1001 Kuss - und dann Schluss
sie so sehr, dass sie keine Sekunde zögerte, nur kurz dem Inhaber zuwinkte und an Macs Seite den Gastraum verließ.
„Musst du dir hier wirklich noch etwas dazuverdienen?“, fragte er ungehalten, als sie in Skijacken und -stiefel schlüpften. „Zahlt die Chaletverwaltung so schlecht?“
„Ich habe nur kurz ausgeholfen, weil so viel Betrieb war. Geld bekomme ich nicht dafür“, erwiderte sie.
„Du arbeitest auch so schon hart genug.“ Verstimmt hielt er ihr die Tür auf.
„Der Inhaber ist ein Freund von mir.“
„Er nutzt dich doch nur aus.“
„Nein, ganz bestimmt nicht. So leicht lasse ich mich nicht überrumpeln.“
„Sicher?“, fragte er so anzüglich, dass sie errötete, weil sie genau wusste, worauf er hinauswollte.
Mac gab ihr einen flüchtigen Kuss, dann schnallten sie sich die Skier an und fuhren von der Berghütte aus hinunter zum ersten Skilift.
Mac war ein begnadeter Skifahrer und viel schneller und sicherer als sie jemals sein würde. Trotzdem versuchte sie, mit ihm mitzuhalten, forcierte das Tempo und konnte nicht mehr rechtzeitig anhalten. Es war ein ziemlich heftiger Aufprall, doch Mac fing sie auf und geriet dabei nicht einmal aus dem Gleichgewicht. „Du kleine Geschwindigkeitsfanatikerin“, sagte er zärtlich. „Ich glaube, wir werden ziemlich viel Spaß haben.“
Angesichts seines athletischen Körpers schwante Lucy nichts Gutes.
Zum ersten Mal in dieser Skisaison blieb sie hängen und fiel aus dem Sessellift – jedenfalls beinahe. Sie hatte Glück, denn Mac fing sie geistesgegenwärtig auf und bewahrte sie vor einer Blamage. Es wäre ihr sehr peinlich gewesen, die anderen Skiläufer durch ihre Ungeschicklichkeit aufzuhalten.
„Das passiert schon mal“, meinte Mac beruhigend. „Tom ist gestern auch hingefallen.“
Lucy verstand nicht, wie das passiert war. Wahrscheinlich war sie durch Macs Nähe einfach zu abgelenkt. Er sah aber auch fantastisch aus und zog alle Blicke auf sich. Langsam begann sie sich zu fragen, warum er seine Zeit ausgerechnet mit ihr verbrachte. Zwar hatten sie miteinander geschlafen, aber von einer Urlaubsromanze konnte man deswegen noch lange nicht sprechen.
Nein, es war etwas viel Kostbareres, überlegte Lucy zufrieden.
„Soll ich vorwegfahren oder möchtest du das übernehmen?“, fragte Mac und weckte sie aus ihren Tagträumereien.
„Fahr du schon mal vorweg. Du kannst unten auf mich warten. Bei deinem Tempo kann ich nicht mithalten.“ Und da war sie sicher nicht die Einzige.
Mac musterte sie ernst. „Ich würde dich niemals zurücklassen. Fahr los! Ich fahre neben dir her.“ In diesem Moment lugte die Sonne zwischen den Wolken hervor und tauchte ihn in gleißendes Licht. Das ist ja wie im Film, dachte Lucy. Der Star steht wie auf Kommando im Scheinwerferlicht. Einen Augenblick lang war sie geblendet.
„Komm schon, Lucy. Auf geht’s! Zwar scheint jetzt die Sonne, aber wir sind nicht in der Wüste.“
Sie lachte. So weit wie sie konnte man gar nicht von der Wüste entfernt sein. Gerade wollte sie loslaufen, als Mac sie festhielt.
„Warte! Ich habe eine bessere Idee“, sagte er. „Schnall die Skier ab!“
„Was?“ Verständnislos schaute sie ihn an. „Machst du Witze?“
„Nein. Es ist mein voller Ernst. Mach schon! Ich stelle sie in den Ständer, und wir lassen sie später abholen.“
„Und wie soll ich den Berg hinunterkommen? Erwartest du, dass ich auf dem Po rutsche?“ Wahrscheinlich bin ich dann schneller unten, dachte sie und fing amüsierte Blicke von umstehenden Wintersportlern auf.
„Vertraust du mir nicht?“, fragte Mac leise und sah ihr tief in die Augen.
„Du weißt, dass ich dir vertraue“, antwortete sie und errötete.
Vor Jahren hatte sein Bruder ihn einmal so ins Tal befördert – allerdings unter ganz anderen Umständen. Damals war er zehn gewesen und stand zum ersten Mal auf Skiern. Er wollte seinem großen Bruder unbedingt beweisen, dass er mit ihm mithalten konnte, hatte beobachtet, wie Ra’id einen Lift zum Gletscher nahm, und war ihm gefolgt. Ra’id musste einen gefährlichen Abhang erklimmen, um ihn zu retten. Es war nur Ra’ids Instinkt und Umsicht zu verdanken, dass er noch am Leben war. Ra’id hatte gespürt, dass sein draufgängerischer kleiner Bruder hinter ihm Probleme hatte. Das Wetter war umgeschlagen, und Ra’id hatte im Schneesturm fast eine Stunde gebraucht, um die Schneebrücke zu erreichen, auf der Razi festhing. Doch Ra’id hatte ihm nicht einmal Vorwürfe gemacht,
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