraten und fett. Weshalb hast
du sie bestellt, wenn du sie jetzt nicht essen willst?“
    Locke
schickte ihrem Vater einen verzweifelten Blick.
    „Der will
nun mein Freund sein. Und weiß nicht, daß ich mich — als leidenschaftliche
Tierfreundin — fleischlos ernähre. Wie sollte ich sonst meiner weißen Maus in
die Augen sehen. Oder Nicki. Mir geht’s um den Kartoffelbrei, Engelbert. Nicht
um gebratenen Tierkadaver. Fleischlose Kost wäre mir am genehmsten gewesen.
Aber das hat Frau Wirtin nicht auf der Speisekarte.“
    Tom
verschluckte sich, als sie ,Tierkadaver’ sagte, und hustete in seine
Papierserviette.
    Dann nahm
er grinsend die Bratwurst von Lockes Teller.

7. Todesurteil
     
    In den
Häusern war es still. Lorenz vermeinte zu hören, wie Schneeflocken sachte auf
Dächer und Boden aufsetzten.
    Hier, im
geschäftigsten Teil der Fußgängerzone, wohnte seit langem niemand mehr. Alle
Gebäude enthielten nur Läden, Boutiquen, Märkte, Warenlager, Büros, Praxen,
Kanzleien.
    Später dann
würden die Opas von den Wach-Gesellschaften ihre Runde machen, auf die Türklinke
drücken und sich fürchten, sobald sie dunkle Höfe betreten mußten. Die meisten
Patrouillen-Gänger (Patrouille = Streife) waren Rentner, die sich auf
diese Weise ein Zubrot verdienten.
    Lorenz
hatte die Hintertür verrammelt, so gut es ging.
    Er schaltete
das Licht aus und ging in sein Büro zurück.
    Vorläufig
würden ihn die Bullen in Ruhe lassen. Sie hatten nicht viel in der Hand gegen
ihn.
    Immerhin
hatte er Ruhe bewahrt, obwohl er innerlich schäumte. Wut und Zorn wühlten in
ihm. Über seinem Magen schienen sich die Muskeln knotig zu verspannen. Er
kannte das. Immer, wenn ihn was wurmte, spürte er’s dort. Gern hätte er noch
eine Zigarre geraucht. Aber dann wäre das Magendrücken schlimmer geworden.
    Er setzte
sich an den Schreibtisch.
    Sekundenlang
starrte er

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