1001 Nachtschichten
hübschen Beine dieser fremden Frau zu allem Übel – oder zurFreude, kommt drauf an, von welcher Seite man die Lage betrachtet – auch noch da drinstecken und sie mir diese tollen Beine samt schwarzen Strapsen sehr eng um den Hals geschlungen hat.
Ich bitte Bernie, mit seinem Händy ein Foto von unserem Sprung zu machen, um bei meinen Kumpels im türkischen Café damit anzugeben.
Jetzt kommt es darauf an, die Marie hochzustemmen – aber ich schaffe es nicht! Diese Frau muss mehrere Tonnen wiegen, dabei hat sie doch so schlanke Beine.
»Marie, wie oft habe ich dir gesagt, du sollst abspecken! Nicht mal ein Türke kann dich hochheben!«, schallt es mir von der anderen Seite der Hundescheiße niederschmetternd ins Gesicht. Das hätte Bernie auf keinen Fall sagen dürfen! Wie Peitschenhiebe treffen mich diese Worte. Ein Türke kann zehn Frauen auf einmal stemmen, selbst wenn sie abtörnende Ganzkörperschleier tragen sollten. Dieser Bernie wird mich noch kennenlernen!
Ich hole ganz tief Luft und sammle alle meine Kräfte.
Mit entschlossenem Griff umfasse ich die Oberschenkel der Dame noch fester und zähle schwer atmend wie ein russischer Gewichtheber: »Eins, zweii, uuuunnnd hooooopp!«
Bernie drückt auf den Auslöser fürs Foto, und ich liege mit dem Gesicht in der Scheiße! Die Marie fällt auf der anderen Seite hinunter.
Schwer atmen wie ein russischer Gewichtheber kann ich, aber hüpfen wie ein finnischer Weitspringer kann ich nicht ganz! Aber Marie-Mäuschen ist trotzdem drüben – immerhin!
»Na, wie habe ich das gemacht?«, frage ich stolz.
»Ganz hervorragend, Herr Kollege, besser hätte ich es auch nicht machen können«, meint Bernie und klettert mit seiner Familie die Treppen hoch zu Koslowskis.
»Wenn du fremde Frauen auch nur schief anguckst, sollst du mit deiner Nase jämmerlich in einem Misthaufen versinken«, hat mir meine Frau mal vor sehr vielen Jahren gewünscht.
Es ist doch unglaublich, wie die menschliche Festplatte uralte Texte passend zu den aktuellen Bildern wieder aus dem Archiv herauskramen kann!
Ich mache mich notdürftig sauber und betrete ziemlich stinkig – im doppelten Sinne – unsere Wohnung.
Eminanim interessiert sich weder für mein abenteuerliches Aussehen noch für meinen würzigen Geruch:
»Osman, sag schon, bist du gefeuert worden?«, fragt sie neugierig bis in die Haarspitzen.
Ich glaube, ich hätte heute mit Marie und drei weiteren hübschen bestrapsten Weibern auf den Schultern ins Wohnzimmer kommen können, meine Frau hätte sie nicht wahrgenommen. Sie hätte vielleicht gefragt, warum ich mitten im Sommer so dicke Schals trage.
»Eminanim, wo denkst du denn hin? Mein Meister kann mich doch nicht mitten in meiner spannenden Einwanderungsgeschichte rauswerfen«, rufe ich stolz.
»Waaaass? Ich fass es nicht! Du hast es also doch wieder geschafft? Toll, womit denn?«
»Dein Mann ist ein Genie, mein Schatz: mit der Pinkelstory! Aber du musst morgen mit zu Halle 4 kommen, und zwar in einem kurzen Rock!«
»Ich? Mit einem kurzen Rock?«
»Ja, Meister Viehtreiber hat nämlich das Verlangen nach echten Frauenschenkeln. Wenn du nicht selber kommen willst, musst du mir für morgen zwei Prostituierte organisieren.«
»Haben die Frikadellen ihm denn gar nicht geschmeckt?«
»Doch, schon. Aber wir haben uns da ein echtes Monster herangezüchtet. Mittlerweile will er zu den Geschichten leibhaftige Frauen mit zwei echten Schenkeln zum Knabbern haben. Wie soll ich die Zeit bis zum Ende des Monats mit so einem Ungeheuer überstehen – wo soll das nur alles enden?«
Freitag, 18. Juni
»Hoffentlich endet es nicht heute«, denke ich mir, als ich am nächsten Tag wieder vor meinem Meister erscheine und den Inhalt des riesigen Picknickkoffers, den meine Frau mit allerlei Köstlichkeiten vollgestopft hat, auf seinem Schreibtisch ausbreite.
Oh, toll! Ein vollständiges und sehr leckeres Dreigängemenü:
Zucchinipuffer mit Käsecreme als Vorspeise, Kebab mit Joghurt auf Fladenbrot als Hauptspeise und als Nachspeise Frauennabel, die ich ihm als »Baklava nach Hausfrauenart« vorstelle, damit er mir nicht erneut Zuhälter-Tätigkeiten abverlangt. Eminanim hat ihre Prostituiertendienste nämlich leider verweigert.
Und das Rezept vom gestrigen Börek?«, fragt er.
Auf das Börek-Rezept ist er schärfer als auf die Pointevon der Geschichte. Mein alter Vater hat das immer gewusst. »Geschichten machen nicht satt, mein Junge, quatsche deshalb nicht so viel«, war seine
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