1016 - Zwischenspiel auf Karselpun
geschaffen. Allmählich kamen auch die verschreckten Kinder wieder zum Vorschein und näherten sich mit aller Vorsicht. Ganz geheuer schien ihnen der überraschende Besuch nicht zu sein.
Die drei Wurzelsucher berichteten von ihrer Begegnung in der Steppe, das ging eindeutig aus ihren Gesten hervor. Mallagan setzte sich auf einen der Baumstämme und winkte Faddon und Scoutie zu.
„Wollt ihr die ganze Zeit stehen? Bin gespannt, was nun passiert. Es wird übrigens bald dunkel."
Scoutie nahm neben ihm Platz.
„Wir hätten vielleicht doch besser nicht mitkommen sollen", meinte sie unsicher. „Was meinst du, was sie mit uns vorhaben?"
„Nichts Böses, hoffe ich. Aber sie machen eigentlich einen ganz friedfertigen Eindruck.
Aber du hast recht: ich würde mich jetzt in unserer Holzhütte auch wohler fühlen. Und du, Brether?"
Faddon breitete die Arme aus, als wolle er das ganze Dorf umarmen.
„Ich weiß es nicht. Abwechslung tut immer gut, und die Wurzeln haben auch nicht schlecht geschmeckt. Was sollen wir in unserer Hütte? Hier lernen wir wenigstens Land und Leute kennen."
Scoutie mußte unwillkürlich lachen, hielt aber sofort inne, als die Karselpuner, die ihr am nächsten saßen oder standen, erschrocken zurückwichen. Einige griffen sogar nach ihren Holzknüppeln.
„Lachen verboten!" sagte Mallagan schnell. „Kennen sie nicht."
„Sollten sie aber lernen", riet Faddon gönnerhaft. „Aber wahrscheinlich haben sie ohnehin nicht viel zu lachen."
Inzwischen mußten die drei Karselpuner, die sie ins Dorf gebracht haben, ihre aufregende Geschichte schon ein Dutzend Mal wiederholt haben. Sie waren zweifelsohne die Helden des Tages. Während ihre Artgenossen das große Ereignis noch einmal durchhechelten, kamen sie zu Mallagan, den sie offenbar als Wortführer erkannt hatten, und setzten sich zu ihm. Durch Gesten gaben sie zu verstehen, daß es bald dunkel sei und man schlafen müsse. Morgen aber wollten sie ihren Gästen etwas ganz Besonderes zeigen.
Die schwierige Art der Verständigung nahm natürlich eine gute Stunde in Anspruch, aber in dieser Zeit kamen schon feste Begriffe, durch Handzeichen ausgedrückt, ins Spiel.
„Wo sollen wir schlafen?" fragte Mallagan im Verlauf der nächsten zehn Minuten. So lange dauerte das. „In einer Hütte?"
Einer der Wurzelsucher sprang auf und trollte sich zu einer etwas kleineren Hütte am Waldrand. Er verschwand in ihr und kehrte mit einem anderen Karselpuner zurück, den er ohne viel Federlesens in eine andere Hütte umquartierte. Er winkte eifrig mit seinen Stummelarmen und gab damit zu verstehen, daß die Unterkunft nun gesäubert und damit frei für die Besucher sei.
„Radikale Methoden", stellte Mallagan fest. „Wenn das nur keinen Ärger gibt."
Die mitgebrachten Wurzeln und Kräuter wurden an die Familien verteilt, dann zogen sich die Karselpuner in ihre Hütten zurück. Die drei Betschiden saßen plötzlich allein und verlassen auf ihrem Baumstamm.
„Komische Sitten sind das", schimpfte Faddon verärgert. „Nicht mal eine Wurzel haben sie für uns übrig."
„Sie haben ja selbst kaum etwas zu essen." Scoutie kramte in ihren Taschen nach einem Konzentratwürfel. „Ich werde mir die Hütte mal ansehen. Kommt ihr mit?"
In dieser Nacht schliefen sie nur wenig, denn es war eng in dem kleinen Raum.
Außerdem mußten sie mit trockenem Laub als Unterlage vorlieb nehmen, und jederzeit befürchteten sie, daß der ursprüngliche Bewohner zurückkehren und protestieren könne.
Es kam jedoch niemand.
Als der Morgen dämmerte, weckte sie der Dorflärm.
*
Der schmale Pfad führte sanft bergan und mitten durch den Wald. Das Unterholz war an manchen Stellen einfach abgebrochen worden, um das Gehen zu erleichtern. Messer oder Äxte schien es nicht zu geben.
Fünf Karselpuner gingen voran, drei weitere bildeten den Abschluß. Manchmal bückte sich einer von ihnen und grub schnell und geschickt eine Wurzel aus, die er in seinem Tragebeutel verstaute.
„Muß ja etwas ganz Tolles sein, was sie uns zeigen wollen", vermutete Faddon und hoffte bei sich, es wäre ein vergessenes Vorratslager früherer Expeditionen mit Lebensmitteln.
„So ganz umsonst möchte ich diesen Marsch auch nicht unternommen haben."
„Nur Geduld", riet Mallagan, der vor ihm ging. „Außerdem tut uns die Bewegung nur gut.
Wache schieben können wir später noch immer genug bei den Kranen."
Je höher sie gelangten, desto lichter wurde der Wald. Der Boden wurde felsiger, und
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