1016 - Zwischenspiel auf Karselpun
wissen jetzt, daß Jons uns aus rein persönlichen Gründen nicht mit nach Kran nehmen wollte. Aus irgendeinem Grund hält er uns für eine Gefahr. Eine Gefahr für sich selbst, nicht für Kran!"
Scoutie nickte. Im Dämmerlicht waren ihre Umrisse nur undeutlich zu erkennen.
„Des Rätsels Lösung muß das Orakel sein", vermutete sie. „Wenn wir nur wüßten, was es mit diesem sagenhaften Ding auf sich hat! Ist es überhaupt ein richtiges Lebewesen?"
„Die Kranen sind viel zu realistisch, um sich einen toten Gegenstand als Orakel auszusuchen." Mallagan gab seine unbequeme Sitzstellung auf und legte sich hin. „Es ist sicher ein Lebewesen, und dazu ein sehr einflußreiches. Ich frage mich nur, wo da der Zusammenhang zwischen Orakel, Jons und uns ist."
„Harsanfelger weiß es offensichtlich auch nicht", meinte Faddon schläfrig und streckte sich nun ebenfalls aus. „Niemand scheint es zu wissen, wir am allerwenigsten."
„Oh doch!" sagte Scoutie von ihrem auf der anderen Seite der Hütte stehenden Bett her.
„Einer weiß es ganz bestimmt: Jons!"
„Und der ist unterwegs nach Kran", seufzte Mallagan und schloß die Augen. „Gute Nacht!"
*
Am folgenden Tag erhielten sie erstmalig Kontakt mit den Eingeborenen, den Karselpunern.
Niemand erhob Einspruch, als sie einige Lebensmittel einpackten, sich Wasserflaschen umhängten und einen größeren Ausflug unternahmen. Sie wandten sich nach Westen, wo in der Ferne die Hügel und Wälder lockten. Sie mußten 'raus aus dem Lager, um ihre Niedergeschlagenheit zu vertreiben.
Sie folgten dem Lauf eines ausgetrockneten Bachbetts, das aus den Hügeln kam und weit vor dem Lager einfach endete. Hier mußte das Wasser, wenn es mal regnete, im Boden versickern und den unterirdischen Brunnen speisen.
Ab und zu verdeckten einige Wolken kurzfristig die Sonne, was jedes Mal einer willkommenen Erfrischung gleichkam.
„Vielleicht gibt es Regen", hoffte Faddon, der furchtbar schwitzte. „Das Gras ist schon ganz gelb."
In der Tat war die spärliche Vegetation so ausgetrocknet, daß ein Funke genügen würde, einen riesigen Steppenbrand auszulösen.
„Vielleicht begegnen wir auch Eingeborenen", sagte Scoutie. „Sie sind harmlos, aber die Frage ist, ob wir uns mit ihnen verständigen können. Sie sprechen sicher kein krandhorjanisch."
„Dann reden wir eben mit Händen und Füßen", schlug Mallagan vor.
Die Station, die Quartierhäuser, das Verwaltungsgebäude und der Raumhafen mit seinen Schiffen blieben allmählich zurück. Um sie herum war es merkwürdig still. Es schien keine Tiere zu geben, zumindest keine Insekten. Je näher sie den Hügeln kamen, desto dichter wurde das Gras. Es wirkte auch nicht mehr so vertrocknet. Wahrscheinlich hielt der Boden hier die Feuchtigkeit länger als in der Nähe des Lagers.
Erste Baumgruppen und vereinzelte Büsche tauchten auf. Faddon strebte darauf zu und schlug ziemlich kategorisch eine Pause vor.
„Wir versäumen nichts", argumentierte er und suchte sich ein schattiges Plätzchen aus.
„Essen schadet auch nichts."
Mallagan und Scoutie folgten seinem Beispiel. Es gab diesmal keinen Grund, ihrem Freund zu widersprechen.
Die drei Karselpuner, die am Fuß der Hügel Kräuter und Wurzeln sammelten, hatten die Fremden bemerkt und näherten sich vorsichtig. Sie hatten von den Geschenken gehört, die man den Häuptlingen machte. Warum nicht auch ihnen?
Vorsichtig schlichen sie sich durch das hier ziemlich hohe Gras an die Baumgruppe heran. Die Beutel mit ihren Wurzeln hatten sie liegengelassen, aus der Überlegung heraus, daß man Besitzenden nichts schenkte. Sie besaßen nichts als ihre Holzknüppel, die sowohl als Spazierstöcke, Waffen und Grabwerkzeuge dienten.
Scoutie entdeckte sie zuerst und unterdrückte einen Ausruf der Überraschung. Leise machte sie ihre Gefährten auf die heranschleichenden Besucher aufmerksam.
„Es ist besser, wir zeigen ihnen, daß wir sie gesehen haben", sagte Mallagan, erhob sich zu seiner vollen Größe und winkte den Karselpunern freundlich zu. „Kommt schon her!"
Zögernd erhoben sich die drei Pelzwesen und nahmen eine fast demütige Haltung ein.
Erst als Mallagan abermals einladend winkte, kamen sie langsam und furchtsam näher.
Sie unterhielten sich dabei in einer brummigen Sprache, die unverständlich blieb.
„Habt keine Angst!" rief Mallagan ihnen zu, aber wenn sie ihn auch nicht verstanden, so schien sein Tonfall beruhigend zu wirken. Bei der Baumgruppe angelangt, starrten
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