Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
Vom Netzwerk:
neue Sozialpolitik in veränderter Welt«.
    Ralf Dahrendorf, der nicht nur das Grundeinkommen als zeitgemäßes Mittel einer sozialen Gesellschaft begriff, sondern auch früh das Tabu brach und schon 1982 von dem unumkehrbaren Prozess der Massenarbeitslosigkeit sprach, lieferte einen einleuchtenden Grund für die Widerstände der Politik, diese Tatsache offen anzusprechen: »Es liegt vor allem daran, dass Arbeit zumindest auch ein Herrschaftsinstrument ist. Wenn sie ausgeht, verlieren die Herren der Arbeitsgesellschaftdas Fundament ihrer Macht.« Wer einstellen und entlassen kann, übt Macht über das Leben anderer aus. Politik, die vorgibt, diese Prozesse mit Gesetzen und Reformen zu regeln, hat noch größere Macht. Wenn Politik zugibt, dass sie keine Arbeit schaffen kann, ist sie nutzlos.
    Diese Analyse wirft die Frage auf: An welchem Geländer entlang kann das Leben der Menschen geordnet werden, wenn die Strukturierung und Disziplinierung durch die Organisation der Arbeit entfällt? Und wie bestimmt sich eigentlich die soziale Identität von Menschen, wenn sie sich nicht mehr durch ihre bezahlte Arbeit definieren können? Der Kultursoziologe Wolfgang Engler fragt in seinem Buch »Bürger ohne Arbeit«: Was tun, wenn »das Cogito der Lohnarbeitsgesellschaft: Ich werde bezahlt, also bin ich«, das unser Zusammenleben mindestens seit dem letzten Jahrhundert geprägt hat, keine reale Grundlage mehr hat, weil es nicht genug bezahlte Arbeit gibt?
    Dasselbe gilt für die Veränderung unserer Lebenswelten: Die traditionell wichtigste Keimzelle unserer Gesellschaft, die Familie, hat nicht mehr den Stellenwert wie früher. Wir leben in einer Single-Gesellschaft mit wechselnden Lebensabschnittsgefährten, führen offene Beziehungen, bilden soziale Netzwerke jenseits von Familien- und Vereins- oder nationaler Zugehörigkeit. Wer glaubt, das Grundeinkommen zerstöre diese Traditionen, verwechselt Ursache mit Wirkung.
    In jedem Fall erfordert die kulturelle Revolution, die ein Grundeinkommen bedeuten würde, keine Barrikaden und kein umstürzlerisches Blutvergießen. Sie findet zunächst vor allem im Kopf statt, indem wir tradierte Begriffe und Normen hinterfragen, weil wir mit dem Denken von gestern die Probleme von morgen nicht lösen können. Die Realität ist schon viel weiter als unser Bewusstsein, vor allem viel weiter alsdie Politik und ihre Rezepturen. Dieses Buch soll Ihnen deshalb Anregungen geben, die Welt so zu sehen, wie sie eigentlich schon längst ist. Sie werden sehen: Nichts liegt so nahe wie das bedingungslose Grundeinkommen.
    Denjenigen, die gegen Ende dieses Buches immer noch die drängende Frage haben »Gut, hört sich alles verlockend an, aber wie soll das finanziert werden?«, stellen wir im Schlusskapitel ein mögliches Finanzierungsmodell vor, die Konsumsteuer, für die Götz Werner steht. Adrienne Goehler will sich auf diese Art der Finanzierung nicht festlegen. Sie glaubt, dass diese Frage zuerst durch ein transdisziplinäres Forschungsvorhaben bearbeitet werden muss, aus dem sich erst konkrete Umsetzungsschritte ergeben können.
    Finanzminister Wolfgang Schäuble, bisher nicht als Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens aufgefallen, hat die Finanzierbarkeit von »Tausend Euro für jeden«, vermutlich gänzlich unbeabsichtigt, in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau im Februar 2010 erklärt. Dort ließ er wissen, dass der deutsche Staat schon jetzt pro Jahr eine Billion Euro für Sozialleistungen ausgibt – wir zitieren: »12500 Euro pro Kopf«. Das Geld ist also da. Und sogar ein wenig mehr, als wir mit »Tausend Euro für jeden« in diesem Buch vorschlagen, die summieren sich ja bloß auf 12000 Euro pro Kopf und Jahr!
    Davor ist aber die erste und zentrale Frage, die wir beantworten müssen, ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, die ein Grundeinkommen zahlt. Wenn wir es wollen, werden wir nach und nach auch herausfinden, wie viel wir auf welche Art und Weise an wen bezahlen – und damit auch, auf welche Weise wir das Grundeinkommen finanzieren. Denn: Wer will, findet Wege; wer nicht will, findet Gründe.

3. Kapitel:
    Wie ein Lotto-Gewinn für alle
    Was würden Sie tun?
    »Was würden Sie tun, wenn Sie jeden Monat bedingungslos tausend Euro bekämen?« Diese Frage stellen wir beide gleichermaßen gern Menschen, denen wir irgendwo begegnen, bei Vorträgen, im Zug oder im Café.
    Die meisten sind erst einmal völlig irritiert. »Tausend Euro? Für mich? Wofür denn?«,

Weitere Kostenlose Bücher