101 London - Geheimtipps und Top-Ziele
auf die Hauptstraße Electric Avenue tritt, fällt die multikulturelle Atmosphäre auf. Während der Bezirk anhaltend und nachhaltig auflebt, hat er doch viel vom typischen Flair behalten.
Zwischen 1860 und 1890 entwickelte sich das Gebiet unter den Viktorianern zu einem schicken Vorort, nachdem die Eisenbahnlinie nahebei ausgebaut wurde. Stadthäuser und Geschäftsarkaden entstanden. Im Jahr 1880 wurde der Bezirk als erster »elektrifiziert«: Auf der Electric Avenue wurden die ersten Straßenlaternen errichtet, die nicht mehr durch Gas, sondern mit Elektrizität betrieben wurden. Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil des Viertels zerbombt, die wohlhabendere Bevölkerung war längst in andere Bezirke abgewandert.
In den 1950er und 1960er Jahren wurde Brixton, neben Vierteln wie Notting Hill (s. Kap. 13 ), zur bevorzugten Wohngegend für Einwanderer aus den ehemaligen britischen Kolonien in der Karibik. Großbritannien warb mit kostenfreier Anreise um Arbeitskräfte für offene Stellen im Gesundheitswesen und im Transportsektor. Die Einwanderer beeinflussten mit ihren Reggaerhythmen die Musikszene, die Ska-Bewegung ging aus der Musik der sogenannten »Jamaican Rude Boys« hervor. Auch der Notting Hill Carnival (s. Kap. 13 ) ist Ausdruck karibischer Lebensfreude und Musik.
Ende der 1970er Jahre ging es wirtschaftlich jedoch bergab und die Arbeitslosigkeit stieg. Es zeigte sich außerdem, dass in den wohlhabenden Jahrzehnten zu wenig in Wachstum und Infrastruktur der Südlondoner Bezirke investiert worden war, denn die Lebensbedingungen hatten sich kaum verbessert. In leerstehende, halbverfallene Häuser zogen Hausbesetzer ein, Drogenmissbrauch und Kriminalität führten zu etlichen Razzien in der Gegend. Der Vorwurf des Rassismus gegenüber den farbigen Einwanderern wurde laut, da sich das Interesse der Polizei verstärkt auf diese Bevölkerungsgruppe richtete. 1981 und 1985 kam es zu Aufständen, den Brixton Riots, bei denen sich die Polizei und die farbige Bevölkerung in Brixton heftige Straßenschlachten lieferten. In den letzten Jahrzehnten aber wurde deutlich in den Stadtteil investiert. Insbesondere die historischen Marktarkaden aus den 1920er und 1930er Jahren, Reliance Arcade (Brixton Road), Market Row (Atlantic Road) und Granville Arcade (heute Brixton Village auf der Coldharbour Lane) wurden unter Denkmalschutz gestellt. Hier werden viele Spezialitäten und Zutaten der afro-karibischen Küche verkauft, die man sonst nirgendwo in London erhält.
Auf dem Brixton Market gibt es die Dinge des täglichen Lebens
In Brixton lebt ein buntes Bevölkerungsgemisch
Brixton ist außerdem für seine Musikclubs bekannt, in denen vor allem, aber nicht ausschließlich Reggae gespielt wird. In der »O 2 Brixton Academy« treten einige der bekanntesten Bands und DJs der internationalen Musikszene auf.
INFO
Hinkommen: U-Bahn Brixton, Victoria Line.
Brixton Market: Mo, Di, Mi 8–18, Do 8–22, Mi 8-15 Uhr, So geschlossen.
Erfrischungen:
Rosie’s Deli Café, 14E Market Row, Tel.: 07807-505397, www.rosielovell.co.uk .
Geöffnet Mo–Sa. 7.30–17.30 Uhr.
In der Granville Arcade/Brixton Village befindet sich dieses liebevoll eingerichtete Café mit leckeren, frisch gemachten Sandwiches.
Ausgehen:
Effra Hall Tavern, 40 Kellett Road, Tel.: 7652-0031. Geöffnet Mo–Do 16–2, Fr–So 12–4 Uhr. Karibische, scharf gewürzte Snacks. Jazz-, Salsa- und Reggae-Bands.
Kilburn – irisches Lebensgefühl
Die Kilburn High Road ist eine der ältesten Straßen in Großbritannien, denn sie verläuft auf einer ehemaligen römischen Achse nach Nordwesten. Im Mittelalter stand hier eine Abtei, die von Heinrich VIII. im 16. Jh. aufgelöst wurde. 1714 wurde eine eisenhaltige Wasserquelle entdeckt und man unternahm Ausflüge, um in Kilburn »das Wasser zu nehmen«. Damals war dies ein ländliches Gebiet, das weit vom industrialisierten Stadtkern entfernt lag. Die Quelle Kilburn Wells befanden sich an der Stelle des heutigen Old Bell Pub. Heute würde freilich keiner mehr auf die Idee kommen, hier Wasser aus einem Brunnen zu trinken.
Im
»
County Kilburn
«
fühlen sich irische Einwanderer wie zu Hause
Seit vielen Jahrzehnten gilt Kilburn als das irische Viertel Londons. Die Iren emigrierten zur Zeit der großen Hungersnot der »Potato Famine« um 1840 zu Tausenden nach England. Sie gehörten zu den benachteiligsten Einwanderern. Oft kamen sie bereits krank und halbverhungert an. Sie nahmen fast jede Arbeit zu jeder
Weitere Kostenlose Bücher