1001 Kuss - und dann Schluss
bemerkte erst jetzt, dass sie fast Razis Hand zerquetscht hätte. „Was ist das? Nun sagen Sie schon!“
„Sie erwarten nicht ein Baby …“, verkündete der Arzt triumphierend, „… sondern Zwillinge.“
„Wie bitte?“ Im ersten Moment war sie schockiert, dann ungläubig und begeistert.
„Sind Sie sicher?“, fragte Razi angespannt.
„Ganz sicher. Hier, sehen Sie selbst.“ Er zeigte erst auf einen winzigen Punkt, dann auf einen zweiten.
Sie erwarteten Zwillinge! Razi konnte sein Glück kaum fassen. Er strahlte vor Stolz und konnte sich plötzlich vorstellen, bald eine richtige Familie zu haben. Er musste Lucy und die Zwillinge beschützen. Niemand durfte sie wegen ihrer Herkunft verurteilen!
„Zwillinge kommen erfahrungsgemäß zu früh auf die Welt“, erklärte der Arzt. „Schon bald können Sie Ihre Kinder in den Armen halten.“
Der Mann meinte es sicher gut, doch statt beruhigt zu sein, geriet Lucy in Panik.
„Freust du dich denn gar nicht?“, fragte Razi.
„Ich bin überwältigt“, wisperte sie leise.
Razi lachte glücklich und gab ihr einen Kuss. Sie war zu schockiert, um ihn zu erwidern.
„Das ist eine ganz normale Reaktion“, versicherte ihnen der Arzt. „Die Väter geraten vor Freude aus dem Häuschen, während die Mütter sich Gedanken machen, wie sie das alles finanziell bewältigen sollen. Aber in Ihrem Fall ist das ja kein Problem.“
Wirklich nicht? dachte Lucy und sah zu, wie der Mann sich tief vor Razi verbeugte.
„Es freut mich sehr, Ihnen zu Diensten zu sein, Eure Majestät. Bitte lassen Sie es mich wissen, wenn ich noch irgendetwas für Sie tun kann. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung.“
Razi dankte ihm freundlich und half dann Lucy von der Liege. Dabei strahlte er so sehr, dass sie eigentlich von Liebe und Zuversicht hätte erfüllt sein müssen. Stattdessen jedoch sorgte sie sich um die Zukunft.
9. KAPITEL
Draußen legte Razi ihr schützend den Arm um die Schultern und half Lucy in den Jeep.
„Wir fahren direkt zum Palast, um zu überlegen, wie es weitergeht“, sagte er, ließ den Motor an und fuhr los. Gleichzeitig erledigte er einen kurzen Anruf. Nach einigen überschwänglichen Erklärungen beendete er das Gespräch wieder. Lucy brauchte die Landessprache nicht zu verstehen, um zu wissen, worum es ging.
„Sind sie nicht schockiert?“, fragte sie.
„Warum sollten sie schockiert sein, wenn ihr Herrscher Vater von Zwillingen wird? Ich hoffe, sie freuen sich, dass wir auf dem besten Weg sind, eine Dynastie zu gründen. Das war ein Scherz“, fügte er hinzu, als er Lucys besorgte Miene bemerkte. „Sollen die doch alle denken, was sie wollen. Mir ist am wichtigsten, dass meine Kinder gesund und glücklich sind. Soll ich vielleicht verheimlichen, wie sehr ich mich über die bevorstehende Geburt von Zwillingen freue?“
„Natürlich nicht.“ Es gab ihr allerdings zu denken, dass sie in Razis Plänen offensichtlich nicht vorkam. Die Vorstellung, bald Vater von zwei Kindern zu sein, hatte neue Energien in ihm freigesetzt. Wer sich ihm jetzt in den Weg stellte, dem würde es schlecht ergehen. Das galt auch für Lucy Tennant. Razi hatte sich sehr schnell an die neue Situation gewöhnt, während Lucy die Vorstellung widerstrebte, ihre Freiheit nun gänzlich aufgeben zu müssen.
„Dies ist der Palast des verstorbenen Scheichs“, erklärte Razi, als der Jeep vor einigen hohen goldenen Toren sein Tempo drosselte. „Mein Gast und ich werden uns mit überbordender Pracht abfinden müssen, bis mein nach ökologischen Gesichtspunkten gebauter Palast bezugsfertig ist.“
Razis gute Laune war mitreißend. „Ich werde mich bemühen“, versprach Lucy. Als ihr Blick auf die Furcht einflößenden, mit Krummschwertern bewaffneten Palastwachen fiel, wurde es ihr allerdings unheimlich.
„Willkommen im hemmungslosen Überfluss“, lautete Razis trockener Kommentar, als sie unter einem goldenen Torbogen hindurchfuhren. Die Fahrt führte über eine breite Prachtstraße, die glitzerte, als wäre sie mit Goldstaub besprenkelt worden.
Lucy fühlte sich von all der Pracht eingeschüchtert.
„Quarzkristalle bringen den Asphalt zum Glitzern“, erklärte Razi.
Herrlich angelegte Blumenbeete säumten die glitzernde Prachtstraße. Den eigentlichen Blickfang bildete jedoch der wie aus ‚Tausendundeiner Nacht‘ wirkende Palast, der sich vor ihnen erhob. Rosafarbene Türme und weiße Minarette umrahmten eine mit Juwelen verzierte Kuppel aus gehämmertem Gold. Als
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