1006 - Das Palladium
mit der Gestalt nichts anzufangen.
Nein, so etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. Er spürte den Schweiß auf seinen Handflächen, und er wußte jetzt, daß immer weniger klar war.
Aus dem Dunkel näherte sich ein Joker – ein silbernes Skelett…
***
Die Lade, das Schwert des Salomo und ich waren zu einem regelrechten Kunstwerk zusammengewachsen. Hinzu kam noch mein Kreuz, das seine Energien freigab, aber das nahm ichnur am Rande wahr. Ich stand unbeweglich auf der Stelle und lauschte in mich hinein, denn ich hatte mich nicht geirrt.
Es war die Stimme meines Vaters gewesen.
Meines toten Vaters!
Oder lebte er noch? Und meine Mutter ebenfalls. Hatte ich nur einen Alptraum durchlitten, als ich am Rad der Zeit festgebunden worden war? Aus dieser Zeitspanne wußte ich nichts mehr. Ich kam damit auch nicht zurecht. Selbst die Bundeslade war völlig uninteressant für mich geworden. Ich wartete auf eine weitere Nachricht.
Sie erfolgte nicht.
So blieben die letzten beiden Schreie in meiner Erinnerung, und sie hatten sich angehört, als wäre jemand dabei, sich schreckliche Sorgen um mich zu machen. Wie eben ein Vater um sein Kind.
Es gelang mir, den Mund zu bewegen. Das Sprechen fiel mir trotzdem schwer. Ein Wort nur brachte ich hervor.
»Vater…?«
Nein, es hatte keinen Sinn, denn er meldete sich nicht. Er blieb stumm und in seiner eigenen Welt gefangen, die möglicherweise auch die Welt der Toten war.
»Johnnn!«
Innerlich fuhr ich zusammen. Äußerlich blieb ich völlig bewegungslos. Ich war keinem Irrtum verfallen. Er hatte abermals meinen Namen gerufen und ihn in mein Gehirn geschickt.
Plötzlich fing ich an zu frieren. Es schüttelte mich durch. Ich hatte Angst, wieder aus der Starre in das normale Leben zurückzukehren, deshalb schloß ich die Augen.
Jemand war dabei, um mich zu trauern oder zu weinen. Das hörte ich sehr deutlich. Plötzlich verschwand das Licht auf einen Schlag.
Die normale Welt hatte mich wiederund ich stellte erst jetzt fest, daß ich nicht mehr stand, sondern auf dem Rücken lag. Ich war gefallen, ohne es zu merken, hatte mir jedoch nichts geprellt oder gestoßen. Noch hielt ich das Schwert des Salomo fest. Und auf meiner Brust lag das Kreuz, das jetzt wieder seinen normalen Glanz verbreitete.
Ich war nicht erschöpft, aber es ging mir auch nicht gut. In der Brust spürte ich Stiche. Über mir lag die Decke – versunken in der dunklen Flut.
Beim Fallen war ich auf der Decke gelandet, unter der die Lade verborgen gewesen war. Deshalb wohl ging es mir auch relativ gut, aber ich war trotzdem völlig fertig, denn die Stimme meines toten Vaters hatte ich nicht vergessen.
Er hatte mich gerufen.
Seine Stimme würde nie mehr aus meiner Erinnerung weichen.
War es so etwas wie ein Abschied gewesen? Hatte mir mein Vater noch aus seiner Welt heraus helfen wollen? Oder war er gar nicht tot? Was hatte er mit mir und der Lade zu tun?
Etwas schob sich wie eine Headline in meine Gedanken hinein: Es war der Fluch der Sinclairs!
Ich wurde ihn einfach nicht los. Er kehrte immer wieder zurück.
Selbst aus dem Jenseits wurde ich mit ihm konfrontiert. Aber wieso war es meinem Vater möglich gewesen, sich bei mir zu melden? Er war kein Magier, er war ein normaler Mensch gewesen und war auch, wenn man so wollte, auf eine normale Art und Weise gestorben, auch wenn man ihn und meine Mutter grausam ermordet hatte.
Ich kam damit nicht zurecht. Aber ich konnte auch nicht liegenbleiben und drückte mich langsam in die Höhe. Das Schwert diente mir als Stütze. Die Spitze hatte ich gegen den Boden gedrückt, und meine Hände lagen auf dem Griff. Der innere Ring um meine Brust war noch immer vorhanden, undbeim Einatmen spürte ich die leichten Schmerzen.
Ich sah nicht nur erschöpft aus, ich fühlte mich auch so, aber es mußte weitergehen, vor allen Dingen jetzt, wo ich es geschafft hatte und tatsächlich vor der Bundeslade stand.
Ich hob den Kopf an.
Das Bild war geblieben.
Die Lade hatte sich nicht bewegt und sich auch durch den Kontakt mit dem Schwert nicht verschoben oder geöffnet.
Trotzdem war etwas anders geworden.
Im ersten Augenblick fiel es mir schwer, die Dinge genau zu erkennen. Es war mehr ein Gefühl, vielleicht auch eine Warnung. Deshalb hob ich den Blick an und schaute zum Ende der Lade.
Ja, es hatte sich etwas verändert.
Und sicherlich nicht zu meinen Gunsten.
Die beiden Cherubim schauten sich nicht mehr gegenseitig an, sondern starrten in eine andere Richtung,
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