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1001 Nachtschichten

1001 Nachtschichten

Titel: 1001 Nachtschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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Bewirb dich doch lieber als Kompjuterfachfrau oder als besonders qualifizierte Zoologin – vielleicht als Kompjuterzoologin …«
    »Osman, spar dir deine Komplimente. Ich lass mich von der gesamten Verwandtschaft und Nachbarschaft erst dann großartig feiern, wenn ich den Job bekommen habe. Jetzt muss ich los. Sonst komme ich noch zu spät.«
    »Eminanim, warte doch, ich komme mit. Vielleicht kann sich der Arzt ja bei der Gelegenheit auch gleich meinen Zwölffingerdarm anschauen.«

    Aber der Medizinmann empfängt uns derart kalt und von oben herab, dass ich mir von dem arroganten Kerl nicht mal den kleinsten entzündeten Finger von meinem Zwölffingerdarm anschauen lassen würde.
    »Ossi, ist doch logisch«, flüstert meine Frau, »jetzt spielt er ja nicht den fürsorglichen Arzt, sondern den strengen und brutalen Arbeitgeber. Er ist sich bewusst, dass er im Gegensatz zu seinen Patienten an mir nichts verdienen wird, sondern sogar was zahlen muss. Das macht ihn jetzt schon fertig.«
    »Was wollen Sie denn für das bisschen Putzen hier in der Stunde haben?«, fragt der Arzt und bestätigt damit voll und ganz Eminanims Vermutungen.
    »Meine Frau kann nicht nur gut putzen, sie versteht auch noch was von Kompjutern – sogar von Mäusen«, rufe ich, um den Preis höherzutreiben.
    »Ich vermute mal, Sie kommen aus der Türkei, nicht wahr?«, fragt er unvermittelt.
    »Nein, wir kommen aus Bremen. Für ein paar Stunden Putzarbeit jedes Mal aus der Türkei hierherzukommen, der Aufwand würde sich nicht wirklich lohnen. So viel Unkosten wollen wir Ihnen doch nicht machen. Es sei denn, Sie bestehen darauf, haha, haha«, scherze ich, um die Stimmung etwas aufzulockern.
    »Das könnte Ihnen wohl so passen«, sagt der Arzt vollkommen ernst. »Außerdem: Eine Türkin will ich sowiesonicht noch mal in der Praxis haben. Die kippen das dreckige Putzwasser immer in das Waschbecken für die Patienten.«
    »Also in den letzten fünfundzwanzig Jahren habe ich noch nie gesehen, dass meine Frau ihr dreckiges Putzwasser bei uns zu Hause in die Patientenwaschbecken reingeschüttet hätte«, scherze ich weiterhin um die Wette.
    »Guter Mann, ich versuche die ganze Zeit irgendwie mit Ihrer Frau zu reden und nicht mit Ihnen. Oder bewerben Sie sich etwa als Duo um diese Stelle?«
    »Aber Herr Doktor, in diesem Fall ist meine Frau doch befangen. Sie will sich doch nicht selbst loben. Ich als Zeuge und Ehemann bin da wesentlich glaubwürdiger. Aber wo Sie gerade von Waschbecken reden: Bei unserem letzten Betriebsfest in Halle 4 hat mein Meister Viehtreiber, als er richtig besoffen war, sogar in unser Kantinen-Waschbecken reingepinkelt. Und der ist nicht mal ein Türke, sondern nur ein Deutscher! Lang wie eine Bohnenstange, blass wie ein Geist und hat einen Bierbauch wie eine schwangere Frau! Ein ganz normaler Deutscher eben! Unterstelle ich Ihnen etwa, dass Sie, wenn Sie besoffen sind, an keinem Spülbecken vorbeigehen können, ohne da reinzupinkeln? Nein! Mit so groben Verallgemeinerungen kommen wir in der Sache nicht weiter, Herr … Herr … wie war noch mal Ihr Name?«
    »Osman, halt endlich die Klappe«, zischt meine Frau böse.
    Ich weiß gar nicht, was Eminanim hat? Ich bin doch die ganze Zeit voll auf ihrer Seite!
    »Herr Doktor, wenn Ihnen das Wohl Ihres Wasch beckens wichtiger ist als das Ihrer Patienten, dann montieren Sie schlauerweise nicht nur über der Eingangstür eine Videokamera, sondern auch über dem Spülbecken. Dann haben Sie nicht nur die Patienten, die Lieferanten und die Mitarbeiter, sondern auch alle Ihre Putzfrauen total im Griff«, gebe ich dem Arzt meinen gut gemeinten professionellen Rat. Dieser Anfänger kann von Viehtreiber noch viel lernen!
    »Keine so schlechte Idee«, sagt der Medizinmann, »so können wir die Taugenichtse wenigstens auf frischer Tat ertappen und sind nicht auf Augenzeugen angewiesen.«
    »Wie gesagt, Videokameras über Spülbecken«, zwinkere ich.
    »Osman, ich gehe! Wenn du unbedingt willst, kannst du mit dem Kerl hier weiter fachsimpeln. Er hat doch von Anfang an gesagt, dass er keine Türkin will!«, brüllt Eminanim und schnappt sich ihren dicken Ordner.
    »Eminanim, warte doch! Der Mann hat das nicht böse gemeint. Du weißt, viele Alternativen außer Putzen hast du nicht«, versuche ich sie aufzuhalten.
    »Außerdem, solange du dabei bist, werde ich eh keine Stelle bekommen …«
    »Mein Schatz, nun reg dich doch ab! Er hat doch nur gesagt, dass die türkischen Putzfrauen in das

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