1018 - Die Spur der irren Luna
war nicht kalt. Dafür feucht und auch ziemlich schwül. Manchmal rissen die Wolken auch auf, so daß sich unsere Sicht stets für einen Moment besserte. Dann war die Umgebung zu sehen, die Berge, der Wald, auch die Felder und Wiesen, die sich bis zu den Hängen erstreckten und sich daran schmiegten, dabei bedeckt mit den Schleiern aus Wolken.
Wir würden unser Ziel bald erreicht haben. Groß zu suchen, brauchten wir nicht, denn diese Gegend kannten wir und hatten hier auch unseren Frust erlebt, ebenfalls mit Cyrus Miller, dem Pfarrer, dem ich nicht über den Weg traute, denn er schien mir jemand zu sein, der mehr wußte, als er uns gegenüber zugegeben hatte. Außerdem hatte Cyrus Miller genau die Person gekannt, die von der Sonne Satans gezeichnet worden war. Ein Mönch mit dem Namen Claudius.
Auf ihn hatten wir auch einen Hinweis durch Father Ignatius erhalten, der in Rom demselben Fall nachging und ebenfalls mit einem Mönch zu tun gehabt hatte, der von der Sonne Satans verbrannt worden war. Es stand noch nichts fest, aber wir hatten unsere Theorien. Und die besagten, daß es einfach eine Gruppe von Veränderten geben mußte, die bereits international agierte.
Ob das alles so stimmte und zusammenhing, wollten wir noch herausfinden. Ich war überzeugt, es zu schaffen, und wir gingen auch davon aus, daß diese Gruppe unmittelbar mit einem Kloster zu tun hatte, das Gilwich Abbey hieß, und von dessen Existenz niemand so recht etwas wissen wollte.
Selbst in der Verwaltung des Bistums hatte man gemauert. Trotzdem wußten wir Bescheid. Uns war bekannt, daß das Kloster leer stand. Es war von den Mönchen aus welchen Gründen auch immer verlasen worden. Wenn wir die Motive herausfanden, dann war der Fall gelöst. Davon gingen wir zumindest aus.
Wenn sich irgendwo ein Kloster befand, dann wußten die Menschen in den umliegenden Dörfern davon. Dazu zählten wir auch den Pfarrer Cyrus Miller und den Küster Lincoln. Wir konnten uns vorstellen, daß er nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Dafür war seine Furcht vor dem Unbekannten einfach zu groß.
Von der Seite her grinste mich Suko an.
»Was ist los?«
»Ich denke gerade daran, daß wir uns die zweite Fahrt hätten sparen können.«
»Ist das alles?«
»Ja.«
»Dann hätten wir sicherlich nicht so viel herausgefunden wie in London.«
»Kann auch sein.«
Ich nickte gegen die Frontscheibe. »Diesmal wird uns Cyrus Miller mehr sagen müssen.«
»Willst du ihn zwingen? Ich habe ihn als einen Menschen in Erinnerung, der bei jedem leichten Ärger zusammenschreckt und die Übersicht verliert, bevor er sich dann opportunistisch verhält.«
»Ist auch möglich. Wobei ich nicht annehme, daß er vom Glauben abgefallen ist.«
»Da hast du allerdings recht.«
Manchmal steht auch das Glück auf unserer Seite. So war es heute. Je näher wir dem Ziel kamen, um so schwächer wurde der Dunst. Wir rechneten damit, daß er sich auflösen würde, aber das trat leider nicht ein. Er umwob noch die Landschaft, nur war er durchsichtig geworden. Wir wußten auch, daß wir die Kirche bald zu Gesicht bekommen würden, in der Cyrus Miller seiner Arbeit nachging. Es war nicht die Kirche, die so entweiht worden war.
Hinter einer Kurve sahen wir den Kirchturm. Auch ihn umwaberte der Dunst, und er war gleichzeitig Zielpunkt für einige dunkle Vögel, die sich auf der Spitze niederhockten, um von dort einen guten Blick über die Wälder, Felder und auch die Dächer der Häuser zu haben. Der Ort, zu dem die Kirche gehörte, war ein walisischer Zungenbrecher. Er hieß Crug Mawr. Nicht mehr und nicht weniger, aber das reichte uns aus, um ihn so gut wie nicht aussprechen zu können.
Hier wurde noch walisisch geredet. In meinem Leben hatte es mal eine Zeit gegeben, in der ich es hatte lernen wollen. Das lag lange zurück, und jetzt fehlte mir die Zeit.
Der Ort wirkte verschlafen. Niemand schien sich aus den Häusern zu trauen, denn uns begegnete kein Mensch. Hin und wieder hörten wir das Geräusch eines wegfahrenden oder ankommenden Autos, das war auch alles. An der Kirche selbst tat sich nichts. Wir fuhren an ihr vorbei. Die Tür war geschlossen. Das Mauerwerk war grau. Im Laufe der Zeit hatte sich Moos in die Ritzen gesetzt und gab noch einen dunkelgrünen Farbton ab.
Wie es sich gehörte, wohnte der Pfarrer nahe der Kirche in einem sehr kleinen Haus. Es hätte auch in eine Zechensiedlung gepaßt. Fremd war es uns nicht, aber erst jetzt entdeckten wir den kleinen Nutzgarten, der zum
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