1004 - Die Stufen der Erkenntnis
neuem ein. Er schoß in die Höhe und regelte die Leistung des Aggregats auf 80 Prozent des Höchstwerts. Das künstliche Schwerefeld war jetzt kräftig genug, um dem Wind standzuhalten. Surfo flog einen Kreis, dessen Mittelpunkt das Wrack der Scheibe bildete. Es kam etwas auf ihn zu, etwas Mächtiges und Gefährliches. Er wollte nicht fliehen. Er wollte wissen, was es war. Aber er brauchte Deckung, und sei es auch nur einen Erdhaufen, hinter dem er sich verstecken konnte.
Ein Fels, den der stetig blasende Wind zu grotesken Formen gestaltet hatte, tauchte aus dem wehenden Sand vor ihm auf. Er steuerte darauf zu und landete auf einer kleinen, ebenen Fläche, von der aus er über die Kuppe des Felsens hinwegblicken konnte. Er befand sich zehn Meter über dem Boden. Der Wind wehte hier noch heftiger als drunten. Surfo drückte sich, so gut es ging, in eine schmale Felsnische, die ihm Halt bot. Der Strahler war ihm wie von selbst in die Hand geglitten. Das rhythmische Knirschen und Krachen war jetzt ganz nah. Es hatte sich verlangsamt, als sei das unbekannte, unsichtbare Wesen unschlüssig, wohin es sich jetzt wenden solle.
Ein dunkler Umriß tauchte vor Surfo auf, ein mächtiger Schädel mit drei glotzenden Augen, jedes so groß wie zwei Männerhände. Über den Augen wölbte sich eine flache, schuppige Stirn. Ein dicker, muskulöser Hals wölbte sich zum Boden hinab. Der Rest des Tierkörpers verschwand in den Staubwolken, die der Sturm vor sich hertrieb.
Die schlitzförmigen Pupillen der Augen wurden starr, als Surfo in ihrem Blickfeld erschien. Der Schädel ruckte vorwärts. Zwei Nüstern blähten sich und wurden zu riesigen, finsteren Löchern, aus denen mit ohrenbetäubendem Zischen Fontänen aus gelblichgrünem Dampf hervorschossen. Bestialischer Gestank hüllte Surfo ein und raubte ihm fast die Sinne. Er taumelte aus der Nische hervor und wäre um ein Haar in die Tiefe geblasen worden. Er fing sich im letzten Augenblick. Der widerliche Schädel befand sich jetzt unmittelbar über ihm. Grüner Dampf wallte herab. Surfo schoß.
8.
Für 1-Rot wurde das Bild allmählich klarer. Es enthielt zwar noch einige Stellen, über deren Bedeutung er sich nicht schlüssig war. Aber was er wußte, reichte aus, um einen Vorgehensplan zu entwickeln.
So war ihm zum Beispiel seit jüngstem bekannt, daß die Besatzung des Beiboots, das südlich des Bergzuges gelandet war, nur aus drei Wesen bestand. Sie hatten ihr Fahrzeug zurückgelassen und bewegten sich seit kurzer Zeit in nordöstlicher Richtung. 1-Rot glaubte, ihr Ziel zu kennen. Es war eines jener häßlichen Gebäude, aus denen die feindliche Anlage bestand. Die drei Eindringlinge hatten sich eine Zeitlang sehr langsam, wahrscheinlich zu Fuß, bewegt, waren jetzt aber offenbar wieder im Besitz von Fahrzeugen, die ihnen ein rascheres Vorwärtskommen ermöglichten.
Da 1-Rot ihr Ziel kannte, war es ihm ein leichtes, die Vorbereitungen zu treffen, die ihn in den Besitz von drei wertvollen Gefangenen setzen würde. Er hatte die Zusammenstellung und Ausrüstung des Stoßtrupps selbst überwacht und beauftragte nun 2-Herri damit, die Kämpfer zu jenem Gebäude zu führen, auf das die drei Eindringlinge zustrebten. 2-Herri hatte sich mit der Einrichtung des Bauwerks vertraut zu machen und dem Gegner eine Falle zu stellen. Die Falle mußte so funktionieren, daß die Eindringlinge möglichst kampflos gefangengenommen werden konnten. Wie 2-Herri sich seiner Aufgabe entledigte, das blieb ihm selbst überlassen. Er war 1-Rots Stellvertreter, besaß die Qualifikation eines Bordchefs und verfügte über genügend Vorstellungskraft, daß man ihm einen solchen Auftrag überlassen konnte, ohne sich um dessen Ausführung Sorge machen zu müssen.
Ungeklärt war bisher die Bedeutung der energetischen Eruptionen, die bis vor kurzem am Südrand der feindlichen Anlage stattgefunden hatten. Sie mußten mit der Landung des Bootes in engem Zusammenhang stehen; denn sie hatten unmittelbar nach der Landung begonnen und erst vor kurzer Zeit wieder aufgehört. Da sie im Augenblick jedoch keine Rolle spielten, maß 1-Rot ihnen nur untergeordnete Bedeutung zu und störte sich nicht daran, daß er sie sich nicht erklären konnte.
Seit 2-Herris Aufbruch war etwa eine Stunde vergangen, als neue Informationen eintrafen, die 1-Rot an der Richtigkeit seiner Planung irre werden ließen. Die drei Eindringlinge, jeder offenbar mit seinem eigenen Fahrzeug ausgestattet, hatten sich voneinander getrennt.
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