1010 - Der Computermensch
zusammenarbeite. Allerdings arbeite ich zur Zeit wegen des dringlichen LFT-Auftrags acht bis zehn Stunden täglich und auch an den Wochenenden."
Adelaie überlegte nicht lange. „Das läßt sich bestimmt einrichten. Die momentane Hektik mit den Brutzellen wird sich ja auch wieder legen, so daß ich dann mehr Freizeit haben werde."
„Natürlich." Boulmeester war deutlich anzumerken, daß er sich freute. „Natürlich brauchst du auf die Dauer gesehen deine drei oder vier Stunden pro Tag nicht zu überschreiten, und du bekommst die Mehrarbeit später als zusätzliche Freizeit erstattet."
Mortimer kam zurück. Stolz und etwas überheblich wies er darauf hin, daß er es trotz des höchsten Schwierigkeitsgrads geschafft hatte, ohne White Hole und Black Hole ans Ziel zu kommen.
Nun war Adelaie an der Reihe. Sie war abgelenkt und steuerte ständig in die falsche Richtung. Sie schaffte gerade die halbe Strecke, dann leuchtete die Lampe für Black Hole auf.
Lächelnd kam sie zum Tisch zurück.
„Keine Chance für mich", sagte sie entschuldigend. „Vielleicht machst du es besser, Marcel."
Der Wissenschaftler stand auf. Er überragte die Frau um fast zwei Kopflängen.
„Ich werde es versuchen. Aber dies ist mein letztes Spiel. Ich habe heute Abend noch etwas zu erledigen."
Adelaie und Mortimer beobachteten schweigend die Auseinandersetzung Boulmeesters mit dem positronischen Labyrinth. Er lenkte zwar zweimal in die falsche Richtung und bekam so einen Punktabzug, aber er erreichte das Ziel innerhalb der gegebenen Zeit. Im Gesamtergebnis war er damit der Sieger.
„Ätsch!" sagte Adelaie zu ihrem Freund. Aber Mortimer zuckte wieder einmal nur mit den Schultern.
Marcel Boulmeester verabschiedete sich sehr plötzlich. Adelaie wurde den Verdacht nicht los, daß Mortimer dabei seine Finger im Spiel hatte.
Auf dem Weg zur Wohnung war Adelaie sehr schweigsam. Sie nahmen die Rohrbahn, und als sie sie verließen, sagte sie: „Ich glaube, ich werde nicht sehr lange bei dir wohnen bleiben."
„Oh", meinte Mortimer überrascht. „Ich dachte, daß ich dich in den nächsten Tagen in meinen privaten Wohnbereich miteinbeziehe."
„Die sinnlosen Spannungen, die sich im Augenblick aufbauen, machen das unmöglich."
Mortimer Skand schwieg. Er zuckte nicht einmal mit den Schultern.
*
Marcel Boulmeester nahm sich ein LFT-Taxi. Er hatte es plötzlich sehr eilig, denn ihm war ein bestimmter Gedanke gekommen, der sofort in einen Versuch umgesetzt werden sollte.
Die Grundreaktionen der Computerbrutzellen waren bekannt. Sie befielen Positroniken und bauten sie nach ihrem eigenen Muster um.
Bislang war noch niemand auf den Gedanken gekommen, die Intelligenz der Winzlinge zu überprüfen. Das Black Hole - White Hole hatte ihn auf die Idee gebracht.
Im Institut war zu dieser Nachtzeit nur wenig Personal. Es liefen jedoch die Tests und Untersuchungen der Computerbrutzellen.
Der Wissenschaftler erreichte sein Labor. Er begegnete einigen Mitarbeitern, aber das rief keine besondere Aufmerksamkeit hervor. In dem Raum mit den drei positronischen Rastermikroskopen war niemand anwesend. Er schaltete Gerät 2 ein und übergab die Steuerung an die laboreigene Positronik. Ein Roboter brachte inzwischen einen Container mit einer Zelle und schob ihn in das Mikroskop ein.
Boulmeester sprach inzwischen mit der Positronik. Er forderte ein Labyrinth im Submikrobereich an. Ein Ausgang aus dem Labyrinth sollte ins Freie führen. Als Lockvogel für die Computerbrutzelle legte Boulmeester dort einen Kleinstcomputer ab.
Die Positronik stellte in Kürze über die automatischen Werkbänke das geforderte Labyrinth her.
Als alle Teile vorhanden waren, setzte sich der Wissenschaftler vor das Rastermikroskop. Die Positronik übernahm den Versuchsablauf. Boulmeester beobachtete den Vorgang auf dem ein mal ein Meter großen Bildschirm des Mikroskops.
Der Behälter wurde geöffnet. Die Computerbrutzelle wurde sichtbar.
Sie verhielt sich zunächst völlig ruhig. Über das Sensorsystem der kleinen Maschinen (oder waren es Lebewesen?) war noch wenig bekannt. Im allgemeinen reagierten sie aber auf positronische Bau- und Schaltelemente in einem Umkreis von mehreren Zentimetern.
Der Kleinstcomputer lag nur einen halben Millimeter von der Brutzelle entfernt.
Plötzlich regten sich die hauchdünnen Fädchen des winzigen Gebildes. Es steuerte direkt auf den der drei Eingänge zu, der der einzig richtige war. Der Weg für die Zelle durch das
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