1.000 Euro für jeden
dauerhafte
Betreuung durch unbelastete Dritte ist aber meist nicht finanzierbar. Daher
boomt der Markt für illegal in Privathaushalten beschäftigte Frauen aus Ländern
wie Polen oder der Ukraine, den Philippinen oder Sri Lanka, die oft zu
unzumutbaren Bedingungen für die Rundumbetreuung der Angehörigen zuständig
sind. Die Sozialwissenschaftlerin Barbara Duden spricht daher von moderner
Sklavenhaltung.
Die Institution Ehe in der
Single-Gesellschaft
Vollkommen
unverständlich und jenseits aller Leistungsbeurteilung ist die Tatsache, dass
man mehr Geld für seine Arbeit bekommt, wenn man verheiratet ist. Beschäftigte
im öffentlichen Dienst, Beamte wie Angestellte, können überall dort, wo die
Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (BAT) angewandt werden, einen
Ortszuschlag bekommen, unter der verschwurbelten Bezeichnung
»Verheiratetenbestandteil im Familienzuschlag« oder unter »Familienzuschlag
Stufe 1«. Dazu berechtigt ist, wer verheiratet ist oder war, also auch
Verwitwete und Geschiedene – wenn der Beamte oder die Angestellte im
öffentlichen Dienst dem ehemaligen Ehepartner zum Unterhalt verpflichtet ist.
Die
Frage des Unterhalts wird auf der Basis komplexester Bestimmungen geregelt.
Seine Höhe hängt davon ab, wer wie viel verdient, wer mit wem wie lange
verheiratet war und wie viele Kinder in welchem Alter aus dieser Beziehung
hervorgegangen sind, wo diese Kinder leben und so weiter und so fort.
Dabei
ist die Staatshaushaltskasse bekanntlich leer und die Ehe keineswegs mehr das
selbstverständliche Leitmodell für ein Zusammenleben in der Gegenwart, obwohl
sie seit 1949 unverändert im Artikel 6 des Grundgesetzes den »besonderen
Schutze der staatlichen Ordnung« genießt. Hier stellt sich die Frage, warum die
Gesellschaft die Institution Ehe überhaupt noch steuerlich belohnen sollte? Und
warum Ehepaare ohne Kinder besser gestellt sind als unverheiratete Eltern und
Alleinerziehende? Obwohl uns die Demoskopie jeden Tag damit auf die Nerven
geht, dass es nicht genügend Kinder gibt. Erreicht man einen demographischen
Aufschwung durch die Erschwerung der Bedingungen?
Laut
dem Forschungsinstitut DIW sind 43 Prozent aller Ehen, die vom Splitting
profitieren, kinderlos. Am stärksten profitieren klassische Ehen, mit einem
Partner, der Spitzenverdiener ist, und einem, die zu Hause bleibt. Mehr als
alles andere in unserer Gesellschaft zementiert diese überkommene
»Steuerveranlagung« die Geschlechterverhältnisse zu Lasten der Frauen, da sie
lebenslange Abhängigkeit vom Spitzenverdiener bedeutet, während die Ehen nur
noch selten ein Leben dauern. Fünfzig Prozent aller in Deutschland
geschlossenen Ehen werden innerhalb der ersten sieben Jahre wieder geschieden.
Welche
Befreiung aus solcher Abhängigkeit ein Grundeinkommen für Frauen bedeuten
würde, weil es individuell ausgezahlt würde und nicht an romantische
Versprechungen gebunden wäre wie die Ehe, bedarf kaum der Erklärung. Es würde
das Ende von Zwangsgemeinschaften bedeuten und soziale Gemeinschaften von
Gleichberechtigten ermöglichen. Ehegattensplitting, kostenlose Mitversicherung
von Partnerinnen und Bedarfsgemeinschaften passen nicht mehr in eine von
solchen Zwangsstrukturen emanzipierte Gesellschaft.
Seit
2005 werden auch »Eltern-Kind-Gemeinschaften«, die keine klassische Familie
sind, vom Statistischen Bundesamt erfasst: Damit sind Ehepaare, nichteheliche
und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften oder alleinerziehende Mütter und
Väter gemeint, die mit Kindern in einem Haushalt zusammenleben. Die Kinder
können leibliche Kinder, Stief-, Pflege- oder Adoptivkinder von beiden oder von
einem der beiden Elternteile sein. Der Mikrozensus sieht auch die
»Haushaltsfamilie« vor, für Personen, die generationenübergreifend in einem
Haushalt zusammenleben.
Doch
selbst dieses erweiterte Familienverständnis wird heute als zu eng angesehen:
Schließlich leben immer öfter Erwachsene mit gemeinsamen Kindern nicht
unbedingt in einem gemeinsamen Haushalt. Oder Menschen, die in einem Haushalt
leben, sind nicht verwandt, oder Kinder aus Patchworkfamilien haben nicht nur
ein Zuhause.
Entscheidend
ist die Kultur einer sozialen wechselseitigen Verantwortung. Entscheidend ist
für die Beteiligten, dass sie sich als Teil einer Gemeinschaft verstehen und
diese auch praktisch leben, sich gegenseitig helfen und füreinander eintreten.
Die Mitglieder einer solchen Gemeinschaft können nach diesem
Familienverständnis auch in
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