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1006 - Das Palladium

1006 - Das Palladium

Titel: 1006 - Das Palladium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich von keinem Menschen gestört und durch nichts abgelenkt.
    Allmählich fühlte ich mich wohler. Das Licht ließ die Dunkelheit verschwinden. Zwar sammelten sich in den Ecken der Kapelle noch einige Schatten, aber dort wollte ich auch nicht hin. Die Lade jedenfalls war aus der Dunkelheit hervorgeholt worden.
    Ich trat wieder an die Stelle, wo ich sie zum erstenmal gesehen hatte, und ließ meinen Blick erneut über das mächtige Palladium schweifen.
    Ja, die Lade hatte die Form einer Truhe, aber es gab noch eine Besonderheit.
    An den Enden wellte sich die Decke jeweils in die Höhe. Den Grund kannte ich. Denn dort saßen die eigentlichen Wächter, die Hüter der Lade, die beiden mächtigen Cherubim. Zwitterwesen aus Mensch, Tier und Götze.
    Es war an der Zeit, die Decke herabzuziehen, aber ich ließ es noch bleiben. Es konnte normalerweise nichts mehr schiefgehen. Nur dachte ich daran, daßviele Stunden vor mir lagen, die ich allein nutzen wollte. Es würde mir nicht gefallen, wenn plötzlich bewaffnete Männer die Kapelle stürmten, die draußen voller Ungeduld auf den Anblick der Bundeslade warteten.
    Deshalb ging ich wieder zur Tür, zog sie auf und blieb zunächst auf der Schwelle stehen.
    Hinter mir brannten die Kerzen. Luft wehte in die Kapelle. Frischer Wind ließ die Flammen tanzen. Für einen Beobachter mußte ich wie ein Geist aus einer anderen Welt aussehen, der noch von den Flammen beschützt wurde.
    Die Dunkelheit hatte Fortschritte gemacht. Eine Dämmerung hatte es kaum gegeben. Die Umgebung der Kapelle lag im Finstern. Nur schwach malten sich noch die Umrisse der Hütten ab, in denen sonst die Mönche lebten. Die meisten waren von den Templern vertrieben worden, aber sie hatten auch Menschen umgebracht, denen es nicht gelungen war, rasch genug die Flucht zu ergreifen.
    Die Männer hielten sich auf dem Gelände auf. Hinter ihnen wuchs das Gitter hoch, und Hagir, der Anführer, hob einen Arm, als er mich so plötzlich sah.
    »Was ist mit dir?«
    »Ich habe sie gesehen.«
    »Sie ist also da?«
    »Hast du je daran gezweifelt?« fragte ich.
    »Nein, das wohl nicht.« Er lachte, und dieses Lachen klang übernervös. »Was hast du gesehen?«
    »Noch nichts. Sie ist verdeckt. Ich habe nur die Kerzendochte angezündet, um Licht zu haben. Ich bin aber gekommen, weil ich euch sagen will, daß ich mir Zeit lassen werde. Ja, viel Zeit, denn ich darf nichts überstürzen. Ich habe das Fluidum im Innern der Kapelle gespürt und weiß jetzt, daß es wirklich ein heiliger Ort ist.«
    »Traust du dich denn, die Lade zu öffnen?«
    »Wenn es geht, ja.«
    »Einverstanden!« rief mir Hagir zu. »Wenn es so weit ist, wenn du die Lade geöffnet hast, wirst du uns Bescheid geben, damit wir sie uns ebenfalls ansehen.«
    »Falls ich es überlebe.«
    Er amüsierte sich. »Das ist ja der Test. Wenn du es überlebst, werden auch wir es. So einfach ist die Rechnung.«
    »Wenn du meinst.«
    »Wir haben Zeit, Sinclair. Lange genug haben wir warten müssen, bis wir uns fanden. Jetzt kommt es auf die eine oder andere Stunde auch nicht mehr an.«
    »Ja, ich habe alles verstanden«, sagte ich und wollte noch kurz mit Mikail sprechen. »Geht es dir gut, Mikail?«
    »Ich lebe, John.«
    »Und ich möchte, daß du auch weiterhin am Leben bleibst.«
    »Das liegt einzig und allein an dir!« erklärte Hagir. »Wenn du tust, was wir sagen, wird dein Freund leben. Wir sind schließlich keine Unmenschen.«
    Darauf sagte ich lieber nichts, denn sie waren unter anderem Mörder, auch Hagir, der wohl seinen eigenen Verwandten getötet hatte.
    Bevor ich mich wieder wegdrehte, sprach mich Mikail an. »Möge dich der Segen des Allmächtigen beschützen, mein Freund.«
    »Es wird schon alles gutgehen, Mikail – danke.« Ich winkte ihm noch einmal zu, dann drehte sich mich um und schaute für einen Moment verwirrt in das Licht der Kerzen hinein, deren Flammen sich durch die eindringende Luft in Bewegung befanden, als tanzte jede von ihnen nach einer unhörbaren Melodie.
    Ich schloß die Tür wieder. Niemand sollte sehen, wie ich mich in diesem Refugium um die Lade kümmerte. Jetzt, als ich wieder allein und so abgeschlossen war, überkam mich wieder etwas wie ein heiliger Schauder. Ich wußte wohl, wer ich war, aber wenn ich daran dachte, was vor mir lag, da kam ich mir so klein vor. Wie ein Korn in der mächtigen Mühle der Geschichte, sogar der biblischen.
    Unter dem Dach der Kapelle schien ein dunkles Meer zu wogen, in dem sich geheimnisvolle

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