1001 Versuchung
den Lippen trat er einen Schritt zurück und drückte die Hände an die Seiten. Zur Sicherheit, denn selbst nach diesem fantastischen Liebesakt wusste er nicht, ob er es fertigbrachte, von dieser Frau zu lassen. Sie erregte und befriedigte ihn wie keine zuvor.
Er kleidete sich gerade wieder an, als ein Geräusch ihn mitten in der Bewegung erstarren ließ. Nein, zwei Geräusche – das leise Schaben der Tür, als sie aufgezogen wurde, und Rosalies Schluchzen.
Sein Herz setzte aus, seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen.
„Rosalie …“
Er wollte nach ihr greifen, doch sie rannte bereits über den dunklen Korridor. Er stolperte über ein paar vergessene Schuhe und fing sich gerade noch, dennoch wäre er ihr gefolgt, hätte er nicht ihr verzweifeltes Schluchzen gehört.
Er hatte ihr das angetan. Er mit seinen eigennützigen Bedürfnissen, mit seinem Insistieren, um das zu bekommen, was er wollte.
Dabei wusste er, was Rosalie durchgemacht hatte. Wie sehr sie gelitten hatte. Er hatte sich geschworen, vernünftig zu sein und Abstand zu halten.
Vernünftig konnte man das nicht nennen, was er soeben getan hatte. Nicht die Spur von Zärtlichkeit oder Mitgefühl hatte er gezeigt. Er hatte sie weder überredet noch verführt.
Nein, er hatte sich genommen, was er wollte.
Voller Selbstverachtung schloss er die Knöpfe seines Hemdes. Wie konnte er nur wiedergutmachen, was er getan hatte? Ließ sich das überhaupt wiedergutmachen?
Eine knappe Viertelstunde später betrat Arik den großen Festsaal und spürte nichts als Schuld in sich brennen. Kaum dass er die prächtig gekleideten Menschen wahrnahm, durch deren Mitte er sich den Weg hin zu Rafiq bahnte. Er würde sich bei seinem Cousin entschuldigen. Er musste jetzt allein sein, brauchte Ruhe, um nachdenken und seine Gedanken ordnen zu können.
Er verlangsamte jedoch seine energischen Schritte, als er eine Stimme vernahm, die ihm bekannt vorkam. Sein Blick glitt in die Richtung, und im gleichen Moment wünschte er, er hätte nicht hingeschaut. Ein Paar stand dort. Den Mann kannte er nicht, aber die Frau hatte er schon gesehen. Und zwar hier in dem gleichen Saal, vor einer Woche. Sie war diejenige, die diesen Unsinn über Rosalie verbreitet hatte.
Automatisch blieb Arik stehen. Das Blut rauschte ihm noch immer in den Ohren, und der Geräuschpegel in dem vollen Saal verhinderte, dass er irgendeine Unterhaltung bewusst verstanden hätte. Doch nun riet ein sechster Sinn ihm, die Ohren aufzusperren.
Déjà vu.
„Sie soll ja recht kess gewesen sein … hat keinen Ehemann … sie wird dem Ruf des Fürstenhauses nur Schaden zufügen …“
Arik hatte eigentlich nichts anderes als bösartigen Klatsch von dieser Frau erwartet, dennoch wunderte er sich über ihre Unverfrorenheit. Hier im Palast so über Rosalie herzuziehen.
Beim letzten Mal hatte er aus einem Impuls heraus gehandelt, hatte nicht über seine Worte nachgedacht, sondern sie direkt ausgesprochen. Dieses Mal hörte er weiter zu, lauschte der vollen Ladung hässlicher Anspielungen.
Und aus den eigenen wirren Gedanken und dem unendlichen Schuldgefühl, das ihn plagte, seit Rosalie vor ihm davongerannt war, stieg eine einzelne Erkenntnis hervor, plötzlich und so klar, dass es ihn fast blendete. Es war so einfach, beinah hätte er vor Erleichterung gelächelt.
Doch er stemmte nur die Hände in die Hüften und stellte sich dem korpulenten Paar in den Weg. Der Mann bemerkte ihn als Erster, seine Miene spiegelte verlegenes Erschrecken wider. Dann wurde auch seine Frau Ariks gewahr, und ihr Gesicht verlor alle Farbe.
Über den Köpfen der beiden sah Arik Rafiq mit entschlossenen Schritten auf die kleine Gruppe zukommen. Zu spät, Cousin, ich kümmere mich selbst um die Sache, ein für alle Mal.
Arik funkelte die beiden vor sich an. Er machte sich nicht die Mühe, leise zu sprechen. Im Gegenteil, er hatte etwas zu sagen, und je mehr ihn hörten, desto besser.
„Ich würde Ihnen raten, Ihre bösartige Zunge im Zaum zu halten.“ Die Frau zuckte zusammen, doch Arik bemerkte es nicht einmal. „Niemand spricht so über die Frau, die ich zu heiraten gedenke.“
12. KAPITEL
„Du hast mich noch nicht nach meinen Absichten gefragt.“ Arik sah seinen Cousin offen an. Er wusste, wie viel Mühe es Rafiq kostete, seine Meinung zurückzuhalten. Schließlich gehörte Rosalie der Tradition nach durch die Heirat zu den Frauen, die unter Rafiqs Schutz standen. Es war Rafiqs Pflicht, Rosalie zu versorgen und sie zu
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