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1001 Kuss - und dann Schluss

1001 Kuss - und dann Schluss

Titel: 1001 Kuss - und dann Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Stephens
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hatten, der das Land mit eiserner Faust regierte. Helena hatte kein Geld, keine Freunde, die ihr den Rückflug nach Hause ermöglicht hätten, und ihr einziger Lebenssinn bestand darin, schön und dem Scheich jederzeit verfügbar zu sein. Eine Zeit lang füllte sie das aus.
    In Lucys Augen schimmerten Tränen, als sie sich den kleinen Jungen vorstellte, der seine Mutter nur aus den grausamen Klatschgeschichten der Höflinge kannte. Als ihr bewusst wurde, dass die Geschichte sich wiederholen könnte, fing sie an zu weinen.
    „Hey“, sagte Razi und küsste die Tränen von den Wangen. „Diesem Wasserfall bin ich nicht gewachsen. Genug von mir. Jetzt will ich deine Geschichte hören.“
    Zwar konnte sie sich jetzt besser in den Vater ihres Kindes hineinversetzen, aber sie wusste noch längst nicht genug von ihm. „Ich interessiere mich aber vor allem für dich“, widersprach sie.
    „Netter Versuch, Lucy. Ich warte.“
    Es war immer dasselbe mit Lucy: Sie sprach nicht gern über sich selbst. Gerade diese Haltung war jedoch sehr aufschlussreich. Als sie sich schließlich erweichen ließ, ihm einige Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen, kamen sie ihm sehr bekannt vor. Auch sie hatte sich in ihrer Familie fremd gefühlt. Niemals hätte Razi es für möglich gehalten, dass Lucy und er sich in einer einzigen Nacht so nahe kommen könnten. Jetzt wusste er, was sie fürchtete, und versuchte, sie beruhigen. „Das liegt alles hinter uns, Lucy.“ Er küsste sie zärtlich. „Du kannst dich auf die Zukunft freuen.“
    „Wirklich?“
    Musste sie ihn so traurig ansehen? Er wollte sie doch glücklich machen. Sie sollte ihre einsame Kindheit und die Selbstzweifel vergessen. „Du hast alles richtig gemacht. Jeder Mensch will geliebt und verstanden werden und wünscht sich, dass man ihm zuhört. Das alles hast du verdient, Lucy.“
    „Meine Familie liebt mich ja, aber sie versteht mich nicht.“
    „Aber ich verstehe dich.“ Zärtlich umfasste er ihr Gesicht und küsste sie. Wie glücklich er sich schätzen konnte, diese Nacht mit ihr zu verbringen!
    „Wenigstens hat meine Familie mich nicht verstoßen – im Gegensatz zu deinen Eltern.“
    „Ich hatte ja meinen Bruder Ra’id, der sich um mich gekümmert hat.“
    „Meine Brüder hätten sich auch um mich gekümmert, wenn sie zwischen all den Streitgesprächen die Zeit dazu gefunden hätten.“
    „Davon bin ich überzeugt.“ Allerdings hätte er ihnen zu gern einmal die Meinung gesagt. Was fiel denen eigentlich ein, ihre Schwester im Stich zu lassen?
    „Ich würde deinen Bruder gern kennenlernen, Razi.“
    „Das wirst du auch.“
    Aber unter welchen Umständen? Die Frage war ihr deutlich anzusehen. Würde er sie heimlich zu einer Privataudienz in den Palast schmuggeln? Oder durfte sie in der Küche arbeiten, und Ra’id käme zufällig vorbei?
    „Es erfüllt mich mit Stolz, dich meinem Bruder vorstellen zu dürfen“, erklärte Razi.
    „Wirklich?“
    „Natürlich! Wie kannst du das bezweifeln?“
    Vielleicht weil sie wusste, dass diese Idylle nicht von Dauer sein konnte. Lucy spürte, wie Razi sich bereits von ihr distanzierte.
    Nachdenklich betrachteten sie schweigend die Vorboten des Tages am Himmel: lavendel- und jasminfarbene Streifen.
    Schließlich löste Razi sich ganz von ihr und stand auf. „Ich mache uns Kaffee“, erklärte er, während sie überlegte, noch einmal schwimmen zu gehen.
    „Es wird ja schon hell“, sagte sie, als er protestierte. „Und ich verspreche aufzupassen.“
    Schweigend schaute er sie an, dann gab er nach. Als Lucy sich das Gewand umgelegt hatte, zog er sie an sich und küsste sie flüchtig. Ein letztes Mal? „Das war eine unglaubliche Nacht“, bemerkte er trocken und ließ sie wieder los.
    „Ja, das kann man wohl sagen.“
    Razi hatte immer gedacht, die Wüste würde ihn zu einem anderen Menschen machen und von allen Zwängen befreien, doch jetzt erkannte er, dass die unendliche Weite ihm lediglich Raum gab, in Ruhe nachzudenken. Als sie am Feuer saßen und ihren letzten Kaffee tranken, gestand er sich ein, dass Lucys Gesellschaft der Einsamkeit vorzuziehen war. Lucy hatte ihn befreit. Noch nie zuvor hatte er einen Menschen so ins Vertrauen gezogen. Unauffällig musterte er sie von der Seite. Wie gefasst sie war! Sie wussten jetzt, wo sie standen. Er würde dafür sorgen, dass es ihr an nichts fehlte, doch jeder musste für sich leben. Die Nacht hatte sie beide verändert. Er hatte sie gern, vielleicht liebte er sie sogar.

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