1.000 Euro für jeden
verschiedenen Haushalten leben. Die Wissenschaften
sprechen von der »multilokalen Mehrgenerationenfamilie« und halten sie für das
zukünftige Modell des Zusammenlebens.
Nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes leben derzeit allerdings neunzig Prozent
der 16,5 Millionen Alleinstehenden in einem Einpersonenhaushalt – mit
steigender Tendenz. Das Statistische Bundesamt nimmt an, dass 2025 über
40 Prozent aller Haushalte aus nur einer Person bestehen werden, in den
Stadtstaaten sogar über 50 Prozent. Die Mehrheit gibt gleichzeitig an,
diesen Zustand unbefriedigend zu finden.
Immer
mehr Menschen wollen sich zusammentun, ohne deswegen ihre Eigenständigkeit
aufzugeben. An die Stelle der familiären Zwangsgemeinschaft tritt die
solidarische Wahlverwandtschaft. In Frankreich wurde bereits 1999 der zivile
Solidaritätspakt »Pacs« (»pactes civiles de solidarité«) begründet, der
zwischen zwei Menschen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts einen
Vertrag ermöglicht, der von beiden Seiten mit einer Frist von drei Monaten
jederzeit wieder aufgelöst werden kann. Anders als bei der herkömmlichen Ehe
wird dabei kein Unterhaltsmodell geschaffen. Prinzipiell gilt die
Gütertrennung, für die sich inzwischen ja auch die Mehrheit der Ehepartner
entscheidet. Die »Pacs« sind inzwischen zu einer normalen Form des
Zusammenlebens in Frankreich geworden. So hat sich die Zahl der »Pacs« seit der
Einführung versechsfacht: 2008 wählten schon 145000 Paare diese eheähnliche
Form des Zusammenlebens. Eheschließungen stagnieren in Frankreich seit Jahren
bei rund 270000.
Familie im Zeichen des
Grundeinkommens
Das
Statistische Bundesamt ist weiter als die Gesetzgebung, denn die sieht in ihrem
Bestimmungsdickicht immer noch eine unübersichtliche Zahl »familienbezogener
Transferleistungen« vor, die den Tarif-Wirrwarr von Telefongesellschaften und
Energieversorgern noch um Längen schlägt. Man wird einfach das Gefühl nicht
los, dass es die Absicht dieses Dickichts ist, zu verhindern, dass die
Transferleistungen auch in vollem Umfang in Anspruch genommen werden. Die
Sprache dieser Gesetzgebungen kann auch nur eine kleine Minderheit verstehen,
offenbar eine wirksame Methode: Geld einsparen durch Entmutigung.
Joachim
Mischke, Autor eines Buches zu Grundsicherungsmodellen, erhärtet diesen
Verdacht: »Seit Bestehen der Bundesrepublik hat sich eine gigantische Sozialbürokratie
herausgebildet, die mit 38 unterschiedlichen Arten von Behörden und
Quasibehörden 155 steuer- und beitragsfinanzierte Sozialleistungen verwaltet.«
Und 1984, zu einer Zeit, als wir noch in D-Mark dachten, rechnete der Deutsche
Städtetag vor, dass für die Vergabe von 18,7 Milliarden D-Mark Sozialhilfe 5,4
Milliarden D-Mark Verwaltungskosten anfielen.
Adrienne
Goehler nennt das »tote Arbeit, die auf der Seele der Republik lastet« und die
verhindert, dass wir andere Wege beschreiten können, weil sie die Energien im
Falschen bindet. Das bedingungslose Grundeinkommen wäre eine spürbare Befreiung
von dieser toten Arbeit. Wir könnten uns auf den Weg machen, andere Formen der
Koexistenz zu suchen, neue Modelle der gegenseitigen Fürsorge zu entwickeln.
Unser
heutiger Sozialstaat basiert auf einer Idee von Familie, wie es sie gar nicht
mehr gibt. Das heißt aber auch: Der familiäre Mikrokosmos bietet keine
Grundsicherheit mehr. Erforderlich ist deswegen eine neue Art von Fürsorge
gegenüber den Individuen der Gesellschaft, die sich in losen Netzwerken
zusammenschließen und eben auch wieder trennen. Genau das leistet das
bedingungslose Grundeinkommen.
Vor
allem den Kindern käme es zugute, die heute eben in den
unterschiedlichsten Konstellationen aufwachsen. Sie bräuchten daher unabhängige
Grundsicherung und einen eigenen Rechtsanspruch, unabhängig davon, in welcher
Familienform sie leben. Das an sie gezahlte Grundeinkommen müsste nicht von
herkömmlichen Erziehungs berechtigten verwaltet werden, sondern von denen die die
Erziehungs verantwortung übernehmen. In Otjivero,
Namibia, wurde das Geld für die Kinder und Jugendlichen an die am nächsten
stehende weibliche Bezugsperson ausbezahlt, »the primary care-giver«: an die
also, die sich wirklich kümmert.
Und wie
in Namibia, würde das Frauen überall ganz anders ihren Männern gegenüber
ermächtigen.
11. Kapitel:
Es funktioniert – Grundeinkommen
in Namibia und andernorts
Zukunft von Afrika lernen
Beim
Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen im Jahr 2000 einigte man sich
Weitere Kostenlose Bücher