1.000 Euro für jeden
irgendwie versorgt, müssen
dafür aber hinnehmen, verwaltet zu werden.« Richard Sennett nannte diesen
Zustand einen »Ammenstaat«, der Eigeninitiative und Individualität erstickt,
ohne die aber bekanntlich die Weiterentwicklung von Gesellschaft unmöglich ist.
Frauen und Männer –
neue Rollen,
alte Widerstände
In Bezug
auf die Geschlechterrollen hat sich die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten
immerhin etwas bewegt. Heute nimmt die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger zum
Beispiel in der sogenannten »Kopftuchdebatte« eine eindeutige Position ein: Die
von der Religion geforderte Verhüllung wird eher als ein Symbol für die
Unterdrückung islamischer Frauen durch ihre Männer wahrgenommen – dass
sich muslimische Frauen zum Teil auch (selbst-)bewusst für das Tragen eines
Kopftuchs entscheiden, sie diesen Schutz suchen, spielt in der Debatte noch
eine untergeordnete Rolle. Dabei liegen die Zeiten des gesetzlichen
Patriarchats in Deutschland noch gar nicht so lange zurück. Noch bis Ende der 1970er
Jahre mussten in Deutschland Frauen nach den Bestimmungen des BGB ihre
Ehemänner um Erlaubnis fragen, bevor sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen
konnten. Erst 1977 wurde die gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung in der
Ehe aufgehoben, die den Männern erhebliche Entscheidungsrechte sicherte –
auch was die Kindererziehung anging. Bis dahin galt: Die Frauen machen die
Arbeit, aber die Männer entscheiden, welche.
In
Bayern mussten Lehrerinnen noch in den 1950er Jahren ihren Beruf aufgeben, wenn
sie heirateten. Über die Finanzen entschied allein der Mann, auch über das
Geld, das die Ehefrau verdiente. Frauenfußball, der in den 1920er Jahren
ausgesprochen populär war, wurde vom DFB 1955 offiziell verboten. Erst 1970 hob
der Verband das Frauenfußballverbot wieder auf. Ab Ende der 1980er Jahre begann
eine Siegesserie der Frauennationalmannschaft mit sieben gewonnenen EM-Titeln
und zwei errungenen Weltmeisterschaften – die Frauen heimsten deutlich
mehr Erfolge ein als die Männer. Es entbehrt nicht der Komik, dass die
Sportlerinnen für den ersten EM-Titel 1989 als Siegprämie ein Kaffeeservice
erhielten.
Die
relative Gleichstellung von Frau und Mann hat sich nicht einfach eingestellt,
sie wurde in zähen und oft zermürbenden Auseinandersetzungen der Feministinnen
erkämpft, denen im Grunde auch zu verdanken ist, dass die etablierte Politik
vor kurzem die Elternzeit, die eben auch Vaterzeit bedeutet, einführen
musste – ein weiterer Grund waren die veränderten Bedürfnisse der Väter.
Die
heutigen Väter haben von den starken Müttern in den 1970er bis 1990er Jahren
gelernt, dass die Beschäftigung mit Kindern nicht weniger erfüllend sein muss
als die Arbeit an der Karriere – und müssen nun mit Vorurteilen aus den
eigenen Reihen kämpfen.
Im Handelsblatt wird etwa ein Manager mit den
Worten zitiert: »Deutschland wird nur erfolgreich sein, wenn seine Köpfe frei
sein können und sich nicht um die Kinderbetreuung sorgen müssen.« Das kann man
nicht gerade als eine Einladung an Väter lesen, ihre Kinder für eine gewisse
Zeit selbst zu betreuen.
»Oftmals
klaffen, besonders in großen Konzernen, die in Leitbildern formulierten
Ansprüche und die Wirklichkeit noch weit auseinander«, resümieren die
Wissenschaftlerinnen Helga Lukoschat und Kathrin Walther das Ergebnis ihrer
Studie »Karrierek(n)ick Kinder« für die Bertelsmann-Stiftung. Alle Befragten
hatten mit Widerständen und Vorurteilen zu kämpfen und taten sich schwer, ihre
privaten und beruflichen Ambitionen unter einen Hut zu bekommen.
Väter,
die aus der alten Rolle aussteigen wollen, scheitern in ihren Unternehmen oft
an einer männerbündischen Arbeitskultur, heißt es auch im Familienbericht der
Bundesregierung 2007. Daran haben auch die jüngst eingeführten »Vätermonate«
wenig geändert. Hier billigt der Staat jungen Familien zwei Monate länger
Elterngeld zu, wenn der Mann mindestens zwei Monate lang die Kinderbetreuung
übernimmt. Immerhin hat jeder zehnte Vater, in Berlin sogar jeder achte, einen Antrag
auf verlängertes Elterngeld gestellt. Unter dem Titel »Ich bin
ein afrikanisches Dorf« gibt der Architekt und Interventionist Benjamin
Foerster-Baldenius Einblick in die Auswirkungen des Elterngeldes, das ja ein
Grundeinkommen ist – mit der einzigen Bedingung der Elternschaft:
»Mein monatliches Elterngeld entspricht einem Achtel des
Bedingungslosen Grundeinkommens, das an das gesamte Dorf Otjivero
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