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1001 Nachtschichten

1001 Nachtschichten

Titel: 1001 Nachtschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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nahm mein Plastikfläschchen und ging hinter einen Baum. Ein tolles Geschäft, das keinen Laden, keine Sekretärin und keine Verkäuferin braucht.
    Nach einer Weile kam er erleichtert wieder zurück, knöpfte dabei seine Hose zu und übergab mir die zukunftsentscheidende Ware.
    ›Ich bin mir sicher, das wird dir in Deutschland ein glückliches Leben bescheren, Bruder, ich hab das irgendwieim Urin‹, sagte er gönnerhaft« – und ich hab es auch irgendwie im Urin, wenn ich jetzt dem Meister Viehtreiber die Schusspointe dieser Geschichte verrate, dass ich dafür sofort meine Kündigung verpasst bekomme.
    »Herr Viehtreiber, wie schnell die Zeit schon wieder vorbeigerauscht ist! Mein Bus, mein Bus!«, rufe ich hektisch.
    »Öhmbh …«, stammelt er mit vollem Mund.
    »Den Rest dieser spannenden Pinkel-Geschichte erzähle ich morgen und hole bei der Gelegenheit auch die Teller und Töpfe ab«, sage ich und laufe zur Tür.
    »Gut, bring mir auch das Rezept von diesem leckeren Börek mit«, ruft er mir hinterher.
    Diese unerwartete Steilvorlage lasse ich mir selbstverständlich nicht entgehen und versenke den Ball augenblicklich im Tor:
    »Mach ich, Chef, mach ich – bis moorgeeen …«

    Als ich wieder nach Hause komme, bietet sich meinen gestressten Augen das folgende wundervolle Bild: Die stinkende Hundekacke ist weg!
    Aber leider nicht ganz, sondern sie ist nur unter den Teppich beziehungsweise unter die Zeitung gekehrt worden.
    Auf dem Flur ist ein Exemplar der heutigen Tageszeitung voll ausgebreitet worden, und unter diesem Papierberg ist der Hundehaufen kaum noch auszumachen. Man weiß überhaupt nicht, wo man hintreten kann und wo nicht. Es ist gefährlicher als ein Minenfeld.
    Es gibt auch keinen Platz, um an der Stelle vorbeizukommen.Man muss fast eineinhalb Meter weit springen, um die ersehnte andere Seite zu erreichen. War bestimmt ein echter Weitspringer, der die Zeitungen über den Haufen gelegt hat.
    Und um dieses aufregende Bild zu vervollkommnen, steht der Schwager von Herrn Koslowski aus dem dritten Stock mit Kind und Kegel vor dem Hundehaufen, und sie wissen nicht, wie sie lebend daran vorbeikommen sollen.
    Alle kratzen sich nachdenklich am Kopf, als würden sie vor der 1-Million -Euro-Frage stehen und nicht vor einem Haufen Hundescheiße.
    »Ich glaube, ich weiß jetzt, wie man die Hürde nehmen kann«, ruft der Koslowski-Schwager und nimmt einen langen Anlauf.
    Er macht ein entschlossenes Gesicht, um vor seiner gesamten Familie nicht als Versager dazustehen, und ruft:
    »Hooooopp!!«, und mit einem gewaltigen Satz erreicht er das rettende Ufer.
    Die Familie klatscht begeistert Beifall.
    Seine Frau wirft ihm das Kind rüber, scheitert aber nach mehrmaligen Anlaufversuchen selbst an der unappetitlichen Barriere.
    »Nein, Bernie, nein, das schaff ich nie!«, jammert sie verzweifelt von ihrer Seite der Hundekacke.
    »Marie-Mäuschen, das packst du schon! Zur Belohnung darfst du heute Nacht oben liegen!«
    »Nein, Bernie, lass uns doch wieder nach Hause gehen!«
    »Sonst redest du doch immer von Emanzipation. Jetzt spring endlich rüber, Marie!«
    Die gute Marie kommt bis zu mir nach hinten, holt tiefLuft, geht in die Knie, setzt wieder zum Sprung an … und bleibt vor dem Zeitungshaufen erneut stehen.
    Sie lässt die Schultern hängen und murmelt:
    »Emanzipation hin oder her, das schaffe ich nie, Bernie! Wenn du drauf bestehst, werde ich mein Emma-Abo kündigen.«
    Sie ist dermaßen niedergeschlagen, als wäre sie für das endgültige Scheitern der gesamten Frauenbewegung ganz allein verantwortlich.
    Ich nehme mir ein Herz, stelle meine Arbeitstasche und die Thermoskanne in die Ecke und biete der jungen Familie meine Hilfe an:
    »Liebe Marie, wie wäre es, wenn ich Sie auf den Rücken nähme, und wir springen gemeinsam rüber.«
    »Eine glänzende Idee«, ruft ihr Mann von der anderen Seite.
    »Gut«, sagt die Frau mit strahlenden Augen, ihre letzte Chance witternd, »versuchen wir es mal.«
    Ich bücke mich und gehe in die Knie. Aber Marie klettert mir nicht auf den Rücken, sondern setzt sich rittlings auf meine Schulter!
    Bei Allah, das kann doch nicht wahr sein!
    Ich hocke im Hausflur und stecke mit meinem Kopf zwischen den Beinen einer fremden Frau. Ich sende ein stummes Stoßgebet gen Himmel, dass Eminanim jetzt nicht die Tür öffnet. Allein Allah und ich wissen, wie eifersüchtig sie ist!
    Sie würde mir niemals verzeihen, dass ich die schwarzen Strapse einer jungen Frau anfasse, während die

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