1010 - Der Computermensch
Schwieriger war die Strukturänderung der anderen, noch leblosen Polizeicomputerzellen. Als sie ihre mechanischgenetische Information jedoch der ersten anderen Zelle mitgeteilt hatte, ging es ganz schnell.
Die erste eingesperrte Zelle erwachte. Sie arbeitete sofort nach dem gleichen Programm ihres Befreiers und informierte die nächste Zelle.
Es dauerte keine zehn Minuten, da war aus den 500 Zellen ein quirlender Haufen von Mechanismen geworden. Mit Abschluß der Befreiung setzte sich das Zerstörungsprogramm wieder voll durch.
Die Polizeicomputerzellen stürzten sich mit aller Wildheit auf die Einrichtungen des Labors. In praktisch jedem Gerät gab es positronische Schaltelemente. Bevor die Überwachungsautomatik den entstehenden Schaden bemerkte und das Labor nach außen abriegelte, waren bereits drei Viertel der kostbaren Einrichtung zerstört.
Die Alarmsirene heulte durch das Institut.
Sie heulte auch in Boulmeesters Wohnung und riß den müden Wissenschaftler aus dem Bett.
Marcel Boulmeester tastete sich in aller Eile einen Kaffee in seiner Robotküche. Während er sich anzog, betätigte er den Notrufer seines privaten Gleiters. Als einer der führenden Wissenschaftler der LFT verfügte er über diese Sondereinrichtung.
Sein Gleiter bewegte sich selbständig aus dem Abstellraum im 14. Untergeschoß seines Wohnblocks und zog in die Höhe. Die positronischen Kontrollen der Verkehrsführung kontrollierten den Flug, der vor der Terrasse seines Appartements endete.
Mit einem Satz war Boulmeester in dem Gleiter. Er stellte die Zielkoordinaten seines Instituts ein und überließ das Fahrzeug der Automatik.
Er - brauchte jetzt einen klaren Kopf. Der Zwischenfall mit der verschwundenen Computerbrutzelle aus der vergangenen Nacht war ihm noch deutlich in Erinnerung.
Eine dunkle Ahnung sagte ihm, daß er irgend etwas falsch gemacht haben könnte, und daß die verschwundene Zelle die Ursache des Alarms war.
Er konnte die Ungewißheit nicht länger ertragen und rief über Funk das Institut. Der Zufall wollte es, daß er direkt den Leiter der Unterabteilung erwischte, in der die Polizeicomputerzellen entwickelt wurden. Der Kopf des Kybernetikers Franzlin erschien auf dem Bildschirm seines Gleiters.
„Hallo, Chef", sagte sein Mitarbeiter erregt. „Wir haben eine kleine Katastrophe. Das gesamte Labor mit den Polizisten hat sich automatisch abgeriegelt. Etwas Unheimliches muß sich da ereignet haben. Wir können nicht hinein, und von der zentralen Positronik bekommen wir keine Informationen heraus. Sie sagt, alle Verbindungen seien unterbrochen."
„In deinem Labor?" fragte Boulmeester noch einmal zur Sicherheit nach.
„Ja", bestätigte Franzlin. „Es befanden sich keine Menschen in dem Labor. Ich vermute, daß etwas mit der ersten Generation der Polizisten nicht stimmt."
„Ich bin in fünf Minuten da. Informiert die LFT. Julian Tifflor hat ausdrücklich verlangt, daß wir ihn informieren, wenn etwas nicht klappen sollte."
Dann unterbrach er die Verbindung. Seine Aufregung verflog etwas, denn sein Verstand sagte ihm, daß die verschwundene Brutzelle nichts mit diesem Vorfall zu tun haben konnte.
Der Gleiter schoß in die Röhre, die in die Etagen des unterirdischen Instituts führte.
Dann stand Boulmeester neben Franzlin. Zu seiner Überraschung waren auch Adelaie und Verta Cholm, die Chefpositronikerin, sowie ein knappes Dutzend weiterer Mitarbeiter da.
Sie alle standen vor dem verschlossenen Haupteingang des Labors.
„Es ist nichts festzustellen", erklärte Franzlin. Er gehörte zu der Sorte Wissenschaftler, die sich so leicht durch nichts erschüttern ließen. Jetzt jedoch befand er sich in sichtlicher Erregung.
„Meine Positronik wurde abgeschnitten", ergänzte Verta Cholm. „Es gibt keine Informationen."
Da es zu dem Labor keine Fenster gab, blieb die Lage schleierhaft. Die Notverriegelung, die sämtliche Eingänge hermetisch verschlossen hatte, ließ sich zwar von außen deaktivieren. Dies wagte jedoch niemand, solange nicht bekannt war, welche Gefahr im Innern des Labors lauerte.
„Wir werden eine Kontrollsonde durch die Schleuse hineinschicken", entschied Boulmeester. Jetzt in Anbetracht einer äußerst schwierigen Situation reagierte sein Verstand wieder mit der gewohnten Schärfe. Gleichzeitig lenkte ihn dies von seinen Gedanken um die verschwundene Computerbrutzelle ab.
Seine weiteren Anweisungen kamen schnell und genau.
Zwei Minuten später war die robotische Kontrollsonde zur
Weitere Kostenlose Bücher