1010 - Der Computermensch
Haare trug sie ganz kurz und glatt.
Zur abendlichen Freizeitgestaltung hatte sie ein einteiliges langes Kleid gewählt, das ihre etwas zu kräftigen Körperformen ausglich. Adelaie war keine auffällige Schönheit, aber ein aparter und netter Kerl.
Unwillkürlich dachte Boulmeester an die wenigen Frauen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt hatten. Einmal hatte er sogar fünf Jahre in einem Ehevertrag gelebt. Er hatte Mühe, sich überhaupt noch an den Namen dieser Frau zu erinnern, denn es war eine Beziehung gewesen, in der alles an der Oberfläche geblieben war.
„Eine kleine und unbedeutende Kolonialwelt namens Volar in der Nähe des Milchstraßenzentrums", sagte Adelaie. „Der Stern, den Volar umkreist, besitzt nicht einmal einen richtigen Namen. Wir haben ihn Boscyks Stern genannt, weil meine Vorfahren von Olymp kamen und sich einfach an den alten Namen ihrer Sonne hielten."
„Ich habe noch nie davon gehört." Marcel Boulmeester lächelte bedauernd. „Wie wäre es mit kalifornischem Wein? Der Jahrgang 417 soll zu den besten gehören."
Mortimer Skand zuckte nur mit den Schultern. Er schien mit seinen Gedanken woanders zu sein. Adelaie stimmte dem Vorschlag zu.
Während des Essens und danach wurde über die berufliche Seite überhaupt nicht gesprochen. Jeder gab sich locker und gelöst. Adelaie erzählte von ihrer Heimatwelt und dem einfachen Leben dort. In Boulmeester hatte sie einen guten Zuhörer, während sich Mortimer nur gelegentlich an dem Gespräch beteiligte.
Wenn Adelaie sich an den Urlaub auf der Venus erinnerte, als sie Mortimer kennen gelernt hatte, so war dies hier ein ganz anderer Mensch. Er war verschlossener und zurückhaltender. Irgendwie vertrug sich das nicht damit, daß er sie nach der Rückkehr zur Erde immer wieder angerufen hatte, bis sie schließlich seinem Drängen nachgegeben hatte und nach Terrania gekommen war.
Unweit des Restaurants kannte Marcel Boulmeester einen Spielsalon. Es war kurz nach 10 Uhr abends, als sie dort eintrafen. Es herrschte reger Betrieb.
Der Wissenschaftler steuerte direkt auf die Tische mit der Anzeigetafel des Black Hole - White Hole zu.
Bei diesem Spiel kam es darauf an, daß man gegen eine positronische Maschine mit einem freiwillig zu wählenden Schwierigkeitsgrad antrat. Jeder spielte einzeln der Reihe nach gegen die Maschine, wobei nach jeder Runde ein anderer Spieler begann und den Schwierigkeitsgrad für diese Runde festlegen konnte.
Die Maschine projizierte jeweils ein Labyrinth auf die Anzeigetafel, das in kurzer Zeit durchlaufen werden mußte. An Kreuzungspunkten mußte der Spieler schnell durch Tastendruck entscheiden, welchen Weg er einschlagen wollte. Wenn er in eine Sackgasse geriet, so bedeutete dies ein White Hole und damit Punkteabzug. Wenn er sein Ziel in der vorgegebenen Zeit gar nicht erreichte, so gab es ein Black Hole und gar keine Punkte.
Dadurch, daß jeweils ein Spieler mit voller Konzentration seinen Durchgang machte, ergab es sich zwangsläufig, daß die beiden übrigen sich in dieser Zeit ungestört unterhalten konnten.
„Ich beobachte, daß du Marcel anstarrst", sagte Mortimer bei einer solchen Gelegenheit. „Gefällt er dir?"
Diesmal war es Adelaie, die mit den Schultern zuckte. „Er imponiert mir, und ich finde ihn sympathisch. Das ist alles. Stört dich das?"
Mortimer zog die Stirn in Falten. „Ich weiß nicht", sagte er leise. „Ich habe mir unser Wiedersehen anders vorgestellt. Ich habe geglaubt, ich wäre für dich wichtiger. Du interessierst dich aber nur für die Arbeit und meinen Chef."
„Er ist schließlich auch mein Chef, Mortimer. Bist du eifersüchtig? Das wäre doch lächerlich. Schließlich gibt es zwischen uns nur eine freundschaftliche Bindung."
Sie sah jetzt ganz deutlich, daß er unzufrieden war.
Da nun Mortimers Spiel in der neuen Runde begann, wurde das kurze Gespräch automatisch beendet. Boulmeester setzte sich zu ihr. Er lachte, denn er lag mit deutlichem Vorsprung in Führung. Adelaie, die erst einmal in ihrem Leben ein ähnliches Spiel gemacht hatte, war schon jetzt abgeschlagen.
Sie sah, daß Mortimer den höchsten Schwierigkeitsgrad wählte.
„Das gibt Black Holes", sagte sie. „Zumindest bei mir."
Der Wissenschaftler ging nicht darauf ein. Er kam auf die Arbeit im Forschungslabor zu sprechen.
„Ich würde mich freuen, wenn du deine Arbeitszeit so legen würdest, daß sie mit meiner zusammenfällt. Ich brauche dringend eine Assistentin, mit der ich ständig
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