1007 - Die Kosmische Hanse
fragte sich, warum er immer wieder auf den Gedanken kam, Atlan eines Tages unter phantastischen und dramatischen Umständen wiedersehen zu können. War dies ausschließlich Wunschdenken oder vielleicht eine ungewöhnliche Form von Präkognition?
„Beschreibe ihn", brachte er hervor.
„Er ist etwa einen Meter siebzig groß", sagte Aerts bereitwillig. Er schien seine Fassung bereits zurückgewonnen zu haben. „Der Oberkörper ist ungewöhnlich lang, Arme und Beine sind kurz. Der Kopf sitzt auf einem dicken Hals und ist ziemlich breit. Hinten ist er stark abgeplattet. Der Fremde hat schwarze Haare, sie wachsen in Dutzenden von Wirbeln in verschiedene Richtungen. Das Gesicht ist fleckig, wie mit rostbraunen Punkten übersät. Die Nase ist klein und spitz. Der Bursche ist muskulös und scheint ziemlich kräftig zu sein."
Wie nahe mochte Aerts an das Wesen herangekommen sein, daß er eine so genaue Beschreibung liefern konnte? fragte sich Rhodan.
„Glaubst du, daß er lebt?"
„Schwer zu sagen", erwiderte Aerts. „Auf jeden Fall scheint er keine Verletzungen zu haben. Wenn er nicht tot ist, befindet er sich in einer Art Tiefschlaf."
Rhodan wandte sich an die Raumfahrer in der Zentrale.
„Wie bekommen wir ihn dort heraus?" fragte er. „Wenn die Energieglocke erlischt, stirbt er auf der Stelle."
„Vielleicht hat Aerts eine Idee", meinte Faro.
Rhodan nahm wieder Verbindung zu dem einsamen Mann im Wrack auf.
„Du weißt, daß wir den Fremden retten wollen", sagte er. „Von deiner Position aus kannst du besser beurteilen, ob das möglich sein wird."
„Ich muß hier alles gründlich untersuchen", kam die prompte Antwort. „Danach fällt mir vielleicht etwas ein."
„Noch etwas", sagte Rhodan zögernd. „Was hältst du von dem Fremden - rein gefühlsmäßig?"
„Das ist nicht irgendwer", antwortete Aerts.
Für einen Mann seines Schlages drückte das eine Menge aus.
9.
Aerts hatte die große Nische betreten und stand unmittelbar vor der Energieglocke, unter der der Fremde lag. Der nackte Unbekannte war zweifellos männlichen Geschlechts, aber sein Alter war schwer zu bestimmen. Aerts war jedoch sicher, daß es sich um einen Erwachsenen handelte. Der Mund des Mannes stand leicht offen und gab den Blick auf zwei Reihen halbrunder dunkler Zähne frei. Wenn das Wesen atmete, konnte Aerts das von seinem Platz aus nicht feststellen. Trotzdem war Aerts überzeugt davon, daß es nicht tot war. Es lag auf einer metallischen Pritsche. Am erstaunlichsten war das Fehlen jeglicher Apparaturen, wenn man einmal von einem rechteckigen Gebilde, das Aerts für einen Behälter hielt und das am Kopfende der Pritsche stand, absah.
Das Gesicht des Mannes unter der Energieglocke drückte Intelligenz aus - und noch etwas, für das Aerts so schnell keine passenden Worte fand. Am ehesten ließ es sich noch als die unverkennbare Aura einer überragenden Persönlichkeit bezeichnen. Unter seinen Artgenossen mußte dieser Außerirdische eine besondere Stellung eingenommen haben, daran zweifelte Aerts keinen Augenblick.
Und noch etwas fiel ihm auf: Der Fremde machte nicht den Eindruck, als wäre er ein Besatzungsmitglied des mysteriösen Flugobjekts. Auf eine schwer zu erklärende Art wirkte er in dieser Umgebung eher wie ein Anachronismus, ebenso wie Aerts.
Aber wie war er dann hierher gekommen?
Welches Schicksal hatte er erlitten?
Aerts hörte auf, sich derartige Fragen zu stellen, denn er konnte sie hier und jetzt nicht beantworten.
„Nun?" unterbrach Rhodans Stimme seine Gedanken. „Hast du eine Idee?"
„Es sieht so aus, als würde die Energieglocke an den Außenkanten einer Metallpritsche enden", stellte Aerts fest. „Wenn dies zutrifft, könnte ich es mit Antigravprojektoren versuchen."
„Einverstanden", stimmte Rhodan sofort zu. „Du hast die entsprechenden Geräte an Bord des Beiboots. Geh und hole sie. Je schneller wir den Fremden dort herausholen, desto besser."
Aerts dachte einen Augenblick nach.
„Hast du schon einmal überlegt, daß er der Grund für die Psychogrenze sein könnte?"
„Mhm!" machte Rhodan betroffen. „Wenn das wirklich zutreffen sollte, werden wir ihn niemals aufnehmen können."
„Ja", bestätigte Aerts und lächelte bei der Vorstellung, daß der Schwere Kreuzer vor dem zurückkehrenden Beiboot floh. „Wenn der Fremde diese Barriere auslöst, würde ich euch immer auf Distanz halten, sobald ich ihn an Bord gebracht habe."
„Wir müssen es eben versuchen."
„Das
Weitere Kostenlose Bücher